Donnerstag, 25. Oktober 2018

Mal wieder was zum Thema Putzen...

Der Beruf meines Gatten bringt es mit sich, dass er ziemlich viele Kongresse besucht und von dort stets mit frischem Wissen und einem Rucksack/einer Mappe/einem Beutel/einer Tasche, zur Erinnerung mit dem Titel des jeweiligen Kongresses bedruckt, zurückkehrt. Diese/r Rucksack/Mappe/Beutel/Tasche liegt eine Weile in seinem Arbeitszimmer und wandert dann auf den Dachboden zu seinen/ihren Artgenossen, die dort in einer Umzugskiste, die schon nicht mehr zugeht, ihrer Verwendung harren.
Da der Sommer nun doch langsam zu Ende geht, wollte ich heute die Gartenstühle in ihr Winterquartier auf dem Dachboden bringen. Dort war ganz, ganz wenig Platz und wieder einmal fiel mein Blick auf die Kiste mit den Rucksäcken/Mappen/Beuteln/Taschen aller Art, die an so viele schöne Kongresse erinnern. Ich hatte in der Vergangenheit schon mehrfach versucht anzudeuten, dass man sich gegebenenfalls mit dem Gedanken beschäftigen könnte, was langfristig mit den Rucksäcken/Mappen/Beuteln/Taschen geschehen soll, und eventuell sogar die Entsorgungsfrage zu stellen. Seine immer wiederkehrende Antwort: "Schmeiß doch dein eigenes Zeug weg!"
Es ist keine Sammlung im eigentlichen Sinne. Es ist nur so, dass die Behältnisse zu gut sind, um sie einfach so wegzuwerfen, dass man aber ü-ber-haupt keine Verwendung dafür hat und auch niemanden kennt, an den man sie weiter verschenken könnte.
Wie würde denn die Situation aussehen, in der man zig Kongresstaschen benutzt? Ich will nicht behaupten, dass es fünfzig Stück sind, aber viel weniger sind es gewiss nicht. Wer könnte denn so etwas wollen? Schulkinder in der Dritten Welt? Da sind richtig gute Taschen dabei, auch Laptop-Taschen, alles, was man sich nur vorstellen kann.
Jedenfalls hat mir mein Sohn mit den Gartenstühlen geholfen und die Rucksäcke/Mappen/Beutel/Taschen sind jetzt im Müllcontainer. Gut, dass mein Gatte diese Zeilen nicht liest. Spätestens dann, wenn er den/die nächste/n Rucksack/Mappe/Beutel/Tasche in die Kiste legen will, wird er bemerken, dass sie nicht mehr da ist. Soll ich dann tun als wüsste ich von nichts oder die ganze Schuld auf unseren Sohn schieben? Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen. Das wird ein Donnerwetter geben. Dann werde ich endlich zustimmen müssen, die ganzen Videos wegzuschmeißen, die ebenfalls mindestens eine Kiste füllen. Dabei haben die doch viel Geld gekostet! Und wir hatten unsere Freude daran! Die Technologie ist völlig überholt, das findet man jetzt alles im Internet, sagt mein Sohn und hat -nicht nur wahrscheinlich- recht. Mist. Ein Teil meiner Dekoartikel wird auch in Gefahr sein. Und altes Kinderspielzeug. Oh je. Wir müssen ein bisschen Ordnung machen auf unserem Dachboden...

Dienstag, 23. Oktober 2018

Ananas selbst ziehen


Ich hatte Euch doch von meinen Plänen erzählt, aus der Ananas, die ich aus Kolumbien mitgebracht hatte, eine Pflanze zu ziehen. Ich hatte keine großen Hoffnungen, dass das klappen würde, aber schaut mal:

Anleitungen findet man auf Youtube. Man dreht das Grünzeug raus, schneidet unten ein bisschen von dem weißen Zeug weg, reißt ein paar Blätter ab, stellt den Rest in Wasser... et voilà:


 Nach wenigen Tagen sprossen schon massiv Würzelchen...


...und ich pflanzte das Ding bzw. meine zukünftige Ananaspflanze in einen Topf. Seht Ihr, wie in der Mitte schon neue Blätter sprießen?


Gießen einmal pro Woche. Das ist bei mir sonntags, das ist mein Gießtag. Wie heißt doch der schöne Spruch? "Der Sonntag ist der Tag des Herrn, am Sonntag ruh'. bet' und gieße gern."
Meine Kaffeesamen habe ich übrigens immer noch nicht gesät. Ich will sie in Getränkedosen säen wie ich das mit den Orangensamen mit relativem Erfolg auch gemacht habe. Das ist bei uns aber nicht so einfach, weil wir keine Dosengetränke zu uns nehmen. In den vergangen zwei Monaten haben wir es unter Mühen auf fünf Dosen gebracht. Dabei bevorraten wir Dosen mit Cola, Tonic Water, Bier, Fanta und Aquarius, für den Fall, dass mal Besuch kommt, aber wenn dann Besuch da ist, vergessen wir, dass wir das Zeug haben und bieten es gar nicht an. Die Dose Aquarius ist im Juli 2017 abgelaufen, ich habe gerade geschaut. Mist. Ob das noch gut ist? Soll ich es einfach wegschütten? Dann hätte ich noch eine Dose. 

Samstag, 13. Oktober 2018

Was ich heute nacht geträumt habe

Letzte Nacht habe ich Folgendes geträumt: Ich war in China (war ich noch nie) in einer Siedlung mit vielen gleichen, weißen, zweistöckigen Häusern, die um begrünte Innenhöfe angeordnet waren. Alles war sauber und gepflegt, in der Mitte einer Einfahrt wuchsen wunderschöne rote Rosen. Eine Frau, die mir irgendwie zugeteilt worden war, kümmerte sich um mich. Ich hatte keine nähere Beziehung zu ihr, sie war, im übertragenen Sinne, gesichtslos. Ich bemühte mich nicht herauszufinden, wie die Frau hieß oder wie die Straße hieß oder die Siedlung. Weiter ging es in einem riesigen Schwimmbad. Die Frau und ich lagen auf einem Stück Wiese mit Blick auf eine Straße wie in der Siedlung. Die Aussicht von unserem Platz aus prägte sich mir ein. Ich sagte nach einer Weile zur Frau: "Ich laufe ein bisschen herum und schaue mir alles an." Die Frau blieb zurück. Die Schwimmbadlandschaft war riesig groß, es gab normale Becken, Becken in ungewöhnlichen Formen. Meine Stimmung auf meinem Weg war neugierig und fröhlich. Es gab zum Beispiel eine kurze Wasserrutsche, die ich hinunterrutschte, eine große, komplizierte, auf die ich verzichtete, und eine mittelgroße, von der ich nicht mehr weiß, ob ich sie benutzte oder nicht. Es gab ein Becken aus weichem, weißem Kalkstein mit sehr flachem Wasser, nur ein paar Zentimeter tief, in das ich mich legte. Dann setzte ich meinen Weg über grobe Steine fort, ein beträchtlicher Teil des Schwimmbads war noch in Bau. Mir kam der Gedanke, dass ich mittlerweile nicht mehr wusste, wie ich an meinen Platz zurückkommen konnte, dass ich den Namen der Frau nicht kannte und keine Ahnung hatte, wie die Straße hieß, wo sie wohnte, dass ich kein Wort chinesisch sprach, dass es mir also langsam unmöglich wurde, zurückzufinden. Ich bedachte diese Tatsachen kurz und beschloss, dass mir dies egal war.
Ich kam zu einer Klippe, die mindestens fünfzehn Meter hoch war. Wenn man direkt hinunterschaute, blickte man auf eine Wiese. Etwas weiter weg war ein kleiner, Sumpf umstandener See. Ich entschied mich zu springen, aber im Sturz dachte ich, dass ich womöglich beim Aufschlag sterben, im besten Fall mir alle Knochen brechen würde, deshalb begann ich, mit den Armen zu rudern, Richtung kleinem See, in den ich problemlos eintauchte. Dies war eine angenehme Situation. 
Dann lief ich weiter, begegnete meinem jüngsten Sohn, was mich sehr glücklich machte, und ich ging ein Stück des Weges mit ihm. Dann war ich wieder allein. Ich kam an eine hässliche Treppe, von der Sorte, die man in irgendwelchen Ecken des Außenbereichs moderner Gebäude findet. Es roch nach Pisse. In einer Ecke stand ein dicker, chinesischer Junge und pinkelte. Ich lief die Treppe hoch und war wieder im hellen Sonnenlicht in der Schwimmbadlandschaft. Ich hatte keine Ahnung, wie ich wieder zur Frau zurückfinden könnte. Ich kannte ihren Namen nicht. Ich konnte mir auch kein Taxi rufen und zu ihrem Haus fahren, da ich die Adresse nicht kannte. Ich überlegte mir, dass ich im Notfall zur Polizei gehen und dort einfach warten könnte, bis jemand nach mir fragt.
Ich lief weiter über grobes Gestein und sah schließlich den Anblick, den wir von unserem Platz aus gehabt hatten, nämlich die Straße mit den Häusern. An mehr kann ich mich nicht erinnern.
Als ich aufwachte, fragte ich mich natürlich gleich, was dieser seltsame Traum wohl zu bedeuten hatte, denn solche Träume habe ich nicht oft. Es fiel mir sofort ein: Es war der Weg durch's Leben, mit seiner Unsicherheit, Unbekanntheit, aber immer wieder begegnen einem interessante Dinge, im Positiven wie im Negativen, meist im Positiven, Gott sei Dank. Man trifft ohne großes Abwägen riskante Entscheidungen (Sprung von der Klippe), begegnet vertrauten, wenngleich stinkenden Dingen (Treppe mit chinesischem Jungen)... alles in allem war es für mich persönlich ein interessanter Traum, deshalb habe ich ihn hier festgehalten. 
Viele Dinge lassen sich natürlich auch aus tatsächlichen Ereignissen erklären:
Im Sommer habe ich viiiel Zeit im Schwimmbad verbracht. Gestern habe ich mit meiner Schwägerin über die Gestaltung von Hofeinfahrten gesprochen. Die große, komplizierte Wasserrutsche erklärt sich durch die Erzählung meiner Nichte vor ein paar Tagen von der Sommerrodelrutsche im Schwarzwald, die ihr überhaupt gar keinen Spaß gemacht hatte. Das ganz flache Wasserbecken war wie die eine Ecke im Thermalbad in Kolumbien. Der See mit dem Schilf: Gestern ist mir beim Übersetzen das deutsche Wort Schilf nicht eingefallen. Im Wörterbuch fand ich Röhricht und Ried. Im Traum ist mir "Schilf" wieder eingefallen. Dass so viel von der Schwimmbadanlage noch in Bau war, erklärt sich sicher dadurch, dass man noch im Leben steht, dass es nicht vorbei und abgeschlossen ist. Die Tatsache, dass es mir so gleichgültig war, ob ich wieder zurückfinde, hat mit meiner allgemeinen Lebenseinstellung zu tun, nämlich mir zu überlegen, was im schlimmsten Fall passieren kann und wenn das nicht so schlimm oder bewältigbar ist, mir keine weiteren Gedanken zu machen. Oder so ungefähr. Das jedenfalls war mein Traum heute nacht, der mir echt was gebracht hat.

Freitag, 5. Oktober 2018

Pereira - Stadt ohne Sehenswürdigkeiten

Okay, da kommen sie endlich, die Bilder von Kolumbien. Das erste zeigt die Autobahn zwischen Cali und Pereira. Natürlich sieht sie nicht überall so aus, aber doch auf ganz schön langen Teilstücken.


Naja, und ganz ohne Sehenswürdigkeiten ist Pereira nun auch wieder nicht, immerhin haben sie eine Statue von Simón Bolívar nackt zu Pferde auf ihrem wichtigsten Platz stehen. Simón Bolívar war DER südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Wenn ich richtig sehe, hat er auch keinen Sattel. Autsch, oder? Dennoch hat die Statue was, ne?

So, das wäre jetzt der Platz, auf dem sie steht. Im Rücken hätte man aus dieser Perspektive die Kathedrale, die aber echt nicht der Rede wert ist. Aber hier wie in jeder Kirche, in der wir in Kolumbien waren: Es waren ziemlich viele betende Menschen drin. Das Verhältnis Touris zu Betern war etwa 2 zu 30, wobei die Touris mein Gatte und ich waren. Pereira ist wirklich nicht so die Fremdenverkehrshochburg.


Was gibt's zu Pereira noch zu sagen? Die Stadt hat fast 500.000 Einwohner. Es ist die wirtschaftliche Hauptstadt des kolumbianischen Kaffeeanbaugebiets, del eje cafetero. Es ist keine Stadt für Leute, die gerne nackte Männerfüße bzw. -beine sehen. Sandalen und kurze Hosen für Männer sind dort unüblich - und das liegt nicht am Wetter.
Hier kommen Bilder von der Straße, in der unsere Freunde wohnen. Es ist ein volkstümliches Stadtviertel. A. hat mir erzählt, wie sie in den Besitz ihres Hauses kamen. Die Stadtverwaltung gab den künftigen Bewohnern Rohbauten, also einfach vier Wände aus grauen Hohlsteinen mit einem ganz schlichten Dach, ohne Fenster, ohne Türen. Anschlüsse ja, Sanitäreinrichtungen etc. nein. Das mussten sie sich alles selber einbauen. Im Laufe der Jahre haben die Leute ihre Häuser natürlich aufgehübscht, die Fassaden gestrichen, Gitter vor die Fenster gemacht, viele haben noch ein Stockwerk draufgesetzt, den Bürgersteig in Beschlag genommen und zur Terrasse umgebaut, so auch unsere Freunde, die gleich mal ein Gitter um ihre Terrasse/ihren Bürgersteigabschnitt gezogen haben. Ein Stockwerk draufsetzen, z.B., ist erlaubt, wenn es nicht mehr als 30 cm überragt, 40 cm werden auch geduldet, vieles wird geduldet.
Als Tourist sieht man solche Viertel ja normalerweise nicht aus der Nähe, als Tourist sieht man normalerweise überhaupt keine Wohngegenden aus der Nähe. Es geht ja auch niemand hin und guckt, wo die Masse der Venezianer wohnt.
Unsere Gastgeber rieten davon ab, allein durch die Straßen zu streifen. Nur in unserer bzw. ihrer Straße durften wir ohne ihre Begleitung frei herumlaufen, weil die Bewohner uns als Besuch von Familie T. kannten, denn wir fallen dort ja auf. Die Leute sind misstrauisch gegenüber Fremden. Es ist für Touristen wohl definitiv nicht empfehlenswert, in einfachen Wohngegenden herumzulaufen. Aber jeder nach seiner Façon, nicht wahr? Andererseits: Wir wären ja auch nicht gerade begeistert, wenn Chinesen in unseren Straßen stehen und uns betrachten würden, weil sie uns so interessant finden, und uns beim Rasenmähen oder Gartenzwergpolieren fotografieren würden. Die Frau, die die Arepas (Maisfladen) backt, habe ich um Erlaubnis gebeten. Die Arepas sind in diesem Fall kein Street Food, sondern man nimmt sie mit nach Hause und isst sie dort zu dem, was man dort eben sonst zum Essen hat. Street Food ist meist Obst oder Säfte, aber auch viel frittiertes Zeug. Man kann alles essen, Kolumbien ist kein Durchfall-Land.



Zu der Art und Weise, wie die Leute hier leben, gäbe es viel zu schreiben, ich will aber nicht versprechen, dass ich es tun werden, weil es ja dann sicher doch wieder nichts wird. Nur so viel: Die Leute hier sind eigentlich nicht arm. Die Leute in der anderen Siedlung, von der weiter unten noch Bilder kommen, sind deutlich ärmer. Die Leute hier haben genug zum Leben und ein ordentliches Dach über dem Kopf. Das Schöne ist, dass sie ihre einfachen Häuser ziemlich frei gestalten und pimpen können. Sie können sich schöne Bäder und Küchen einbauen, wie es unsere Freunde gemacht haben, in manchen Häusern sind allerdings die Innenwände immer noch unverputzt. Sie können auf ihren Bürgersteigen/Terrassen sitzen... Als jemand, der auch unentwegt am Haus Veränderungen und Verbesserungen vornimmt, und dem es wichtig ist, sein Umfeld wenigstens ein bisschen selbst gestalten zu können, finde ich so ein Häuschen besser als eine Wohnung in einer Hochhaussiedlung. Die Leute sind arm. Haben die Kinder genug Spielsachen? An einem Abend saßen wir draußen. Um zehn Uhr spielte noch eine Gruppe von acht Kindern vor dem Nachbarhaus. Die Kinder waren vielleicht zwischen drei und neun Jahre alt und völlig unbeaufsichtigt. Sie saßen auf dem Boden und auf einem Mäuerchen und lachten und schwatzten. Dann spielten sie auf der steilen Straße eine Weile Ball. Ein kleiner Junge begann zu weinnen, die anderen kümmerten sich rührend um ihn. "Was ist denn los? Was hast du denn?" fragten sie und nahmen ihn in den Arm. Ein etwa vierjähriges Mädchen löste sich aus der Gruppe und lief ganz allein davon und kam nach einer Weile wieder. Sie spielten dann ein Lied mit Singen und Klatschen. Zwei Kleine schliefen im Schoß älterer Kinder ein und als wir um halb elf zu Bett gingen, saßen sie immer noch da und quasselten und lachten. Haben diese Kinder genug altersgerechte Spielsachen? Es ist schwer zu beurteilen.
Auf jeden Fall haben sie Freiheit. "Warum ist denn dieses Kind nicht in der Schule?" fragte ich A. eines morgens. Ein hübsches, zartes kleines Mädchen spielte vor dem Haus mit seinem Drachen. "Dieses Mädchen geht nicht zur Schule," entgegnete mir A., "es möchte nicht." Hallooo?
Das mit der Schule ist überhaupt so eine Sache hier... Das Niveau ist wohl nicht sehr hoch, trotzdem werden die Kinder nicht zu Leistungen angehalten bzw. gezwungen, wie das bei uns manchmal der Fall ist und in anderen Ländern noch viel mehr. Natürlich öffnet diese Lebensweise nicht den Zugang zu guten Arbeitsplätzen, wo man viel verdient (wobei in Kolumbien 800 Euro viel sind).
Erinnert Ihr Euch an Heinrich Bölls Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral? Siehe
 https://web.archive.org/web/20170101205635/http://www.aloj.us.es/webdeutsch/s_3/transkriptionen/l_26_str10_trans.pdf
Wenn man sieht, was andere Leute haben, wird einem erst bewusst, wie viel Zeug man hat, das man gar nicht braucht. Echt seltsam. Naja, ist egal.
Hier in Pereira ist es immer warm, die Leute haben keine Winterkleidung, auch die Reichen nicht, und schaut mal, wie schön der Himmel ist, wie schön das Licht ist, wie schön die Farben leuchten. Es gibt wenige Alte und viele Kinder und Kinder sind für mich immer noch das höchste Gut. Die Schule beginnt um halb sieben!!! und findet in zwei Schichten statt, um die Klassenräume besser zu nutzen. Die Kinder tragen, wie bereits beschrieben, Schuluniformen: dunkle Jogginghosen, dunkle Turnschuhe und helle Polohemden. Mir wären die Hosen zu warm bei dem Wetter, aber sie werden ja schon von klein auf daran gewöhnt. In den Pausen stehen Händler am Schulgitter und verkaufen den Kindern Früchte und Säfte, aber auch Gebäck und Süßkram. 
Wenn man sich riesig viele Gedanken machen würde und seine Gedanken sorgfältig ordnen würde, wenn man lange und intensiv beobachten würde und sich dann richtig gut ausdrücken könnte, dann gäbe es zu diesem Themenkreis sicher sehr, sehr viel zu sagen. Die Leute sind nicht richtig arm, aber man hat das Gefühl, das ganze System hinge an einem seidenen Faden. Es könnte ganz leicht bergab gehen, wie zum Beispiel in Venezuela. Wenn ich die Bilder von Cartagena hochlade, schreibe ich da vielleicht noch mehr dazu. Nach kaufkraftbereinigtem Bruttoinlandsprodukt ist Kolumbien von 192 Ländern das 89. reichste, Deutschland steht auf Platz 18, Spanien auf Platz 34 zwischen Neuseeland und Italien, Deutschland steht zwischen Schweden und Australien, Kolumbien zwischen Mazedonien und St. Lucia. Interessant, ne? Die Liste ist bei Wikipedia zu finden.



Der Berg auf dem Bild unten ist in Wirklichkeit viel steiler, als er hier aussieht. Es ist mir echt ein Rätsel, warum Berge auf meinen Fotos immer so flach aussehen. Zwischen der Siedlung, wo unsere Freunde wohnen, und der Stadtmitte liegt ein richtiger Berg, über den man hinweg muss. Oder sind es sogar zwei? Ich weiß es nicht mehr sicher, jedenfalls sind es gewaltige Höhenunterschiede, die bewältigt werden müssen. Eine Seilbahn mit mehreren Haltestellen ist in Bau. Unten an den Hängen stehen Autos, also quasi illegale Taxis, wenn man so will, die einen gegen eine kleine Gebühr hoch oder sogar über den Berg fahren, falls man genug Geld hat und es dafür ausgegeben möchte. Einmal fuhren wir in ziemlicher Entfernung von der Siedlung, da sagte J.: "Ach, guck mal, da ist doch die Señora X!" Es war ein steinaltes Frauchen, kilometerweit von zuhause entfernt, zwei hohe Berge dazwischen... J. vermutete, dass sie auf dem Weg zum Arzt war. Was diese Leute zu Fuß für Entfernungen zurücklegen, das ist ziemlich extrem. Ich erinnere an die Reportage "Wikdis steiler Weg" von Alberto Ramos Salcedo über einen Jungen, dessen Schulweg zweieinhalb Stunden lang durch den Dschungel führt, hier auf Deutsch:


Unsere Freunde sind super gute Köche, das habe ich schon erzählt, oder?


Dies ist ein typisch kolumbianisches Essen. Reis, der nie fehlen darf, Avocado, Ripperl und dieses kartoffelartige, stärkehaltige Zeug, auf dessen Namen ich mich nicht besinne, dazu ein dicker Fruchtsaft.
Auf dem Bild unten seht Ihr eine Siedlung, in der ärmere Leute wohnen. Manche Wände bestehen nur aus einer Plastikplane. Wenn solche Siedlungen entstehen, habe ich mir sagen lassen, legt die Stadtverwaltung Strom hin und Wasser etc. und kümmert sich um die Infrastruktur. Was mich überrascht hat: Hier liefen ganz normal, ordentlich und sauber gekleidete Leute herum. Sie haben eben einfach nur kein Geld für eine gescheite Wohnung.



An einem Tag gingen wir das Patenkind meines Sohnes und seiner Freundin besuchen. Es ist das Bobbelchen links, das kleine Mädchen rechts ist die große Schwester, die, glaube ich, in die zweite Klasse geht. Was bei den Kolumbianern immer wieder auffällt: Wie freundlich und wohlerzogen die Kinder sind. Beachtet bitte auch das Haar der älteren Schwester!!! Die haben dort so wunderbares Haar. Die Urgroßmutter des Mädchens, die schon erwähnte Oma, hat mit fast neunzig immer noch (fast) solches Haar.


Okay, ich lade ein Foto von ihr hoch. Es ist die türkis gekleidete Dame mit dem Stock und der türkisen Haarspange. Wahrscheinlich waren ihre Fingernägel an diesem Tag auch türkis lackiert, sie sind immer perfekt manikürt. Beachtet das Haar! Der Mann mit kurzen Hosen und Sandalen, der mich Lügen zu strafen scheint, ist mein Gatte. Die beiden sollten aber eigentlich gar nicht auf dem Foto sein. Was ich fotografieren wollte, waren die Jeans im Vordergrund. Schaut Euch mal die Form des Hinterns an. Die Hosen sind ganz anders geschnitten als bei uns, die Schaufensterfiguren haben schon eine andere Form! Man hat dort ein anderes Schönheitsideal. Gibt es solche Hosen bei uns überhaupt zu kaufen? Eine Bekannte führt sie nach Spanien ein. Das mit den Gepäckmassen am Flughafen hat sich geklärt: Bei Avianca darf man zwei ziemlich große Koffer aufgeben, dann darf man noch einen kleinen Koffer und ein kleines Stück Handgepäck mitnehmen. Zusätzlich zahlen die Leute häufig noch für weitere Koffer, denn sie machen kleine Geschäfte, führen zum Beispiel Hosen für kolumbianische Hintern nach Spanien aus und Markenkleidung und -schuhe, die in Spanien billiger und häufig im Sonderangebot erhältlich sind, nach Kolumbien ein.


So, zurück zum Besuch beim Patenkind der jungen Leute: Wir wurden zu Agua Panela mit Käse eingeladen. Panela ist ein Block aus eingedicktem Zuckerrohrsaft. Für Agua Panela wird er in heißem Wasser wieder aufgelöst. Man erhält ein teeartiges Getränk. Darin schwimmen zwei Stücker Käse. Der kolumbianischen Käse (uns ist immer derselbe begegnet) ist wie ganz frischer Manchego-Käse, also ungereifter Käse, aber kein Frischkäse. Welcher deutsche Käse dem so in etwa entsprechen könnte, habe ich auf die Schnelle jetzt nicht gefunden. Die Kombination schmeckt jedenfalls gut. 


So, und jetzt zeige ich Euch noch etwas: Das war die Aussicht vom Balkon der Familie.



Wahnsinn, ne? Es ist ein ganz einfaches Dorf mit ganz einfachen Häusern und einer Aussicht... madre mía. Wenn man in Deutschland so eine Aussicht hätte... Darf ich mit der passenden Musik unterlegen? https://www.youtube.com/watch?v=GSwu8-ohoWs 
Gut, dass sie das nicht hören, so eine Musik passt nämlich gar nicht, aber man ist eben so sozialisiert, dass man einen großen Vogel über den Anden mit dieser Musik verbindet, oder?


Das ist das Dorf von der anderen Seite. Wenn man über die Häuser hinwegschauen würde, hätte man die Aussicht wie oben. Das Dorf liegt auf einem Bergrücken, auf der einen Seite die Anden, auf der anderen Seite liegt ein Tal mit Kaffeefeldern.
Einmal besuchten wir eine Hacienda, wo Kaffee angebaut wurde (wo wir die Altöttinger trafen, hab's schon erzählt). Unten seht Ihr, wie die reifen Kaffeebeeren aussehen. Mein Sohn hat sich als Handmodel zur Verfügung gestellt. Die Dinger werden geschält und die Kerne, die Kaffeebohnen, geröstet. Wurde dort alles erklärt, war ziemlich interessant. Ich habe mir ein paar rohe Bohnen mitgenommen, aber noch nicht gepflanzt. Das Volk, das den meisten Kaffee trinkt, sind die Finnen, haben wird dort gelernt. Sie trinken ein Mehrfaches an Kaffee wie die Kolumbianer, die eher Fruchtsäfte trinken (wer will es ihnen verdenken, bei den phantastischen Früchten, die sie dort haben?)


Und das ist der Wasserfall/das Thermalbad, von dem ich Euch erzählt habe. Der Wasserfall ist natürlich wieder sehr viel höher und steiler als er auf meinen Bildern aussieht. Er ist 95 Meter hoch. Auf meiner Suche nach Informationen dazu bin ich im Internet auf Kommentare von Deutschen gestoßen, die sich beschwert haben, dass der Eintritt zu teuer ist (7 oder 8 Euro). Da reisen die Leute um die halbe Welt, dann gönnen sie den Einheimischen die Butter auf dem Brot nicht, also wirklich. Und dann beschweren sie sich, weil es so voll ist. Ich wüsste da schon eine Lösung, die an anderen Orten durchaus praktiziert wird: Eintritt 100 Euro pro Person und Tag, dann ist es nicht mehr so voll, dann bleibt ihr nämlich draußen, ihr Säcke!






Wie Ihr wisst, hatte ich ein bisschen Bedenken wegen Kakerlaken, von denen mein Sohn gesagt hatte, dass es in Kolumbien sehr große gibt, die außerdem noch fliegen können. Ich muss Euch sagen, ich habe auf unserer Reise null Kakerlaken gesehen, keine einzige. Und diese Spinne oben, der sind wir in ihrem eigenen Habitat, also im Wald, begegnet. Wir waren in ihrem Revier, nicht sie in unserem, also okay (in der Wohnung möchte ich so ein Vieh nämlich nicht haben). Hoffentlich schaffe ich es, noch ein paar Bilder von Cali und Cartagena und so hochzuladen...