Dienstag, 23. April 2019

Salamanca - Stadt der Kultur, der Künste, der Wissenschaften

Salamanca - Stadt der Kultur, der Künste, der Wissenschaften, aber ganz gewiss nicht der Dienstleistungen. Die Stadt ist berühmt dafür, wie schlecht in vielen einheimischen Läden Verkäufer ihre Kunden behandeln. Kunden betrachtet man hier als Feinde, mit denen man sich notgedrungen arrangieren muss, und Brautpaare betrachtet man als Lämmer, die zur finanziellen Schlachtbank geführt werden. Die folgende Anekdote ist derart abwegig, derart unglaubwürdig, dass es nicht möglich sein wird, sie in den Kanon salmantinischer Dienstleistungstiefpunkte aufzunehmen, also erzähle ich sie hier: Mein Sohn und seine Freundin planen ihre Hochzeit und haben ein Hotel ausgewählt, ein sehr gutes Hotel, in dem die Feier stattfinden soll. Erwartungsgemäß ist im Preis die Tischdekoration eingeschlossen. Das Hotel bietet die Möglichkeit, die Blumen auf den Geschmack des Brautpaares abzustimmen und meine künftige Schwiegertochter wollte dieses Angebot annehmen, um Arrangements nach ihren Vorstellungen zu erhalten. Das Brautpaar befindet sich zurzeit aber nicht in Salamanca, deshalb riefen sie beim Blumenladen an und baten um die Zusendung von ein paar Fotos, damit sie sich etwas raussuchen könnten. Der Herr vom Blumenladen antwortete, das ginge leider nicht, aus Datenschutzgründen. Bis dahin war eigentlich alles noch ganz normal, es konnte sich ja nur um ein Missverständnis handeln. Meine Schwiegertochter schickte ihm eine E-Mail und forderte ihn auf, ihr ein paar Bilder von möglichen Blumendekorationen zu senden. Der Herr antwortete nein, das könne er nicht, aus Datenschutzgründen. Meine Schwiegertochter schickte ihm daraufhin Bilder von Arrangements, die ihr gefielen, die sie aus dem Internet heruntergeladen hatte. Die Arrangements würden das Budget sprengen, antwortete er. Daraufhin schickte sie Bilder von bescheideneren Arrangements. Diese würden ebenfalls das Budget sprengen, antwortete er. Daraufhin schickte sie Bilder von noch bescheideneren Arrangements. Diese würden ebenfalls das Budget sprengen, antwortete er, war aber unter keinen Umständen bereit, Bilder von Blumen aus seinem Laden zu schicken, die das Budget NICHT sprengen würden (Datenschutz!). Mein Sohn begab sich daraufhin bei einem Besuch seiner Heimatstadt in den Laden. Der zuständige Herr war nicht da, der anwesende Herr durfte keine Bilder von möglichen, budgetkonformen Blumendekorationen zeigen. Mein Sohn fragte: "Was kosten Blumendekorationen denn so im allgemeinen?" "Das darf ich nicht sagen," antwortete der Verkäufer. "Was kosten denn die Blumen, die Sie hier in Ihrem Laden haben?" fragte mein Sohn. "Das darf ich nicht sagen," antwortete der Verkäufer. "Sie sind doch auf den Verkauf von Blumen spezialisiert," sagte mein Sohn. "Was kostet denn zum Beispiel diese Blume hier, wenn ich sie kaufen und mit nach Hause nehmen möchte?" Der Verkäufer nannte einen Preis. Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen. Selbstverständlich war er bereit, außerhalb des Budgets des Hotels jedes beliebige Arrangement herzustellen.
 Meine Schwiegertochter müsste eigentlich für ihre Prüfungen lernen und war durch diese salmantinische Form des Geschäftemachens stark abgelenkt. Die Blumen-für-die-Tischdekoration-im-Hotel-Angelegenheit nahm langsam groteske Züge an und ich mischte mich ein, hauptsächlich damit meine künftige Schwiegertochter lernen und sich wichtigeren Dingen zuwenden könnte. Mein Sohn rief wieder beim Blumenladen an und fragte, ob es wohl möglich sei, während eines Besuches dort mit seiner Freundin zu skypen und ihr Bilder von Blumenarrangements zu zeigen, ohne diese irgendwo zu speichern. Ja, dies sei datenschutzkonform, antwortete ihm der Blumenhändler. 
So begaben wir uns also gestern zum Blumenladen, der in einer Seitenstraße einer Seitenstraße liegt und klein und einfach ist. Der Verkäufer führte uns in ein winziges Nebenzimmer. Die Frage, ob dieser Raum wohl abhörsicher sei, stellte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir baten ihn, die Bilder sehen zu dürfen und er zeigte sie uns auf einem Tablet. Es waren vielleicht fünfzehn, zwanzig Stück. Was er uns zeigte, waren unauffällige, ganz gewöhnliche, nicht weiter bemerkenswerte Tischdekorationen. Eine Rose mit Schleierkraut im Einmachglas, Gerbera in einem Obstkistchen... Es gab aber durchaus auch hübsche Sachen. 
"Schicken Sie die Bilder von den Sachen, die uns gefallen, bitte an meine Schwiegertochter," versuchte ich es. 
"Aus Datenschutzgründen kann ich diese Bilder nicht verschicken, sie wurden im Hotel aufgenommen," sagte er (auf den Bildern waren nur Blumen zu sehen, keine Personen im Hintergrund, Ort der Aufnahme nicht zu identifizieren, nur Blumen auf Tischen). 
"Diese Bilder sind von Gesetzen zum Schutz personenbezogener Daten nicht betroffen. Sie sind Ihr Eigentum, Sie können Sie uns gefahrlos zur Verfügung stellen," sagte ich.
"Das Hotel verbietet es mir, ich habe gerade erst wegen Verstößen gegen das Datenschutzgesetz 1500 Euro Strafe bezahlt, weil irgendjemand Bilder bei Facebook hochgeladen hat," behauptete er.
"Gut, dann rufe ich jetzt meine Verlobte über Skype an und zeige ihr die Bilder, ohne sie zu speichern," sagte mein Sohn.
"Das geht nicht," sagte der vermeintliche Blumenhändler, "wir haben nämlich einen Jammer, einen Störsender."
Zwischenfrage: Sind alle Blumenläden mit Störsendern ausgestattet?
"Darf ich bitte Ihr Wifi benutzen?" fragte mein Sohn.
"Nein," antwortete der Geschäftsmann.
"Was bilden Sie sich eigentlich ein?" sagte ich schließlich. "Ihre Arrangements sind doch überhaupt nichts besonderes. Im Internet sind tausendfach schönere Sachen zu sehen."
"Sie beleidigen mich," empörte er sich. "Wir setzen Trends, wir hatten schon Anfragen aus Amerika!"
Ich wies ihn darauf hin, wie absurd die Situation doch war und mein Sohn wies ihn darauf hin, dass er sich selbstverständlich beim Hotel beschweren würde.
Er hätte im vergangenen Jahr 300 Tischdekorationen für das Hotel gemacht und alle wären immer sehr zufrieden gewesen.
Schließlich erklärte er sich bereit, beim Hotel anzufragen, ob er wohl die von uns vorausgewählten Fotos an meine Schwiegertochter schicken dürfte. Heute früh trafen die mit riesigen Wasserzeichen versehenen Bilder bei ihr ein.
P.S.: Mein Sohn war mittlerweile noch einmal im Hotel, um sich zu vergewissern, dass bei der Hochzeitsfeier ordentliche Blumen auf den Tischen stehen würden. Die zuständige Weddingplannerin zeigte ihm Bilder von den zu erwartenden Arrangements, die sehr schön waren, entschuldigte sich und bat ihn, den vermeintlichen Blumenhändler (CIA-Agenten???) nicht mehr zu kontaktieren. Die Hochzeitsfeiern in diesem Hotel haben bei den Bewertungsportalen 4,9 von 5 Punkten. Ich glaube, wir sollten uns auf die Veranstalter verlassen.

Samstag, 20. April 2019

Duolingo - Portugiesisch lernen

Ein rascher Zwischenbericht: Wie gesagt, ich mache den Duolingo-Kurs Portugiesisch. Ich habe 24395 EXP und ungefähr den halben Kurs gemacht. Letzte Woche  begleitete ich meinen Gatten für vier Tage auf eine Reise nach Oporto (Kongressvorbereitung!) und hatte damit Gelegenheit, meine Kenntnisse einmal am Mann bzw. an der Frau auszuprobieren. Duolingo hat in der Fachwelt keinen guten Ruf. Ich habe auch das Gefühl, in meinem Alter (55) schon an geistiger Frische eingebüßt zu haben, also, es fliegt einem nicht mehr alles so zu wie mit, sagen wir mal, zwanzig. 
Mit den Prämissen "Duolingo taugt nichts" und "Ich bin verblödet" machte ich mich also auf den Weg gen Westen (von uns aus ungefähr dreieinhalb Stunden mit dem Auto). Schon vor der Grenze suchten wir uns einen portugiesischen Sender. Radionachrichten sind ja normalerweise das erste, was man in einer Fremdsprache versteht bzw. erahnt: Brexit, Trump, Wetter, Fußball. Ich verstand nichts. Ja, das ganze Gelerne war umsonst gewesen. Im Hotel lief es dann gar nicht mal so schlecht, halb portugiesisch, halb spanisch. Lesen klappt so ziemlich tadellos (bei entsprechenden Spanischkenntnissen).
An den folgenden Tagen durfte ich feststellen: Wenn sie untereinander reden, die Portugiesen, verstehe ich sie gar nicht. Nuscheln ist hier Amtssprache. Wenn sie langsam und deutlich zu mir sprechen, verstehe ich sie - manchmal. Ein riesengroßes Erfolgserlebnis war zum Beispiel, als ich einmal allein im Zimmer war und das Telefon klingelte. Die Dame vom Empfang sagte: "Schauschouchschouchschsch agua schouchchchschau problema schouschauchchchchouschou cuarto." Ich interpretierte ihre Aussage dahingehend, dass sie mir mitteilen wollte, dass es in manchen Zimmern (cuartos) Probleme (problema) mit dem Wasser (agua) gab und antwortete: "Tudo bem em meu cuarto." Das heißt: "Alles in Ordnung in meinem Zimmer." Es hätte mich vor Stolz fast zerrissen!!!!! Wir sagten dann noch "obrigada", "danke", und "boa noite", "gute Nacht".  Meine erste Unterhaltung auf Portugiesisch! Auf dem Flur wurde laut geredet. Ich machte die Tür auf. Dort standen die Zimmermädchen: "Chchschauschou agua schschschou problema" sagten sie zu mir und ich brachte wieder mein "Tudo bem em meu cuarto" an. Diese Kleinigkeit hat mich echt glücklich gemacht.
Am nächsten Tag verirrte ich mich ein bisschen/hatte ich Gelegenheit "Wo ist der Bahnhof?", "Onde fica a estacão?" zu fragen und anhand der Gestik der Einheimischen, die mir antwortete, verstand ich, wie ich zum Bahnhof komme. Bestellen im Restaurant klappte gut, langsam gewann ich an Selbstvertrauen. Selbst sprechen ist viel einfacher als diese lieben Menschen zu verstehen. 
Im Restaurant fragte mich der Kellner, ob ich nach dem Essen einen Kaffee wollte und ich antwortete auf Portugiesisch: "Ja, aber nur wenig Kaffee und viel Milch." Aufgrund meines hübschen Satzes überschätzte er meine Kenntnisse völlig und antwortete: "Chchschouschauschou schschsch chch aischouschschou." Ich schaute ihn groß an und er lachte. Dann brachte er mir eine Tasse mit viel kalter Milch und wenig Kaffee. Was sich hinter seinem Wortschwall verborgen hatte, werde ich nie erfahren, ob sich zwischen den Schs und den Chchs und Aos und Ous wohl "leite quente", "warme Milch", oder "leite frio", "kalte Milch", versteckt hatten? Keine Ahnung.
Wie soll man es beschreiben? Ich konnte ganz schön viel sagen, viel mehr als ich erwartet hatte. Also, sehr viel mehr. Und sie freuen sich, wenn man sich die Mühe macht, ihre Sprache ein bisschen zu lernen und in ihrem Überschwang nuscheln sie hurtig los und dann versteht man sie eben nicht!!!  Also, bevor ich mich mit den Menschen dort unterhalten kann, ist noch arg viel zu tun.
Ebenfalls als Begleitperson eines Kongressvorbereiters war ein junger Mann dabei, den ich schon von früher kannte. Wir wollten beide am nächsten Tag die Stadt besichtigen und ich fragte ihn, ob wir das gegebenenfalls zusammen tun wollten und er antwortete ja. Wir verabredeten uns um eine bestimmte Uhrzeit am Bahnhof (a estacão!). Ich hatte vorher einen bekannten Markt besichtigen wollen, der aber wegen Renovierung/Restaurierung geschlossen war, er hatte die hunderttausend Stufen eines Kirchturms erklommen. Er hatte ganz richtig vermutet, dass ich da nicht hinaufsteigen wollen würde. Ich hatte vermutet, dass er den Markt auch nicht sehen wollte, damit hatte ich aber falsch gelegen. Wir trafen uns also im berühmten Kachel verzierten Bahnhof ("Onde fica a estacão?"). Ich musste ein bisschen warten und hörte in der Zeit einem Führer zu, der gerade in spanischer Sprache die frühe Geschichte Portugals erklärte. Ich weiß von portugiesischer Geschichte nichts, außer die Sache mit dem Erdbeben von Lissabon, die in jeder Hinsicht super interessant ist. Hier ein Link zum Wiki-Eintrag: Erdbeben Lissabon 1755
Ich wollte meinem Begleiter rasch zusammengefasst erzählen, was ich gerade gelernt hatte, aber das wusste er schon alles. Man hat ja als älterer Mensch ein bisschen Bedenken, jüngere Menschen zu langweilen oder zu nerven, aber es war wohl nicht der Fall, denn ich bot an, uns zu trennen, für den Fall, dass er lieber Jüngere-Menschen-Sachen machen wollte, aber er fragte mich, was denn bei einer Stadtbesichtigung Jüngere-Menschen-Sachen überhaupt sind, und wir gingen zusammen weiter und schauten die Kathedrale an und noch eine Kirche und quasselten die ganze Zeit, er hat nämlich eine ziemlich interessante Lebensgeschichte und einen interessanten Beruf und es störte ihn nicht, dass ich ihn ausquetschte. Ich wagte zu gestehen, dass ich mit Duolingo Portugiesisch lerne, das fand er gut. Er hielt seine Deutschkenntnisse damit auf dem Laufenden. Es stellte sich heraus, dass er so sieben Sprachen sehr gut spricht und dann noch ein paar nicht so gut, aber Leute, die mehrere Sprachen sehr gut sprechen, legen häufig hammerharte Maßstäbe an und verstehen unter "spreche ich nicht so gut" ein B2, was für nicht so sprachbegabte Menschen schon ein Riesenerfolg ist.
Er gab mir den Tipp, einen Kriminalroman auf portugiesisch zu lesen, zum Beispiel was von Agatha Christie, deren Werke hätte einen begrenzten Wortschatz. Am nächsten Tag, als wir alle zusammen unterwegs waren, gingen wir in den Buchladen, der J.K. Rowling als Inspiration für Harry Potter gedient hat (sie hat wohl eine Weile in Oporto gelebt). Mir geht dieser ganze Harry Potter-Kram komplett am Allerwertesten vorbei, aber der Vollständigkeit halber schauten wir uns halt diesen Laden an. Man muss 5 Euro Eintritt bezahlen, der wird einem dann aber auf Käufe angerechnet. Ich fragte nach einem Krimi von Agatha Christie oder irgend einem anderen spannenden Buch mit möglichst wenig unterschiedlichen Wörtern. Agatha Christie hatten sie nicht, die Verkäuferin empfahl mir ein Werk aus der Ripley-Serie von Patricia Highsmith, das ich kaufte. Die Verkäuferin lobte mich für meine Bemühungen und wies mich darauf hin, dass man nicht obrigadaaa (danke) sagte, sondern obrigaddd. Schwierig.
Also, der Tipp mit dem Krimi war super gut. Ich lese jeden Tag ein paar Seiten und schreibe mir pro Seite zwei oder drei neue Wörter auf. Das Problem ist halt: die Aussprache und das Hörverständnis bessern sich dadurch nicht. Bei uns in der Siedlung gibt es eine portugiesische Putzfrau, die ich gefragt habe, ob sie bereit wäre, mir Unterricht in ihrer Muttersprache zu geben. Sie wehrte heftig ab, weil sie über keine entsprechende Bildung verfügt. Ich sagte, das ist vollkommen egal, ich weiß ja, was ich von ihr lernen will, sie muss keinen Unterricht vorbereiten und nix. Ich komme zum Beispiel mit meinem Krimi und sie liest einen Satz vor und ich spreche ihn möglichst korrekt nach usw. Sie bot an, mich zum Kaffee einzuladen und mit mir portugiesisch zu sprechen. Ich habe schon ein paar Mal (oft) versucht, sie anzurufen, aber sie geht nie dran. Mein Gatte meint, sie geht nicht dran, weil sie weiß, dass ich das bin, hahaha. Es ist doch für sie angenehmer, mit mir einen Krimi zu lesen als irgendwo zu putzen, oder? Ich meine, als Zubrot, ne? Ich werde Euch auf dem Laufenden halten.
Zur Verbesserung des Hörverständnisses, das immer noch irgendwo um den Nullpunkt tümpelt (nur gut, dass unter Null gar nicht geht, haha), schaue ich mir auf Netflix die brasilianische Serie "3%" an, die ziemlich gut ist. Ich lese die Untertitel, das klappt ganz gut. Man lernt auch viele böse Wörter. Mein Plan: Zweimal die komplette Serie (18 Folgen) mit Untertitel lesen anschauen, dann versuchen, langsam von den Untertiteln wegzukommen. Wenn man Spanisch kann und ein bisschen Portugiesisch und sich das eine oder andere Wort im Wörterbuch sucht, sind die Untertitel gut verständlich. Wie Ihr seht, nehme ich die Sache mit dem Portugiesischen ziemlich ernst.
Beim Duolingo bleibe ich vorerst dabei, denn es zwingt einen zu Disziplin, weil man ja seine Serie  (Tage am Stück, an denen man gelernt hat) nicht verlieren will. Außerdem gibt es auch Clubs und Foren, das ist ziemlich interessant. Zum Beispiel nachdem dieser Stromausfall in Venezuela gewesen war, vor ein paar Wochen, verloren alle venezolanischen Teilnehmer ihre Serie (weil sie ja wegen des Stromausfalls nicht lernen konnten) und sie jammerten heftig in einem Forum. Und die anderen Foristen (fast alles Lateinamerikaner, bedenkt, dass nur 10% aller Spanischsprecher in Spanien leben) wunderten sich: "Wieso regt ihr euch darüber auf, dass ihr eure Duolingo-Serie verliert, während euer ganzes Land vor die Hunde geht?" Und die Venzolaner antworteten: "Warum sollen wir uns nicht darüber aufregen, dass wir unsere Duolingo-Serie verlieren, bloß weil unser Land vor die Hunde geht?" Diese Diskussion fand ich hoch interessant. Wie anders die Venezolaner die Situation sehen, in der sie sich befinden, als die, die von außen drauf schauen. Dann meinte einer (von den Venezolanern), "Guaido wird uns von den Amerikanern vor die Nase gesetzt, er ist ein amerikanischer Agent" und er lieferte Beweise aus dem Lebenslauf von Guaido. "Ja, aber wenn ihr es doch allein nicht auf die Reihe kriegt...", meinten andere Lateinamerikaner. Ja, das war im Duolingo-Forum zu finden. Aus unseren Zeitungen und Nachrichten erfahren wir ja leider nur wenig Sinnvolles.
Ja, gut, das ist so ungefähr der Stand der Dinge. Auf dem Rückweg von Oporto hielten wir noch in einem Städtchen namens Viseu, um zu Mittag zu essen und die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Es war Sonntag und regnete ein bisschen und dort war keine Sau. Wir fanden sie dann alle in einer Kirche. Der Pfarrer predigte gerade und ich verstand - nichts.
Wir suchten dann nach einem Restaurant und fanden in einem winzigen Gässchen ein winziges Häuschen mit einer steilen Stiege, so, wie in alten Häusern früher in Deutschland. Draußen hatten sie ein schönes Schild stehen, auf dem sie ein Menü für neun Euro anboten. Wir stiegen also über eine Katze hinweg und die Stiege hinauf und kamen.... es war wirklich mittelalterlich: viel dunkles Holz, eine niedrige Decke, niedrige Tische, Bänke ohne Lehne. Wir waren die einzigen Gäste. Wir ließen uns das Menü bzw. das Tagesgericht bringen. Die Betreiber waren zwei junge Leute - es war, als wäre man bei Studenten zu Gast, die sich ganz arg bemühen, einem Freude zu machen. Ich weiß nicht, ob denen alle Tripadvisor-Kritiken im Nacken sitzen. Ständig kamen die beiden, um uns zu fragen, ob wir zufrieden wären, ob alles schmeckte, es war echt witzig. Das Essen war auch so, als wäre man bei Privatleuten zu Gast. Es war irgendwie rührend. Die oben beschriebene Szene mit dem kalten Kaffee geschah auch dort. Die Nachspeise war Apfelgratin mit Eis. Der Apfelgratin kam frisch aus dem Kühlschrank, das war echt schad' drum. Ich wollte noch sagen: Stellt ihn mir doch einen Moment in die Mikrowelle, aber dann dachte ich, ach, was soll's. Da haperte es noch an so vielem anderem. Wir haben sie auch nirgendwo bewertet, denn was soll man da bewerten? Den guten Willen oder die Feuergefahr? Dabei hätte man bei einem Brand gar nicht die Stiege hinunter gemusst, man hätte aus dem Fenster springen können (wahrscheinlich ins Haus gegenüber, so schmal war die Straße, hahaha). Tschö.