Die spanische Bank "Bankia" wurde heute vom Handel ausgesetzt. Sie wurde erst im Juli letzten Jahres an die Börse gebracht, Ausgabepreis 3,75 Euro, die Aktien wurden hauptsächlich Kleinanlegern ans Herz gelegt. Preis gestern 1,57 Euro.
Was "participaciones preferentes" sind, wisst Ihr wahrscheinlich nicht. Das sind Papiere, die von Bank- und Sparkassenfilialen hauptsächlich älteren Sparern untergeschoben wurden, die ihre Euro als Festgeld anlegen wollten. Was die Bankangestellten/Drücker den Kunden verschwiegen, war, dass die Laufzeiten teilweise endlos sind; jemand meldete, dass das Ablaufdatum in seinem Fall der 31.12.3000 war. Auf diese Art und Weise haben die spanischen Banken und Sparkassen um die 12 Milliarden an sich gebracht, mit denen sie ihr Eigenkapital stärkten.
Heute wurde also Bankia, die ehemalige Madrider Sparkasse, vom Handel ausgesetzt. Die Bank benötigt zusätzlich zu den 5 Milliarden Euro, die sie bereits erhalten hat, weitere 15 Milliarden. Und die müssen ja irgendwo herkommen. Die 10 Milliarden, die im Gesundheitssektor und im Bildungswesen eingespart werden, sind da schon mal ein guter Anfang. Juhuu. (Nein, ich habe noch nie auf die Tastatur von meinem Computer gekotzt.)
Mir fällt da echt gar nichts dazu ein. Außer: "Das geht gaaa nich." Geht aber anscheinend doch. Und damit komme ich zur Bewegung der sogenannten Empörten, dem 15M, wie sie in Spanien heißt. Wie Ihr Euch vielleicht noch erinnert, begannen letztes Jahr an diesem Datum, dem 15. Mai, 15M, Proteste auf dem Madrider Platz Puerta del Sol, Leute campierten in Zelten etc. Ich war nicht dort, ich weiß nicht, wie es dort genau war. Ich war aber, siehe HIER, letztes Jahr bei den Protestveranstaltungen in Salamanca und habe gesehen, was dort los war. Ich war in Abständen von Wochen mehrfach beim Occupy London Camp neben der Saint Paul's Cathedral. Im Schatten der Kirche standen ein paar dreckige Zelte. Ein Zelt war als Treffpunkt vorgesehen. Das Ganze war pathetisch. Es war einfach nix. Einmal war ein Redner da, ein Katalane, der an einer amerikanischen Uni unterrichtete. Ich kann mich nicht mehr auf seinen Namen besinnen. Die anderen Zuhörer, ganz schön viele, auch Börsenleute in der Mittagspause, keine Perroflautas, kannten ihn. Okay, ich suche seinen Namen: Manuel Castells. Er sprach sehr gut, erzählte das, was viele Menschen für die Wahrheit halten, schwärmte von 1968 (das war 'ne Idee peinlich). Das Publikum war zufrieden. Alles gut. Dann zerstreuten sich die Anwesenden, die Börsianer gingen wieder an ihre Arbeit. Occupy London reduzierte sich wieder auf ein paar dreckige Zelte in einer zugigen Ecke des Kirchplatzes.
Warum wird dieser Protest von den Medien so gehypt? fragte ich mich. Das ist doch einfach NIX. Das ist doch kein Wort wert.
Wie in meinem vorherigen Post erwähnt, gingen mir am diesjährigen 15. Mai die Augen auf: Die Bewegung 15M ist töter als tot, trotzdem wird der Tag in Spanien wieder endlos aufgebauscht. Ich konnte mir echt nicht erklären, wieso. Aber dann, ein Radioprogramm im spanischen Sender Cadena Ser. Thema: Was bedeutet die 15M-/Indignados-/Empörten-Bewegung für Euch? Die Hörer rufen an. Eine Frau über fünfzig beginnt zu erzählen: Ihre Tochter ist arbeitslos, ihr Mann ist arbeitslos, das hätte sie nie für möglich gehalten, eine Mittelklassefamilie, sie erhalten kein Arbeitslosengeld und keine Unterstützung mehr und leben jetzt alle von der Rente der Oma. Sie beginnt zu weinen. "Und der 15M, der gibt uns Hoffnung. Es gibt Leute, die dagegen kämpfen ...es werden immer mehr." Und so - ein Anrufer nach dem anderen. 15M gibt uns Hoffnung. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: 15M und Occupy was-weiss-ich werden von der Obrigkeit gewünscht, sie tun keinem weh und geben den Menschen Hoffnung (Was in Frankfurt los ist, weiß ich nicht, das habe ich mir noch nicht angeschaut. Ich empfehle aber, in dieser Angelegenheit nichts zu glauben, was man nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Frankfurt lebt von der Finanzindustrie.) Occupy London war zu keinem Zeitpunkt relevant, 15M und die Empörten sind ... ich will nicht sagen lächerlich, weil die Menschen meiner Meinung nach recht haben ... sie dienen den Mächtigen als Blitzableiter: "So, wenn ihr protestieren wollt, dann geht ihr dahin, wo die braven Menschen mit ihren Zelten sind." Es erinnert mich an das Buch "1984", wo man auch nicht weiß, ob Protestbewegungen wirklich existieren oder nicht. Sie sollen den Menschen, die es nicht gut finden, dass bei Gesundheit und Bildung Milliarden eingespart werden, die den Banken ... die die Banken anscheinend dringender benötigen, Hoffnung geben: "Neee, behindert nicht den Betrieb der Banken so lange, bis die alten Leute ihr Geld zurückbekommen haben, glaubt einfach an die Empörten, dann wird alles gut" - oder betet mal wieder einen Rosenkranz.
Ich glaube, dass die Optimisten, die meinen, dass nächstes Jahr alles besser wird, deshalb so positiv gestimmt sind, weil nächstes Jahr ihre Kohle alle ist (zum Beispiel das Rentnerehepaar, von dem ich Euch erzählt habe, das von seinen vier erwachsenen Kindern drei ernährt, dazu die Familie des einen, nämlich Gattin, drei Kinder und Hypothek). Ich muss an den alten Scherz denken: "Ich stricke jetzt schneller, die Wolle ist gleich alle."