Freitag, 30. März 2012

Der Generalstreik gestern in Spanien

(Es wurde beanstandet, dass meine Meinung zur Arbeitsmarktreform und dem dazugehörigen Generalstreik in meinem vorherigen Post nicht klar wird. Das mag daran liegen, dass ich keine bestimmte Meinung dazu habe. Ein Beispiel: Künftig können Mitarbeiter, die innerhalb von zwei Monaten neun Tage krank sind, entlassen werden. Das finde ich gut, weil das vielleicht die einzige Möglichkeit ist, unfähige und unwillige Leute mit diesen für Spanien typischen, praktisch unkündbaren Verträgen loszuwerden. Andererseits finde ich es schlecht, denn auch ansonsten gesunde, fleißige und willige Menschen können mal innerhalb von zwei Monaten neun Tage krank sein und dann einem Personalabbau zum Opfer fallen, während der unkündbare Unfähige weiter an seinem Sessel klebt, weil er nicht krank geworden ist. Also, ich wage nicht, mich da meinungsmäßig irgendwie festzulegen.) 
Was war gestern los? Wir fuhren so gegen 11 Uhr los, um uns mal umzuschauen und dies dann anschließend in meinem Blog festzuhalten. In unserem Städtchen war normalidad absoluta, alle Geschäfte waren offen, auf den Straßen waren genauso viele Leute wie immer. Dann fuhren wir weiter zu dem Einkaufszentrum, wo sich Leroy Merlin (Baumarkt), Mediamarkt usw. befinden. Alle Geschäfte waren offen, aber es waren sehr wenige Kunden da. Dann fuhren wir weiter durch ein Industriegebiet. Hier waren fast alle Betriebe offen, der TÜV funktionierte normal. Bei den wenigen geschlossenen Hallen, an denen nicht "Se vende", "Zu verkaufen", oder "Se alquila", "Zu vermieten", steht, ist es auch nicht so einfach, auf einen Blick festzustellen, ob die auch schon pleite sind oder streiken. Streikplakate oder ähnliches waren nirgendwo. Dann fuhren wir in die Stadt. Hier erwartete uns die erste Überraschung: an der Uni normalidad absoluta, die Studenten beteiligten sich überhaupt nicht am Streik. In der Innenstadt waren bis auf einen Thai-Massagesalon und ein Restaurant alle Läden offen ... naja, Läden offen ... hmhmhm ... hier haben soviele Geschäfte pleite gemacht und die Rollläden heruntergelassen ... es ist eine Tragödie. Wenn alteingesessene Geschäfte durch neue ersetzt werden, handelt es sich meist um Handyläden oder -erstaunlicherweise- Dessousgeschäfte. An den offenen! Geschäftstüren klebten Aufkleber mit dem Text "Cerrado por huelga", "Wegen Streik geschlossen". Diese Babberle waren anscheinend recht schwer zu entfernen, man sah nämlich viele halb abgekratzte. In der Innenstadt liefen auch viele Gewerkschafter herum. Wir sahen auch eine Demonstration der CGT, bei der auffallend viele Perroflautas dabei waren. Was ist ein Perroflauta (deutsch: Hundflöte)? Ich beschreibe Euch einen von unten bis oben: Er trägt schwarze Springerstiefel, seine langen, dünnen Beine stecken in eng anliegenden Hosen/Leggings, Farbe bevorzugt schwarz mit lila, der T-Shirt-Aufdruck hat was mit Hardrock zu tun, seine taillenlange schwarze Lederjacke ist völlig abgeschabt, sein halber Kopf ist rasiert, auf der anderen Hälfte wachsen lange Rastalocken. Die ganze Gestalt ist etwas schmutzig. Seine Gefährtin sieht ähnlich aus, aber ihre Beine sind dick und stecken in kaputten, schwarzen Nylonstrümpfen. Nur in Extremfällen haben Perroflautas tatsächlich Hunde dabei und spielen Flöte. So, wieder was gelernt (die Bezeichnung ist etwas abfällig, ich empfehle sie nur für den passiven Sprachgebrauch, also verstehen, aber nicht selbst benutzen). Die meisten Gewerkschafter waren jedoch Damen und Herren mittleren Alters.
Unserer Lokalzeitung habe ich entnommen, dass vor einem anderen Industriegebiet, das weniger Zufahrtsmöglichkeiten hat als das, das wir besucht haben, morgens Autoreifen verbrannt wurden, um die Leute daran zu hindern, ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. Dass im öffentlichen Personennahverkehr soviel gestreikt wird, liegt nicht daran, dass Busfahrer besonders um ihre Rechte besorgt sind, sondern daran, dass Gewerkschafter aus anderen Sektoren morgens ins Busdepot gehen und die Leute am Losfahren hindern. Dies weiß ich nicht vom Hörensagen, sondern von beteiligten Personen. 
Eine Freundin, die einen Arzttermin hatte, war am Tag zuvor vom Gesundheitszentrum angerufen worden: "Falls die Türe zu ist und die Rollläden heruntergelassen sind, dann klopfen Sie, dann lassen wir Sie rein, es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme wegen der Streikposten."
Summa summarum: In unserer Gegend wurde fast nur dort gestreikt, wo die Leute von den Gewerkschaftern dazu gezwungen wurden. An Streiktagen umkämpft ist immer das Kaufhaus El Corte Inglés. Gestern ist es den Streikposten gelungen, den hiesigen Corte Inglés dazu zu zwingen, 15 Minuten lang zu schließen. Das lässt Zweifel an der Streikbereitschaft der Mitarbeiter aufkommen. An den Demonstrationen nahmen jedoch viel mehr Menschen teil, als ich erwartet hätte.
Den Nachrichten habe ich entnommen, dass der Streik im Baskenland und in Katalonien ein Erfolg war, dass viele Menschen freiwillig streikten und die Demonstrationen sehr groß waren.
Eine eigene Meinung zum Thema habe ich nicht. Ich finde es genauso beschissen, wenn die Gewerkschafter die Leute am Arbeiten hindern wie wenn die Chefs ihre Mitarbeiter zwingen, zu erscheinen.    

Mittwoch, 28. März 2012

Der Generalstreik morgen in Spanien

Die spanischen Gewerkschaften haben für morgen, den 29. März, zu einem Generalstreik gegen die Reform des Arbeitsmarktes aufgerufen. Mit dieser Reform sollen unter anderem Entlassungen erleichtert werden. In Spanien liegt die Arbeitslosigkeit bei über 20 %, mehr als 5,3 Millionen Menschen sind erwerbslos. So schwer kann das Entlassen da ja nicht sein, sollte man denken. Der spanische Arbeitsmarkt ist aber, grob dargestellt, zweigeteilt. Festangestellte Arbeitnehmer kann man fast überhaupt nicht mehr loswerden, Arbeit Suchende sind schutzlos, um die geht es morgen auch gar nicht. 
Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 50 %. Von den übrigen 50 % sind viele Praktikanten oder befinden sich in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen (60 Stundenwochen bei 600 Euro Monatslohn sind keine Seltenheit). Manche Eltern sind bereit, dafür zu bezahlen, dass ihre Kinder einen Praktikantenstelle bekommen, auf der sie Erfahrung erwerben können. 
Viele junge Familien wurden durch den Kauf einer Wohnung in Lebenssituationen gebracht, in denen sie praktisch Leibeigene der Banken sind. Ja, von Deutschland aus ist das schwer zu verstehen. Hier in wenigen Worten ein Erklärungsversuch: In Spanien ist es aus historischen Gründen üblich, dass die meisten Menschen nicht zur Miete, sondern in Eigentumswohnungen leben. Die Preise für diese Wohnungen sind jahrzehntelang unaufhaltsam gestiegen, in den letzten Jahren vor dem Platzen der Blase mit Geschwindigkeiten bis zu 20 % pro Jahr (grobe Zahlen aus dem Gedächtnis). Es war also ziemlich eilig und dringend, Wohnraum zu erwerben, da einem die Preise davonliefen. Durch den Euro waren die Hypothekenzinsen sehr niedrig, also, hinein ins Vergnügen. Familien mit einem Einkommen von 2 x 1000 Euro erwarben Wohnungen im Wert von 300.000 Euro. Und dann wurde einer von beiden oder gar beide arbeitslos. Mehr als 100.000 Wohnungen (in denen ja normalerweise mehr als einer lebt) wurden mittlerweile zwangsgeräumt und gingen zurück an die Banken. Die Banco de Santander hat in den Jahren von 2007 bis 2010 - man erinnere sich: in den Jahren der Bankenkrise - einen Gewinn von insgesamt 35 Milliarden Euro eingefahren (diese Zahl habe ich nachgeschaut). Darum geht es morgen aber auch nicht.
Langzeitarbeitslose erhalten Unterstützung in Höhe von 420 Euro. So wenig ist das doch gar nicht, werden nun die Leute sagen, die mit Hartz IV vergleichen. Bedenkt aber, dass es in Spanien kein Wohngeld und kein Kindergeld gibt. 420 Euro ist alles, was die Leute bekommen. Darum geht es morgen aber auch nicht.
Wer wissen möchte, wie es in den Jahren zuging, als in Spanien noch Party war und der spanischen Sprache mächtig ist, dem seien diese beiden Videos ans Herz gelegt, die zur besten Sendezeit im Fernsehen gezeigt wurden. Das erste heißt "Cuando éramos ricos", "Als wir reich waren", das zweite "Cuando éramos cultos", "Als wir gebildet waren". Hochinteressant. Die eigentlichen Videos sind 45 Minuten lang und beginnen nach gefühlten 10 Minuten Reklame und Vorschau.
Wenn die Hetzjagd auf Spanien beginnt (Bald? In ein paar Jahren?), werden die Deutschen mit Bildern wie in den Videos gezeigt berieselt werden, um zu belegen ... naja ... damit's halt alle wissen, so, wie wir alle wissen, dass die Griechen Renten für ihre Toten beziehen und die griechischen Lokführer dreimal soviel verdienen wie deutsche Piloten (oder so ähnlich) und überhaupt.
Korruption und Vetternwirtschaft sind große Probleme in Spanien. Diese kleine Korruption wie in Griechenland (wo, wie wir sicher mittlerweile alle wissen, "Fakelaki" an Hinz und Kunz bezahlt werden müssen) gibt es in Spanien nicht, aber Vorteilsannahme und persönliche Bereicherung am Volksvermögen im großen Stil ist überall, wo dies möglich ist, gang und gäbe. Und damit schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei den Gewerkschaften und dem morgigen Generalstreik. Die Gewerkschaften haben im Jahr 2011 von der Regierung 175 Millionen Euro Subventionen erhalten (nachgeschaut). Ist das nicht ideal, wenn der vermeintliche Gegner vollkommen von einem abhängig ist? Wenn dann also übermorgen der Streik vorbei ist und alle wieder zur Tagesordnung zurückkehren (okay, vielleicht lenkt die Regierung bei ihrer Arbeitsmarktreform das vorher womöglich schon einberechnete kleine Bisschen ein), ist die Arbeit der Gewerkschaften wieder für eine Weile geschafft und um alles andere ging es ja sowieso nicht.

P.S. Diese kleine Anekdote, die auch im ersten Video zu sehen ist, möchte ich Euch nicht vorenthalten. Wie Ihr noch nicht wisst, aber zum gegebenen Zeitpunkt (Hetzjagd!) erfahren werdet, hat aus Gerechtigkeitsgründen jede spanische Provinz einen Flughafen, unter anderem auch Castellon in der Provinz Valencia mit seinen 180.000 Einwohnern (nachgeschaut!). Auf diesem Flughafen starten und landen keine Flugzeuge, unter anderem wohl auch deshalb, weil sich der Flughafen von Valencia in nur 50 Autominuten Entfernung befindet. Im März 2011 wurde er von Carlos Fabra, dem Regierungspräsidenten der Provinz Castellon (angeklagt wegen Vorteilsgewährung, Bestechung und Steuerdelikten (nee, deshalb wird niemand eingesperrt und da muss man auch nichts zurückzahlen (Teil des Problems!))) eingeweiht, wo bei dieser die folgenden Worte sprach (auf Spanisch natürlich): "Es gibt Leute, die sagen, wir wären verrückt weil wir einen Flughafen ohne Flugzeuge einweihen. Die haben nichts kapiert. Sechs Wochen lang können alle Bürger dieses Terminal besuchen und auf den Start- und Landepisten spazieren gehen, wenn sie dies möchten. Und das würden sie ja nicht können, wenn hier Flugzeuge starten und landen würden. Dies ist ein Flughafen für die Menschen." Nun ist ein Jahr 'rum und es ist immer noch ein Flughafen für die Menschen.
Hier könnt Ihr den entsprechenden Artikel lesen:
Da ich mich gerade in Spanien befinde, werde ich morgen mal losziehen und schauen, was los ist.

Montag, 26. März 2012

Ostervorbereitungen

Frühlingsdeko der Marke "Kost' nix": Blühende Blutpflaumenzweige
Nächsten Sonntag ist Palmsonntag! Der Weckruf/Warnschuss, der uns darauf hinweist, dass bald Ostern ist. Spätestens bis Gründonnerstag sollte der Frühjahrsputz vollendet sein und die Deko sollte stehen (Eier ausblasen, Tortilla damit machen, alten Dekokram vom Dachboden holen). Der Speiseplan ist schnell erstellt: Am Gründonnerstag gibt es bei uns traditionell Spinat mit Spiegeleiern und Kartoffen, am Karfreitag nach spanischer Tradition Potaje de bacalao (Kichererbseneintopf mit Fisch) http://www.mew1988.blogspot.com.es/2010/03/potaje-de-bacalo-y-garbanzos-oder.html,
Am Samstag gibt's den Rest des Eintopfs, am Ostersonntag ein Zicklein, das ich vorher auf dem Markt besorgen muss und das ich nach einem superguten und sehr einfachen Rezept meiner Schwiegermutter zubereiten werde. Backen möchte ich wieder das Osterbrot und den Osterkranz (ein Rezept für beides) aus dem Buch "Backvergnügen wie noch nie" aus dem Verlag Gräfe und Unzer. Ich backe dieses Rezept mit etwas mehr und verschiedeneren kandierten Früchten und gebe zusätzlich zum Zucker noch ein ganzes Glas Bitterorangenmarmelade hinzu, damit der Teig saftiger wird. Guuut! Dann müssen noch ein paar Schokoeier beschafft werden, für den Fall, dass uns der Osterhase vergisst. Aber als erstes steht der Frühjahrsputz an. Heute: Die Terrasse vorn (die Terrasse, die ich im Geiste gern "die italienische Terrasse" nenne, weil sie so aussehen soll, wie eine Terrasse aus einem alten! Unopiu-Katalog (bevor diese strengen, gradlinigen Möbel modern wurden).

Donnerstag, 22. März 2012

Supergute Muffins mit Möhren, Ananas und Nüssen


Hiermit verrate ich Euch mein bestes Rezept für Muffins bzw. Madalenas, wie man sie in Spanien nennt. Das ursprüngliche Rezept war ein amerikanisches Kuchenrezept, das ich ein bisschen an unseren Geschmack angepasst habe. Ich habe diese Muffins schon oft gebacken, auf vielfachen Wunsch auch für Feste, und sie waren immer ein Riesenerfolg. So, genug des Eigenlobes.
Die Menge ergibt ungefähr 40 Muffins, sie lassen sich sehr gut einfrieren (einfach außerhalb des Gefrierschranks wieder auftauen lassen) und natürlich auch Gästen mitgeben.
Für die Zubereitung dieses Gebäcks benötige ich 1 1/2 Tassen (275 g) Zucker, 2 Päckchen Vanillezucker, 1 1/3 Tassen (315 ml) Pflanzenöl (ich verwende 215 ml Sonnenblumenöl und 100 ml mildes Olivenöl (also solches ohne bitteren Nachgeschmack), 3 extra große oder 4 kleine Eier (Raumtemperatur!!!), 2 1/2 Tassen (350 g) Mehl, 2 Teelöffel Zimt, 2 Teelöffel Natron, 1 große Prise Salz, 1 Tasse Rosinen, 1 Tasse grob gehackte Walnüsse, 1 Pfund grob!!! geraspelte Möhren, 1 kleine Dose (236 ml) Ananas, Ananas fein hacken und wieder mit Saft mischen (nicht der Einfachheit halber pürieren, ich hab's ausprobiert, das wird nichts).
Ofen auf 170º Grad vorheizen und die Muffinpapierchen in die Muffinform legen.
Mit dem Handmixer Zucker, Vanillezucker, Öl und Eier schlagen, bis die Masse schön gelb ist. Mehl, Zimt, Natron und Salz darauf geben. Die trockenen Zutaten, die obendrauf liegen, vorsichtig mit einer Gabel mit einander mischen, bevor man sie mit dem Mixer mit den feuchten Zutaten darunter verrührt (so spart man die Schüssel, in der man eigentlich die trockenen Zutaten mischen müsste, denn das Natron darf nicht nass werden, bevor es nicht mit dem Mehl gemischt ist). Auf einem Teller mische ich die Rosinen mit den grob gehackten Nüssen und einem Esslöffel Mehl (damit sie im Teig nicht nach unten sinken). Die grob geraspelten Möhren und die fein gehackte Ananas mit dem Ananassaft unter den Teig rühren, dann die Rosinen und die Walnüsse ebenfalls zugeben. Gut mischen, aber nicht stundenlang rühren. In die Muffinförmchen füllen. Bei 170º Grad 25 bis 30 Minuten backen. Fertig.

Dienstag, 20. März 2012

2. Bloggeburtstag!

Ja, liebe Leser, gestern war der zweite Bloggeburtstag. Ich habe es mir mit einer schönen Tasse Kaffee gemütlich gemacht und will Euch jetzt ein bisschen berichten, ein bisschen Bilanz ziehen:


Also, wie fing alles an? Es fing damit an, dass ich gerne die Blogs anderer Leute lese und dass ich mir dachte: "Das will ich auch!" So. Am besten gefallen mir Blogs, in denen Hausfrauen enthusiastisch und immer positiv über ihre Erfolge berichten. Das wollte ich auch. Leider sind Enthusiasmus und immer positiv sein, wie ich feststellen musste, nicht mit meiner Persönlichkeit vereinbar. Schade.
Dann suchte ich ich mir Informationen: Wie baue ich mir einen Blog? Wichtiger Tipp: Beschränken Sie sich auf ein Thema, dass Sie besonders stark interessiert. Ja, gut, hätte ich machen können, z.B. ein Blog mit dem Thema Spanische Küche oder Alte Rezepte aus meiner Familie. Und dann z.B. jeden Freitag was hochladen, damit die Leser wissen können, wann sie was Neues finden. Aber da stellte sich mir schon die nächste Frage: Für wen mache ich eigentlich den Blog??? Um irgendwelche Leute zu erfreuen, die ich gar nicht kenne? Und die sich vielleicht abwenden und denken "Dieser Blog ist Scheiße". Nööö. Im richtigen Leben muss man sich ständig nach anderen Leuten richten, mein Blog ist mein kleines Reich, da mache ich, was ich will. Und wenn's keiner lesen will, dann ist mir das auch recht. Ich komme aus der Welt der Tagebuchschreiber, der Welt derer, die absolut keinen Wert auf Leser legen, im Gegenteil. Es macht mir Spaß, so vor mich hin zu schreiben, wenn's keiner lesen will ... so sei es denn.  
Das war dann geklärt: Ich schreibe, was mir einfällt, und verziere das Ganze schlicht mit ein paar amteurhaften Fotos.
Außer meinen engsten Angehörigen, denen ich ja erklären musste, warum ich das Mittagessen fotografierte, informierte ich nur drei Freundinnen, die sich unter einander nicht kennen, vom Blog, um ihre Reaktionen zu testen:
Nr. 1: "Ich wusste gar nicht, dass du so frustriert bist."
Nr. 2: "Nett."
Nr. 3: "Dein Leben ist ja echt langweilig."
Und dann wurde ich noch über die Mängel in Kenntnis gesetzt, die mein Blog im Gegensatz zu anderen aufweist und hörte den schönen Satz "Das kannst du nicht von mir verlangen, dass ich das lese." Verlangt ja auch keiner, ne?
Okay, damit war mir klar, dass ich das mit dem Blog besser für mich behalten sollte. Aber auch, dass ich schreiben konnte, was ich wollte: Kochrezepte, Hausrenovierung, Kommentare zur spanischen Krise, alles gemischt und wann es mir einfällt.
Weiterhin bekam ich zu hören: "Da fängst du wieder was an, was du nicht fertig machst!"
Was ist denn fertig, gell? Ich sagte, okay, einigen wir uns darauf, dass 40 Einträge "fertig" ist. Antwort: "Ich wäre schon überrascht, wenn du 12 Einträge zusammenbrächtest". Wir haben's mit heiligen Zahlen. Also, ich bin jetzt bei 159 Einträgen (dies ist der 160.) und damit auf jeden Fall "fertig".
Könnt Ihr Euch vorstellen, dass 358 Leute auf meinem Blog gelandet sind, die wissen wollten, was das Roche Bobois-Sofa Mah Jong kostet??? Ich kann sehen, welche Suchwörter die Leute eingegeben haben, die hier landen. Ich sehe nicht, wer's war, ich sehe nur das Suchwort. Die landen dann bei meinem Eintrag "Unser neues Sofa ist da!" vom 15. Dezember 2010, wo nur steht, dass wir probegesessen haben. Ich habe wirklich völlig vergessen, was das Ding kostet, ich kann mich nicht einmal mehr an die Größenordnung erinnern. Sobald ich es weiß, werde ich es hierher schreiben. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Im Schnitt kommt jeden zweiten Tag jemand hierher in der Hoffnung, entsprechende Auskunft zu finden. Tipp: Dass der Preis im Internet nicht zu finden ist, bedeutet meiner Meinung nach, dass die Händler viel Freiheit bei der Preisgestaltung haben. Also: Handeln!!! 5-10 Prozent Rabatt müssten mindestens drin sein. IKEA-Preise stehen klar im Internet.
Um noch einmal auf das Thema Tagebuch zurückzukommen: Vor etlichen Jahren habe ich praktisch meine ganzen alten Tagebücher weggeworfen. Ich hob nur wenig auf, z.B. ein paar Zettel von wie ich ganz klein war. Ich konnte kaum schreiben, wahrscheinlich war ich gerade in der ersten Klasse, und beschwerte mich schon schriftlich bei mir selber darüber, dass meine Mama nicht oft genug Nudeln kochte. Als ich dann älter wurde ... wer alte Tagebücher besitzt und diese wieder anschaut, dem ist vielleicht dieses Gefühl vertraut: Man kennt diese Person, die da schreibt und die man selber ist/war, überhaupt nicht. Ich habe mal wo gelesen, dass nach sieben Jahren keine Körperzelle mehr dieselbe ist, vielleicht ist das mit dem ganzen Menschen so. Man denkt, ach, könnte ich dieser Person, die ich selber vor vierzig Jahren war, bloß sagen, dass sie sich nicht so viele Sorgen machen soll! Aber das geht natürlich nicht. Man würde das ehemalige Ich gern kennenlernen, mit ihm reden ... unmöglich. Das alte Ich ist ein ziemlich fremder Mensch, den man nicht kontaktieren kann. Leider, denn man könnte ihm soviel Gutes sagen.
Ja, ein paar Sachen habe ich aufgehoben, der Rest kam in die Tonne. Dafür brauchte ich Kraft, aber in jenem Moment, in dem sowieso große Veränderungen in meinem Leben anstanden, war ich Manns genug und ich habe es keine Sekunde bereut. Einmal wollte ich etwas nachschauen, anlässlich einer Reise, dann dachte ich: Ach, das habe ich ja weggeworfen. Und es war mir sowas von wurscht...
Ich selbst las meine alten Tagebücher nie, da mir, wie gesagt, die Schreiberin in manchem zu nahe, schmerzhaft nahe stand, in anderem zu fremd war. Und dann dachte ich mir: Unter welchem Umständen würde ich mir wünschen, dass jemand dieses Zeug liest? Und meine Antwort lautete: Unter keinen. Im Tagebuch stehen ja gerade die Sachen, die man nicht mit anderen teilen möchte. Also: In die Tonne damit.
Und jetzt bin ich eben älter, mit meinem persönlichen Kram mehr oder weniger im reinen, und habe kein Tagebuch mehr. Stattdessen einen Blog, wo ich auch jammern und wehklagen kann und Kochrezepte aufschreiben und den spanischen Immobilienmarkt beobachten und Veränderungen in Haus und Garten notieren ... ich bin zufrieden. Und wenn jemand vorbei kommt und liest und zufrieden ist, dann freut mich das von Herzen. Und dass hier immer noch nicht steht, was das Mah-Jong-Sofa kostet und dass die Leute, die "Hausfrauen heiß geil" eingeben, auch unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen ... naja, ersteres wird vielleicht irgendwann behoben. Also, an meine Leser anlässlich des zweiten Bloggeburtstags viele Grüße und auf ein Neues!

Donnerstag, 15. März 2012

Tuna noodle casserole oder Thunfisch-Nudelauflauf

Dieses Gericht gehört seit sage und schreibe 32 Jahren zu meinem Repertoire!


 Mein Sohn D. hatte es sich heute wieder einmal gewünscht und wie immer hat es Begeisterungsstürme ausgelöst (So gut wie heute war es aber noch nie!!! Grins. Deshalb jetzt hier.) Mein Rezept für 4 Personen lautet wie folgt: 400 g Nudeln kochen und abgießen. 1 Päckchen holländische Soße nach Packungsaufschrift (mit halb Wasser, halb Milch) zubereiten, 200 g abgetropften Dosenthunfisch, 1/2 Tasse Milch, 100 g geriebenen Käse (z.B. Emmentaler) 1 Päckchen halbierte Oliven ohne Kern, 1/2 Tasse Zwiebelwürfelchen und 1/2 Tasse Mayo hinzugeben, alles mischen. Unter die Nudeln rühren. 20 Minuten bei 200º Grad im Ofen backen (für Eilige: 5 Min. in der Mikrowelle). Tja, das war's schon.
Warum war der Auflauf heute wohl besonders gut? Bei den Nudeln handelte es sich um dreifarbige Nudeln (die schwarzen sind mit Sepia-Geschmack!). Wer in Spanien ist: es war die Marke Hacendado von Mercadona. Und ich zitiere meine Esser: "Das sind die perfekten Nudeln für dieses Gericht!" Es war aber auch das erste Mal, dass ich diese Sorte verwendet habe. Beim Thunfisch handelte es sich um abgetropften Thunfisch in Öl, der Käse war Emmentaler, die Oliven, aha, die waren auch was besonderes, nämlich mit Anchovis gefüllte, die ich gedrittelt hatte ... alles andere war wie immer. Dazu gab's Kopfsalat mit Orangenstückchen.

Sonntag, 4. März 2012

Restaurant in London: J. Sheekey

Letzten Sonntag waren mein Gatte und ich im Londoner Restaurant Sheekey. Das Restaurant war uns wärmstens empfohlen worden. Eigentlich hatte wir schon für Samstag reservieren wollen, aber es war ausgebucht. Es ist ein "Seafood-Restaurant in the Heart of Covent Garden". Auch am Sonntag war es bis auf den letzten Platz besetzt. Und Überraschung, Überraschung, Überraschung in London: Das ziemlich große Restaurant war bis auf den letzten Platz mit weißen Engländern/Briten besetzt! Und Ihr wisst, wie selten man diese Menschen in größerer Zahl in London antrifft. Und dafür bedurfte es nicht einmal eines Türstehers. Also, wer ein Restaurant sucht, das keine Touristenfalle ist und in dem die Leute so aussehen, wie bei "Inspektor Barnaby" oder "Miss Marple", hier findet Ihr es.
Wir hatte ziemlichen Hunger, also bestellten wir uns als erstes einmal ein halbes Dutzend Austern, drei für jeden. Oh nein, werdet Ihr jetzt denken, diese Typen futtern dauernd Austern. Aber das stimmt nicht. Ich habe zwanzig Jahre lang überhaupt keine Austern gegessen. Als ich mit meinem zweiten Sohn schwanger war, habe ich nicht nur meine Küche niedergebrannt (zum Glück wohnten wir damals in einer Mietwohnung), ich holte mir auch noch durch Austern eine schlimme Lebensmittelvergiftung. Wir wohnten damals am Meer, ich hatte die Meeresfrüchte bei einer Fischhändlerin meines Vertrauens erworben, frischer ging's nicht. Und doch... Schwangere sollten echt keine Austern essen. Gar keine. Durch diesen Vorfall hatte ich mein Vertrauen in diese Tierchen verloren und zwanzig Jahre lang keine gegessen.
Nach den Austern bestellten wir das Weekend Lunch Menu. Mein Gatte hatte als Vorspeise Deep-fried Cod Chitterlings with sauce gribiche. Ich muss mal feststellen, was "chitterlings" sind, das Zeug war nämlich unglaublich gut. Erste Forschungen im Internet weisen darauf hin, dass es sich um die Eier eines männlichen Kabeljaus handelt (male cod roe). Frittiert. Ich habe selten so etwas Zartes, Leckeres gegessen. Was auch immer es gewesen sein mag, es zerging auf der Zunge. Ich hatte Marinade Salmon, shaved fennel, endive and blood orange salad. Auf dem Foto seht ihr meinen Nachbau in Abendessengröße. 

Mein Nachbau der Vorspeise in Abendessengröße
Bei Sheekey handelte es sich um Chicorée (ja, auch wenn oben Endivie steht), Blutorangenfilets, Fenchelstreifchen, Feldsalatröschen und Lachs. Der Lachs war für meinen Geschmack zu kompakt und zu salzig, die ganze Kombination war nichts Besonderes, aaauuußer der Kombination von Fenchel und Blutorangen, die war guuut. Also, mein Nachbau sah wie folgt aus (für zwei Personen): Ich machte eine Salatsauce aus zwei Esslöffeln Olivenöl, einem Esslöffel Apfelessig, einem Esslöffel Orangensaft, etwas Honig, Salz und Pfeffer. Davon nahm ich einen guten Esslöffel weg und legte meinen möglichst dünn aufgeschnittenen Räucherlachs hinein, auf dass er etwas Salz verlöre und besser zu den übrigen Zutaten passen möge. Dann legte ich für jeden einen Teller mit etwas Endivie aus. Die beiden Blutorangen schälte ich mit dem Messer, um auch die weiße Haut komplett zu entfernen, dann löste ich die einzelnen Schnitzen so aus, dass gar nichts Weißes mehr dran war (sieht schöner aus). Hier heißt es Obacht: Die Blutorangenschnitzen müssen von allem anderen ferngehalten werden, sonst färben sie es rot! 
So, Fenchel in dünne Streifchen schneiden, Salat putzen (ich hatte keinen Feldsalat und habe anderen genommen). Fenchel und Salat mit der Sauce mischen, eine Schicht auf den Chicorée geben, Lachsstreifchen drauf, Blutorangen drauf, restlichen Salat drauf, die restliche Sauce, die beim Lachs war, drüber gießen ... guuut!
Hauptgericht hatten wir beide dasselbe, nämlich Fillet of Sea Bass, Olive mash and ratatouille. Das war ein Filet vom Loup de mer, in der Pfanne ordentlich gebacken. Es lag auf Kartoffelbrei... von Olive war da nichts zu schmecken, es war aber ein ordentlicher Schuss Sahne dran ... und auf Ratatouille, die ebenfalls anders war, als ich sie mache. Bei mir hat sie viel Flüssigkeit, in die man schön sein Brot tunken kann. Die bei Sheekey war so, als wäre sie - mit viel Olivenöl - so lange in der Pfanne oder im Ofen gebraten worden, bis die ganze Flüssigkeit verschwunden war, das schmeckte auch sehr gut. Also, das Hauptgericht war nicht weiter der Rede wert. 
Dann kam der Nachtisch: Mein Gatte hatte Cornish Fudge & Clotted Cream Ice Cream with Shortbread, das war eine Art Sahneeis mit Toffee, eine ziemliche Menge und sehr lecker. Ich hatte was ganz was Gutes: Steamed Yorkshire Rhubarb Sponge mit custard. Der steamed Pudding war ein super saftiger kleiner Kuchen, der wohl irgendwie in irgendeinem Dampf (steam!) gewesen war. Darauf befand sich eingekochter Rhabarber. Dazu wurde eine dicke, köstliche Sahnesauce mit echtem Vanille gereicht. Guuut! Nachdem ich ungefähr die Hälfte gegessen hatte, konnte ich nicht mehr.
Was haben wir für diese Fressorgie hingelegt? Mit zwei großen Flaschen Mineralwasser und zwei Bier ziemlich genau 100 Pfund.
Als wir aufstanden, waren wir pappsatt.
Wenn wir uns in dieser Gegend befinden, gehen wir normalerweise noch gerne in einem der Buchläden an der Charing Cross Road stöbern. Dort gibt es Geschäfte, die gebrauchte Bücher verkaufen, und schöne Filialen von Foyles und Blackwell's. Nach diesem Essen war uns nicht danach. Wir liefen weiter und mussten beide feststellen, dass wir uns überfressen hatten. Die Austern, die frittierten Fischeier, der in Butter gebackene Fisch, der angereicherte Kartoffelbrei, die sahnige Nachspeise... überrascht es jemand? Ja, wir sind nicht mehr die Jüngsten, wir vertragen nicht mehr so viel Fett. War aber gut. Wir fuhren dann gleich nach Hause und machten ein Mittagsschläfchen. Ist das Restaurant empfehlenswert? Hmhm, ja. Ist es für Familien mit kleinen Kindern geeignet? Ich habe am Sonntag keine kleinen Kinder gesehen und ich denke auch nicht, dass es das ideale Restaurant für kleine Kinder ist, aber unwohl fühlen werden sie sich dort auch nicht - und die Chitterlings werden sie bestimmt lieben! Würde ich wieder hingehen? Dagewesen, abgehakt, würde ich sagen, aber Ideen mitgenommen, nämlich den Salat (siehe oben) und meine Nachspeise (noch nichts diesbezügliches unternommen).