Interessant sind ja immer die Meinungen der Betroffenen vor Ort. In unserer Online-Lokalzeitung haben 73 Leser den Streik und die Demonstration heute mittag kommentiert. Ich gebe Euch hier mal ein paar Meinungen auf Deutsch wieder:
1. Der Kommentar mit den meisten Likes zur Demonstration: Die meisten Demonstranten waren unpolitische Studenten, die von den Erhöhungen der Studiengebühren, den Kürzungen der Stipendien und dem Mangel an Perspektiven am Arbeitsmarkt die Nase voll haben. Die Leute von den Gewerkschaften haben sich mit ihren Fähnchen vorne dran gestellt. So fühlen sie sich stark. Als würden wir ihnen folgen ...
2. Der nächste Kommentar in Großbuchstaben: Die Gewerkschafter haben sich vor die Studenten gestellt! Schamloses Pack! Der Streik ist gescheitert. Mit unseren Steuergeldern müssen wir die Gewerkschaften finanzieren.
3. Die Anarchogewerkschaft hatte zu dieser Demonstration aufgerufen! Die Studenten sollten schon schauen, hinter wen sie sich stellen!
3. Mein Sohn hat gestreikt wegen der Studiengebühren. Ich habe dieses Jahr für ihn 1600 Euro bezahlt. Da hätte er mal früher streiken sollen.
4. Die ganze Demonstration hat nach Marihuana gestunken (muss stimmen, das haben mehrere Kommentatoren geschrieben).
5. Du Clown! Besser es riecht nach Marihuana als nach Faschist. Du bist ja anscheinend zufrieden mit der Situation!
6. "Anarcosindicalismo" ("Anarchogewerkschaften") stand auf dem Plakat. Was soll denn das bedeuten? Ich bin für den Streik, aber das will ich nicht. Eine Schande!
7. Ich verurteile die politische Kaste, die uns in die Krise geführt hat, ich verurteile die Gewerkschaften, die sich nur um ihr eigenes Wohlbefinden kümmern.
8. (In Großbuchstaben:) Warum habt ihr die Gewerkschafter denn nicht verjagt? Habt ihr Schiss?
9. Was ist denn die Lösung für die Krise? Wo waren die Gewerkschaften denn, als Zapatero dran war? Klar, da habt ihr die Hand aufgehalten und Subventionen kassiert.
10. Wie viele Faschisten kommentieren hier eigentlich? Ihr hockt zuhause, wir kämpfen für eure Rechte. Es lebe der Kampf der Arbeiterklasse.
11. Argumente: Ihr sagt, mit dem Streik erreicht man nichts, aber wenn wir was erreichen, dann habt ihr genauso den Nutzen. 8-Stundentag, 5-Tagewoche, Arbeitslosengeld (es folgt eine lange Aufzählung), das haben alles die Gewerkschaften erkämpft.
12. Man hat das Gefühl, ihr seid stolz darauf, keiner Ideologie anzugehören. Ihr wollt nur billig studieren!
13. Die Taxifahrer fordern immer unsere Solidarität. Heute haben sie alle gearbeitet. Geier!
14. Mit dieser privilegierten Politikerkaste kommen wir nie aus dem Tränental. Es gibt hier zu viele Faschisten. An alle, die Rajoy gewählt haben: Es geschieht Euch recht!
15. Hört auf mit dem Streik, geht nach Hause, heute abend spielt die Nationalmannschaft. Wir wollen Fiesta!
16. Alles, was die Arbeiterklasse erreicht hat, radiert diese Regierung einfach aus. Reagiert endlich!
17. An alle, die die Arbeiter nicht unterstützen: Macht doch eure Scheißlädchen auf solange ihr noch könnt. Vielleicht seid ihr eh bald pleite. Ich werde die Läden, die heute offen hatten, in Zukunft boykottieren. Euch ist es egal, dass mein Lohn gekürzt wurde, mir ist es egal, wenn ihr zusperren müsst. Clowns, Faschisten!
18. Die regieren seit einem Jahr und es geht uns schlechter, wir sind am Arsch. Was hat diese Regierung für das Volk getan? Nichts, nichts, nichts.
19. Uff, was für ein Tag. Ich habe gar keinen Zweifel daran, dass der Streik ein Erfolg war. Ich habe gestreikt und habe den Tag zum Einkaufen genutzt: Kleider, Lebensmittel für den ganzen Monat, die Läden waren ja alle offen. Dann habe ich das Auto zur Revision in die Werkstatt gebracht. Ich bin erschöpft. Glückwunsch an die Gewerkschaften.
20. Da waren mehr als 10.000 Demonstranten.
21. 5000 (das schreibt auch die Lokalzeitung)
22. 500, ich habe sie gezählt.
23. Was wollt ihr denn? Wenn heute Wahlen wären, würde Rajoy wiedergewählt.
24. Jaja, die Beamten sind schuld, die trinken den ganzen Tag Kaffee.
25. Man kann eine Regierung unterstützen, wenn die Dinge besser werden, aber es ist doch alles schlechter geworden! Außer für die privilegierte Kaste. Seid doch realistisch, bitte!
26. Was soll das Volk denn machen? Die Regierung stranguliert uns, wir lassen die Hosen runter.
Usw., usw.
Typische Stimmen aus Spanien.
Was habe ich gesehen? Es war ziemlich ähnlich wie beim letzten Generalstreik im Frühjahr, die Beteiligung war deutlich geringer. In unserem Ort war "normalidad absoluta", alles war wie an jedem gewöhnlichen Werktag, ich habe nur zwei Babberle mit 14N (14. November) gesehen. Ansonsten fasse ich kurz zusammen, was ich auch schon letztes Mal geschrieben habe, nämlich hier klicken, da kommt Ihr zu meinem ausführlicheren Eintrag zum Generalstreik im Frühjahr. Alle Geschäfte waren offen, wenige Kunden waren da. Im Industriegebiet mit den vielen Zufahrtsstraßen business as usual. Im anderen Industriegebiet, auf dessen Zufahrtsstraßen beim letzten Mal morgens Autoreifen angezündet worden, standen dieses Mal nur Streikposten. In der Uni waren ungefähr die Hälfte der Professoren und Studenten da, habe ich mir sagen lassen. Bei den Demonstrationen waren wieder überraschend viele Leute.
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