Sonntag, 29. Mai 2011

Die Lage auf dem spanischen Arbeitsmarkt - ¿Hasta cuándo?

Als ich vor drei, vier Wochen in Spanien beim Aldi an der Kasse stand und bezahlen wollte, kam eine Frau herein und fragte die Kassiererin, ob sie ihren Lebenslauf / eine Bewerbung abgeben dürfte. Sie durfte. Ich fand das ein bisschen unpassend und peinlich.
Als ich das nächste Mal bei Aldi war und an der Kasse stand, gab die Frau, die vor mir war, beim Bezahlen der Kassiererin einen Lebenslauf. Die Empfängerin überflog ihn kurz: "Du hast in Hotels gearbeitet?", "Ja, die lassen mich einen Monat unentgeltlich als Zimmermädchen probearbeiten, dann entlassen sie mich wieder. Das mache in Zukunft nicht mehr."
Während ich meine Einkäufe einpackte, kam ein Pärchen herein. Beide gaben der Kassiererin eine Bewerbung. Da fand ich es schon schockierend. Man wird sich daran gewöhnen müssen.
Es handelt sich bei diesen Lebensläufen um ein mit dem Computer gestaltetes DIN-A4-Blatt, oben in der rechten Ecke ein Farbfoto, der kurze Lebenslauf hübsch gegliedert.
Mein Sohn erzählte mir von einem Bekannten, der jeden Nachmittag durch die Industriegebiete läuft und überall seinen Lebenslauf abgibt.
Was soll denn das? Wie verzweifelt müssen die Menschen sein ... Wie lange soll das noch so gehen? = ¿Hasta cuándo?

Donnerstag, 26. Mai 2011

M., Bilder aus Deinem Zimmer

Morgens, kurz vor neun. Der Charme einer Jugendherberge ...

Alle Regale sind leer geräumt. Vor dem Ausräumen haben wir von jedem einzelnen Regalbrett ein Foto gemacht, damit wir alles wieder genau so einräumen können, wie es vorher war.

Ein Stündlein später: Die Maler haben die Möbel abgedeckt und Defekte im Verputz korrigiert.

So, die Wand, an der vorher die Regale standen, ist fertig gestrichen. Zum Thema Wandfarbe gibt's mehr in einem späteren Post.

Wo ist denn der ganze Plunder? Hier, im Master Bedroom. Klingt doch viel besser als Elternschlafzimmer, oder? Wir freuen uns auf ein 5000-Teile-Puzzle, wenn wir alles so wieder einräumen wie's war. Juhuu!

Die Renovierung unseres Hauses IV: Christo und Jeanne-Claude waren da

Erinnert sich noch jemand an die Beiden? Die den Reichstag verpackt haben? Und jetzt auch unsere Möbel?

Montag, 23. Mai 2011

Schauspiel am Himmel

Ich habe gerade am Telefon erzählt, wie toll der Himmel aussah, fünf Minuten vor dem Gewitter, aber besser als alles Beschreiben ist natürlich ein Bild:


Das spanische Schulsystem II oder El fracaso escolar

In Spanien wird das Konzept „Gemeinsamer Schulbesuch bis zum sechzehnten Lebensjahr“ konsequent umgesetzt. Meine Kinder sind in Deutschland (Bayern), Spanien und den USA in die Schule gegangen, ich hatte also Gelegenheit, verschiedene Schulsysteme zu erleben und glaube deshalb, mir ein gewisses Urteil erlauben zu dürfen. Das spanische System ist das Schlechteste. In den USA gehen Kinder mit unterschiedlichem Potenzial zwar gemeinsam zur Schule, sie haben aber die Möglichkeit, je nach Neigung und Leistungsfähigkeit unterschiedliche Kurse zu besuchen. In Spanien ist diese Möglichkeit nicht gegeben.
Die natürliche Neigung der Kinder ist jedoch, als Störenfried mit den anderen Störenfrieden abzuhängen und als Streber mit den Strebern (vereinfacht ausgedrückt). Kinder, denen das Lernen schwer fällt, wollen nicht mit Überfliegern in einer Klasse sein und frustriert mitanschauen, wie der Banknachbar nach einem raschen Blick ins Buch verstanden hat, worum es geht, während sie selbst für die gleiche Übung Stunden brauchen.
„Gleich und gleich gesellt sich gern“, sagt der Volksmund und ich kann aus eigener Anschauung Folgendes berichten: Ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr das war (am spanischen Schulwesen wird ununterbrochen herumgedoktert, alles ist in ständigem Fluss, was heute gilt, muss morgen schon nicht mehr gelten), als für die Klasse meines Sohnes die Möglichkeit bestand, zwischen Mathe-Werkstatt und Französisch zu wählen. Ich glaube, es war in der siebten Klasse. Da mein Sohn gerne Mathe machte, wollte er die Werkstatt wählen. Zusätzlichen, interessanten Unterricht, in dem die, dies nicht interessiert, einfach mal nicht dabei sind. Falsch gedacht. In die Mathe-Werkstatt gingen die, die in Mathe schlecht waren. Die Mathe-Fans gingen in Französisch. Gleichzeitig wurde eine Klasse mit katholischem Religionsunterricht gebildet und eine Klasse ohne (die Schüler hatten in dieser Stunde frei). Eine tolle Chance, die die Kinder sofort erkannten und wahrnahmen, bot sich: Französisch und Reli = Klasse mit guten, fleißigen Schülern. Die Lehrer lobten diese Klasse, die sich gebildet hatte, als die Schüler ein winziges Fenster hatten, um sich zu sortieren. Dieses Fenster wurde natürlich mittlerweile wieder geschlossen.
Es ist einfach entsetzlich, wenn man alle bis zum sechzehnten Lebensjahr zusammensperrt und ihnen Unterricht knapp unter Gymnasialniveau erteilt: die, die nicht mitkommen, sind im besten Fall still und frustriert, im schlimmsten Fall stören sie. Die, denen alles zufliegt, langweilen sich, weil der Lehrer soviel Zeit damit verbringen muss, Ruhe in die Klasse zu bringen. Die, denen der Unterricht in etwa gerecht würde, kriegen nicht viel mit, weil die Störer stören und die Lehrer meckern. Als mein Sohn in der 6. Klasse war, entschuldigte sich sein Lehrer bei mir: Er könne leider nichts dafür, aber er müsse mehr als die Hälfte der Unterrichtszeit dafür aufwenden, für Ruhe zu sorgen. Ungelogen. Diesen Lehrer hatte er drei Jahre lang (war kein besonders schlechter Lehrer, Durchschnitt, würde ich sagen). Mein Sohn saß jahrelang täglich ein paar Stunden da und wartete, bis der Unterricht vorüber war. Was hätte man in dieser Zeit alles lernen können.
In keinem anderen Bereich käme man auf den Gedanken, die unterschiedlichsten Menschen mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten zusammenzusperren. Man stelle sich vor, hundert Kinder müssten in vier Fußballmannschaften eingeteilt werden: Fünf sind Leistungssportler, fünf gehen an Krücken, zehn haben keinen Bock auf Fußball und würden lieber Handball spielen, fünf wünschen ihre Mannschaft zu sabotieren, zehn sind fleißig und talentiert, zehn sind fleißig und unbegabt, zehn sind schlecht und faul, der Rest ist Mittelmaß.
Eine Kommission wird einberufen, die darüber entscheiden soll, wie man am besten Mannschaften bildet, in denen die Spieler möglichst glücklich sind und möglichst optimal gefördert und auf die Welt des Fußballs vorbereitet werden. Herausragende Experten werden konsultiert, die Geschichte des Fußballs wird studiert, Franz Beckenbauer und Pep Guardiola werden an die Spitze der Kommission berufen. Nach Jahren das Ergebnis: In Mannschaft A spielen die Katholischen, in Mannschaft B die Evangelischen, in Mannschaft C die, die sich dem Islam zugeneigt fühlen und in Mannschaft D die, die mit Religion nichts am Hut haben. Ein Aufschrei: Gettobildung!
Die Kommission tritt erneut zusammen. Jahre später ein neues Ergebnis:
In Mannschaft A spielen diejenigen, deren Namen mit einem Buchstaben von A bis F beginnt, in Mannschaft B spielen die von G bis M und so weiter.
Meiner Meinung nach darf man sich das hiesige Schulwesen in etwa so vorstellen (mit dem Unterschied, dass in der Kommission keine wirklichen Experten sitzen würden, sondern Gewerkschafter und die Verwandten von irgendwem).
Harte Worte, werdet Ihr sagen, aber mir fallen momentan keine härteren ein.
Ja, me he despachado a gusto.
Selbstverständlich würde ich dies alles nicht laut und persönlich sagen. Ich verstecke mich hinter der Anonymität des Blogs. In Spanien reden alle vom „Fracaso escolar“, dem Scheitern der Schule und der Schüler, aber wenn man sagen würde, dass man bei der Bildung der Klassen oder beim Verteilen auf Schulen die Leistungsfähigkeit der Schüler berücksichtigen sollte, würde man gleich als „Facha“ (sprich: Fattscha) gelten, als Faschist, als extrem Rechter, der die naturgegebene Gleichheit aller Menschen in Abrede stellt. Und man gilt doch lieber als „Progre“ (sprich: Progreh).
Vor einer Weile kam von Regierungsseite der Vorschlag, die allgemeine Schulpflicht bis auf das achtzehnte Lebensjahr auszudehnen. Es folgte ein Aufschrei der Lehrer, die sagten, sie könnten angesichts der vielen Untersechzehnjährigen, die in der Schule scheiterten, sowieso kaum unterrichten und das Letzte, was das System bräuchte, wären Sechzehn- bis Achtzehnjährige, die gegen ihren Willen in der Schule festgehalten würden. Daraufhin verschwand der Plan gleich wieder in der Versenkung.

Sonntag, 22. Mai 2011

Die Proteste in Spanien

Ich war gestern bei der Veranstaltung in unserer Studentenstadt mit ihren 170.000 Einwohnern. Es waren etwa 100 Leute da. Fast alle jung. Ich war vor drei Tagen schon einmal da, da waren es ein paar mehr und auch mehr Ältere. Die meisten der jungen Menschen saßen da und lernten eifrig. Ein paar Mädchen waren Studentinnen der Krankenpflege (ja, das ist in Spanien ein Studium und wer sehr fleißig ist und Glück hat, wird irgendwann mal verbeamtete Krankenschwester). Die Jugend in der Ausbildung befindet sich nämlich mitten in der Prüfungszeit. Da gestern der Tag vor den Kommunal- und Regionalwahlen, der „Tag des Nachdenkens“, war, an dem keine Propaganda gemacht werden darf, war es ziemlich ruhig. Auf einem Plakat stand: „Silencio! Wir denken nach!“ Lustig.
Wogegen wird protestiert? Ich habe in einer deutschen Online-Zeitung gelesen, es würde gegen irgendwelche Reformen protestiert. Das stimmt nicht.
- Protestiert wird unter anderem gegen die Perspektivlosigkeit bei einer Jugendarbeitslosigkeit von über 45 %. Die jungen Menschen werden als „generación perdida“, als „verlorene Generation“ bezeichnet. Das ist inakzeptabel.
- Gegen Korruption
Unter den Kandidaten, die für die heutigen Kommunal- und Regionalwahlen aufgestellt wurden, befinden sich, wie ich gehört habe, 110 Menschen, die offiziell der Korruption beschuldigt werden. Ihre Chancen gewählt zu werden, verringern sich dadurch nicht, weil die Wähler davon ausgehen, dass alle gleich korrupt sind, nur die einen wurden eben erwischt, die anderen noch nicht.
- Gegen den Mangel an Demokratie
Man hat das Gefühl, die Ratingagenturen und Wall Street sowie die spanischen Banken würden anordnen, wie Spanien zu regieren sei (Rentenalter, Rechte der Arbeitnehmer usw.) und Angela Merkel gibt auch noch ihren Senf dazu (weniger Feiertage für die Spanier, effizienter arbeiten etc.)
- Und gegen weitere diverse Kleinigkeiten wie die Tatsache, dass über eine Million Wohnungen leerstehen und nicht verkauft werden können, während die jungen Menschen bei ihren Eltern und in Wohngemeinschaften wohnen müssen, weil diese Wohnungen zu teuer für sie sind und weil sie aufgrund der Lage am Arbeitsmarkt keine Familien gründen können.
Es wird also gegen das ganze System protestiert. Auf manchen Plakaten ist zu lesen: „Ich bin nicht gegen das System, das System ist gegen mich.“
Es waren gestern etwa 100 Leute da. Ich habe die Menschen auf einem Viertel des Platzes gezählt und das waren um die 25. Auf dem Platz nebenan war ein Junggesellenabschied im Gange, da war deutlich mehr los. Wie viele Leute hier gewesen wären, wenn Belén Esteban sich die Ehre gegeben hätte, mag ich mir gar nicht ausmalen. Wer ist Belén Esteban, werdet Ihr Euch jetzt in Deutschland fragen. Belén Esteban ist „la princesa del pueblo“, „die Prinzessin des Volkes“. Fragt nicht.
45 % Jugendarbeitslosigkeit, dazu diejenigen, die unbezahlte Praktika machen, die in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen stecken, weil es sonst nichts gibt – mein Sohn erzählte von einem Freund, der sechs Tage die Woche je zehn Stunden in einer Gaststätte in der Küche arbeitete und dafür 500 Euro bekam. Ich sagte: „Na, das sind mehr als 8 Euro die Stunde, das ist doch gar nicht so schlecht.“ Mein Sohn antwortete mir: „Es sind doch 500 Euro im Monat!“
Dazu kommen diejenigen, die Fächer „sin salida“, ohne Zukunftsperspektive, studieren. Ich wollte jetzt ein paar dieser Fächer aufführen, aber es sind eigentlich fast alle. Die Leute studieren um des Studierens willen, denn eine gute Bildung ist heutzutage und hierzulande Garantie für gar nichts.
In Salamanca gilt es als Erfolg, nach einem abgeschlossenen Studium der spanischen Philologie oder der Rechtswissenschaften die Beamteneinstellungsprüfung für Gefängniswärter zu bestehen und dann als ebensolcher in eine hunderte von Kilometern entfernte Stadt geschickt zu werden.
Ja, Ihr meint jetzt, ich würde gegen Spanien schimpfen. Nee. Ich erzähle nur von kleinen Missständen / Mistständen. Solange Spanien die Füße unter den europäischen Tisch streckt, muss eben gemacht werden, was Mutti Merkel und der IWF sagen. Ich finde es aber erschütternd, dass gestern nur so wenige Menschen da waren. Ich glaube, die Bewegung 15-M wird sich bald wieder in Wohlgefallen auflösen (meine Zukunftsprognosen sind aber erstaunlicherweise (denn manchmal müsste ich ja zufällig rechthaben) fast immer falsch, es besteht also Hoffnung). Im Radio (Cadena Ser) hörte ich ein Interview mit einem Sprecher der Bewegung, das ganz gut lief, bis der junge Mann auf dem Puerta de Sol-Platz sagte: „Wir werden hier bleiben, bis wir unser Ziel erreicht haben.“ und die Reporterin fragte: „Was ist denn euer Ziel?“ woraufhin er ins Stottern geriet. Man wird sehen. Es bleibt spannend.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Das spanische Schulwesen I

Wie Ihr wisst, macht unser jüngster Sohn in diesem Jahr in Spanien Abi. Eines der angebotenen Fächer war "Weltliteratur" und als Literaturfreund ließ er es sich nicht nehmen, dieses Fach zu wählen. Umfangreiches Privatwissen sollte selbstverständlich kein Anlass für gute Schulnoten sein (Chancengleichheit!), aber manchmal sollte es vielleicht doch das eine oder andere Pünktchen extra geben (Spässle, natürlich sollte es das nicht). Jedenfalls wurde das Thema "Russischer Realismus" behandelt und da durfte auch Alexei Tolstoi, der Autor unter anderem von "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina", nicht unerwähnt bleiben.

Bitte beachtet Punkt 4.1
Der Geburtsort ist auch falsch geschrieben
Mein Sohn, dessen Mutter ein Tolstoj-Fan ist und der kurz zuvor das Werk "Kindheit, Knabenalter, Jünglingsjahre" auf dem Couchtisch hatte liegen sehen, wagte zu fragen: "Heißt der nicht Leo oder Lew mit Vornamen?" Dem Lehrer, der die staatliche Erlaubnis zum Unterrichten des Fachs "Weltliteratur" auf Abitur-Niveau hat, war dies nicht bekannt. Er versprach, sich kundig zu machen, kam aber nie mehr auf das Thema zurück. 
Karl-Heinz Mann (der Autor der "Buddenbrooks", ej), der ein Bewunderer Tolstojs war, würde sich im Grab umdrehen. Wer sich für das Lehrbuch interessiert, hier ist eine Abbildung, es ist für 32,40 Euro im spanischen Buchhandel erhältlich. 
Titel: Literatura Universal (+ CD), Bachillerato
Autoren: Arevalo, Ayala, Duran, Lopez, Martin
Verlag: Casals
ISBN: 978-84-218-4030-6

Dieses Buch hat sechs Autoren

Mittwoch, 18. Mai 2011

Renovierung unseres Hauses III: Der Tüncher / Maler ist da

Ja, er ist da. Gerade jetzt, in diesem Moment ist er da und es ist schon der dritte Tag seiner Anwesenheit. Am Tag bevor er kam, überlegte ich mir kurz, ob ich in lähmende Panik verfallen sollte (oh nein, der wird meine Möbel / den Fußboden zerkratzen / zerstören, einen unsäglichen Dreck machen wie der Stuckateur, diese Wildsau ... und ich kann nichts dagegen tun. Ich bleibe einfach still hier sitzen und füge mich in mein Schicksal) oder in hektischen Aktionismus und Sachen von A nach B tragen sollte, alles raus (die Aktion begann in unserem Schlafzimmer), Kommode ausräumen, Kommode raus, Bilder abhängen, Nachtkästchen ausräumen? raus? Bett verrücken? Gardinen ab? Teppich raus? wohin? sonst soll doch auch überall gestrichen werden? ins bad? in den begehbaren kleiderschrank? in einkinderzimmer?badausräumen?begehbarenkleiderschrankausräumen?wäschekorbrauswohininskinderzimmerdamusserdochauchstreichenirgendwasirgendwoabhängenhinlegenhintragenumräumenplatzmachen....
Aber dann dachte ich: Der Handwerker, der zu uns kommt, streicht ja nicht zum ersten Mal ein Haus, in dem jemand wohnt. Der kommt jeden Tag zu irgendwelchen hysterischen Tussen, die Angst haben, dass er Schäden anrichtet und die nicht wissen, was aus dem Weg geräumt werden muss und was nicht. Und er kann ja nicht jeden Tag die Aufregung seiner Auftraggeber teilen, wenn er doch eigentlich nur in aller Ruhe den Pinsel schwingen will. Der Gedanke, dass wir einen erfahrenen Tüncher ausgewählt haben, beruhigte mich dann. Und noch mehr beruhigte mich der Gedanke, dass der Mann über zwanzig Jahre in der Schweiz getüncht/gemalt hat und dass sein großer Geschäftserfolg darauf beruht, dass er in Spanien Schweizer Wertarbeit leistet.
Er nahm seine Tätigkeit bei uns auf, indem er mit einem Kollegen die (halb geleerte) Kommode und das Bett (von dem ich das Bettzeug und die Matratzen entfernt hatte) in die Zimmermitte rückte, die (oben drauf leergeräumten) Nachtkästchen ins Kinderzimmer trug usw. und alles sorgfältig mit Plastik abdeckte. Na also, geht doch. Als ich dann nach einer Weile ins Schlafzimmer schaute und die Decke und die Wände so frisch leuchteten, da war das doch ein tolles Gefühl und ich war froh, dass ich das Anstreichen lassen in Angriff genommen habe. 

Samstag, 14. Mai 2011

Zum Muttertag

Letztes Jahr habe ich zum Muttertag mein erstes Handy bekommen. Da ich es im Januar schon wieder verloren hatte, habe ich heuer zum Muttertag Folgendes bekommen:


Einen immateriellen Vermögensgegenstand, den ich nicht verlieren kann.
Wir hatten zwei meiner Nichten, die hier studieren und am Muttertag nicht nach Hause fahren konnten, zum Mittagessen eingeladen und mein Gatte und meine Buben halfen mir, ein schönes Essen für uns alle zu kochen. Mancher mag daran nichts Besonderes finden und daran, dass meine Söhne sich in der Küche nützlich machen, ist auch nichts Besonderes, aber meinen Gatten dazu zu bringen, ein paar Zwiebel zu schneiden, ist normalerweise unmöglich und nach 24 Ehejahren versuche ich das auch gar nicht. Am Muttertag standen wir aber alle zusammen einträchtig, zufrieden und in guter Stimmung in der Küche und schnippelten vor uns hin. Mir hat das riesigen Spaß gemacht. Es war ein herrliches Muttertagsgeschenk, das ich ganz sicher nicht verlieren, sondern unter „Beiträge zu meinem großen Glück“ in meinem Herzen bewahren werde. Danke!

Samstag, 7. Mai 2011

Impressionen aus unserem Garten



Azalee und Stiefmütterchen
 

Ich finde diese Kombination aus schrillem Pink, frischem Grün, elegantem Weiß und edlem Königsblau toll. 
  
Morgentau - Freudentränchen auf der Rhododendronblüte

Donnerstag, 5. Mai 2011

Cinco de Mayo


Gestern war ich mit meinem jüngsten Sohn im Supermarkt und wir sprachen darüber, was heute auf den Tisch kommen soll. "Morgen ist Cinco de Mayo", erinnerte er mich. Er kennt diesen Feiertag aus unserer Zeit in New York, dort ist der "Cinco de Mayo", deutsch der "Fünfte Mai", eine ziemlich große Sache, so, wie das Chinese New Year oder Saint Patrick's Day.
Wir waren beide im Glauben, es handelte sich um den mexikanischen Nationalfeiertag, den Tag der Unabhängigkeit von Spanien. Nicht, dass wir einen Grund für diese Annahme hatten, es war einfach das Nächstliegende. P. hat sich jetzt aber mal kundig gemacht und herausgefunden, dass an diesem Tag an eine Schlacht erinnert wird, in der die Mexikaner die Franzosen!!! besiegten. In Mexiko ist es nur ein lokaler Feiertag in Puebla, aber in den USA ist es der Tag, an dem die Mexikaner gefeiert werden bzw. sich feiern.
Zum gemütlich Rumsitzen und Futtern ist eigentlich jeder Anlass recht. P. braucht es auch besonders, er macht dieses Jahr sein Abitur und hat logischerweise zur Zeit richtig viel Stress.
Wir kauften ein Burritos-Kit von Old El Paso und einen Beutel Guacamole-Mix und machten heute ein TexMex-Mittagessen. Wir mögen nichts Scharfes und obwohl ich die Version "mild" gewählt hatte, musste ich alles strecken. In die Fleischsoße gab ich noch 200 g gekochte weiße Bohnen (und P. sagte trotzdem, dass er es scharf fand!), vom Guacamole-Mix verwendete ich nur die Hälfte der auf der Packung angegebenen Menge. Zum Blattsalat und den Tomaten, die in die Burritos gerollt werden, gab ich noch eine Menge frischen Koriander. Frischer Koriander ist ein Gewürz, das in Mexiko reichlich verwendet wird. Außer den vorgeschriebenen Sachen und dem Koriander rollten wir noch milde rohe Zwiebelwürfelchen in die Burritos. Lecker! Fehlten nur noch die mexikanischen Fähnchen und ein bisschen Mariachi-Musik (und der/die eine oder andere Mexikaner/in, haha) . ¡Feliz Cinco de Mayo!


Dienstag, 3. Mai 2011

Lunes de Aguas (Wassermontag) und Hornazo (Wurstpastete)

In Spanien, in der Stadt Salamanca, gibt es einen kuriosen Feiertag und zwar den Lunes de Aguas, den Wassermontag, der am ersten Montag nach dem Ostermontag gefeiert wird. Er hat folgenden Ursprung: Ab dem 16. Jahrhundert war es Prostituierten verboten, sich während der Fastenzeit in der Stadt aufzuhalten und wehrlose Männer in Versuchung zu führen. Sie wurden an das andere Flussufer gebracht und dort von einem Priester, dem Padre Putas, beaufsichtigt. Am zweiten Montag nach Ostern wurden sie unter großem Hallo auf bunt geschmückten Booten zurück in die Stadt gebracht. 
Noch heute haben am Nachmittag dieses Tages in Salamanca alle frei und die Geschäfte sind geschlossen. Man begeht das Fest, indem man sich mit Freunden und Verwandten am Ufer des Tormes, auf Wiesen, in Parks oder privaten Gärten trifft und den traditionellen Hornazo isst. Im Radio hat eine Bäckerei damit geworben, dass sie das berühmte Gebäck für heimwehkranke Salamantinos in ganz Spanien verschickt. Die meisten Leute kaufen die Wurstpastete, denn die Herstellung ist ziemlich aufwe/ändig. Ich habe ein Rezept, das mir eine liebe Freundin gegeben hat, die bei einer berühmten salmantinischen Familie Köchin war, also ein 1A-Rezept, superlecker, aber nur für erfahrene Hausfrauen geeignet. Wer bei der Beschreibung denkt: ach, den Hefeteig, den mache ich in der Brotbackmaschine/Thermomix/so, wie die anderen 10.000 Hefeteige, die ich schon gemacht habe, der möge sich dran wagen, alle anderen ... sollten es sich überlegen.
Also, das Rezept, das mir Mari Carmen gegeben hat, lautet wie folgt: Man benötigt für den Teig 1 Kilo Mehl, 200 g Schweineschmalz (für diejenigen, die in Spanien sind: manteca de cerdo ibérico, ich hatte es im Supermarkt bei der Butter gesucht, aber dann im Wurstregal gefunden), 200 ml Weißwein, 2 + 1 extragroße Eier (oder 3 + 1 mittelgroße), 2 Päckchen Hefe und Salz. Für die Füllung etwa 9 etwa 0,5 cm dicke Minutensteaks vom Schwein (9 filetes de lomo), Chorizo in 0,5 cm dicken Scheiben (unterschätzt die Menge nicht, die ihr braucht), Schinken (jamón serrano) in dünnen Scheiben und drei hartgekochte Eier.
Okay. Wie geht's? Vom Schweineschmalz gibt man ein wenig in eine Pfanne und brät darin die Minutensteaks (filetes de Lomo). Anschließend brät man noch die dicken Chorizoscheiben und die dünnen Schinkenscheiben und nimmt sie aus dem Fett. Im nun ziemlich roten Fett in der Pfanne schmilzt man den Rest des Schweineschmalzes. Nur schmelzen, fertig.
Mari Carmens Rezept lautet wörtlich wie folgt: Schmalz in die Backschüssel, Wein, Hefe und geschlagene Eier (die zwei extragroßen oder drei mittelgroßen) sowie Salz zugeben, umrühren. Nun so viel Mehl zugeben, wie der Teig fassen kann (hier kommt die Erfahrung ins Spiel), verkneten, aufgehen lassen (Tipp von mir: 30 Sekunden bei Vollgas in die Mikrowelle stellen, mit einem Küchentuch zudecken und 30 Minuten in der ausgeschalteten Mikrowelle aufgehen lassen), dann in zwei Teile teilen.
Ich habe jedoch für die Teigzubereitung meine Brotbackmaschine wie üblich benutzt. Die Teigmenge passte natürlich nicht auf einmal rein, also bereitete ich den Teig in zwei Portionen.
Also, nun wird der erste Teil des Teigs (deutlich weniger als die Hälfte) rund ausgerollt und mit dem Lomo, darauf Chorizo, darauf die gekochten Eier in Scheiben, darauf der Schinken belegt. Man lässt einen Rand, den man später zwecks Zusammenkleben mit dem Eiweiss eines dritten/vierten Eis bestreicht. Das sieht dann zwischendurch irgendwann mal so aus:


Dann wird ein weiterer Teil des Teiges ausgerollt, diesmal eine Idee größer als der erste Teil, und kommt als Deckel oben drauf, am mit Eiweiß bestrichenen Rand gut festdrücken. Aus einem weiteren Teil des Teigs Deko anfertigen und ebenfalls mit Eiweiß festkleben, alles mit dem übrigen Eigelb bestreichen, mit einer Gabel Löchlein hineinstechen. Im Ganzen ist es zu viel Teig. Ich habe den Rest eingefroren. Den kann ich mal zu einem Pizzateig dazu schmeißen.


So, nun kommt das "Kunstwerk" in den vorgeheizten Ofen und backt bei 180º für 30 bis 45 Minuten, bis es eben appetitlich aussieht.


Und so sieht es dann in der Sekunde, bevor man hineinbeißt, aus:


Dazu ein kühles Bier oder Wasser, ein paar Oliven, ein paar Mandeln (jetzt wollte ich gerade schreiben "und die Nutten können kommen", aber das lasse ich, glaube ich, doch lieber bleiben). Also, ¡Feliz Lunes de Aguas!  

Montag, 2. Mai 2011

WTF?!?

Bin ich die Einzige, die gleich an Emmanuel Goldstein in George Orwells Buch "1984" denken musste, als heute früh der Tod Osama bin Ladens verkündet wurde? Emmanuel Goldstein ist eine Hassfigur, von der man nicht weiß, ob sie lebt oder tot ist, ob sie je als die Person, als die sie beschrieben wird, existierte.
Und irgendwann, wenn alles andere in die Hose geht (Afghanistan, Irak, Libyen, Banken usw.), kann man die Hassfigur dann für tot erklären. Juhuu. Und alle schlafen ruhig. Heute rasen dann wahrscheinlich auch die Aktienkurse hoch. Mir soll's recht sein.
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Am I the only one who was reminded of Emmanuel Goldstein in George Orwells's novel "1984" when Osama bin Laden's death was announced this morning (or last night)? Emmanuel Goldstein is a hate figure and it is never known whether he is actually alive or dead or if he ever existed as the person as which he is described.
And at some point, when all else fails (Afghanistan, Iraq, Libya, banks, etc.), you can declare the hate figure dead. Hooray! And everybody can sleep better. On the news stock prices are probably going to rise today. Fine with me.