Mittwoch, 15. Juni 2011

Guilty pleasures – „Goodbye Deutschland! Die Auswanderer“ auf Vox

Diese Sendung ist zurzeit meine Lieblingssendung. Es werden Leute gezeigt, die irgendwohin „auswandern“ möchten, üblicherweise ohne Kenntnis der Landessprache, ohne Wissen über Land und Leute und mit einem völlig hanebüchenen Businessplan. Überraschenderweise scheitern diese Leute meistens. Dabei zuzuschauen ist interessant, denn das Experiment ist ja nicht wirklich gefährlich, in Deutschland wartet in Gestalt von Hartz IV ein alles verzeihender Vater, der die verlorenen Söhne und Töchter wieder mit offenen Armen aufnimmt.
Nachdem sie letzte Woche schon spannende Kandidaten hatten (eine junge Familie, die in Dänemark mit einem Angelsee für ihre bescheidenen Verhältnisse grandios scheiterte), gab es diese Woche wieder schöne Exemplare (nicht die Familie in Portugal, die sich mit harter Arbeit und mittlerweile auch Portugiesisch-Kenntnissen eine Surfschule aufbaut und dabei kleinere Scharmützel mit wohlwollenden Behörden erlebt. Die wird langsam langweilig. Die verdienen auch sicher viel mehr, als sie zugeben.).
Aber zum interessanten Teil der Sendung: eine junge Familie aus Sachsen, die bar jeden Vorwissens, erstaunlicherweise aber mit einem sicheren Job, nach Rio de Janeiro auswanderte. Ich hoffe mal, dass Baumann nicht ihr richtiger Name ist. Was waren das doch für naive Weicheier! Sie hatten einen Job! Warum haben sie nicht portugiesisch gelernt? Sie hatten eine Wohnung! Beteten aber zu Gott um eine bessere Wohnung. Was ist denn das für eine Religion, in der man hoffen kann, per Gebet zu einer schönen, großen, preiswerten Wohnung mit Blick auf’s Meer in einer Weltstadt zu kommen? Die katholische nicht, so erklären sich vielleicht auch die Favelas. Gott sollte für alles sorgen. Ich glaube, Familie „Baumann“ verwechselt Gott mit dem deutschen Sozialversicherungswesen. „Obwohl ich frist- und formgerecht gebetet habe, habe ich die Wohnung, auf die ich ein Anrecht zu haben glaube, nicht erhalten.“ Was für eine Mentalität schimmert denn da durch? (Sie haben es nicht wörtlich so gesagt, aber so gemeint.) Realer Sozialismus meets Pfingstbewegung.
Ich kenne viele Leute, die aus den verschiedensten Ländern in die verschiedensten Länder ausgewandert sind. Solche Geschichten, wie sie bei Vox gezeigt werden, gibt es dabei nicht.
Nicht jeder Lebensabschnitt im Ausland ist auch gleich mit „Auswandern“ gleichzusetzen. In unserer globalisierten Welt wird es doch immer häufiger, dass Menschen mal ein paar Jahre fern der heimischen Scholle verbringen. Und wenn sich der Rentner bei Pflegebedürftigkeit wieder in heimische Gefilde begibt, wer möchte es ihm verdenken.
Aber gut, hoffen wir, dass Vox noch viele von diesen untypischen Leuten findet und uns noch viele interessante Sendungen beschert (hoffentlich werden die Dummerle wenigstens gut bezahlt!)
Wen es entspannt, sich an der Blödheit anderer Leute zu laben – Dienstags 21.15 Uhr auf Vox.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen