Samstag, 8. Oktober 2011

Frische Ochsenschwanzsuppe - und ein paar Gedanken


Ich sah gestern beim Metzger einen wunderschönen Ochsenschwanz (etwa 1750 g). Obwohl ich eigentlich etwas anderes geplant hatte, nahm ich als alter Ochsenschwanzsuppenfan Letzteren mit nach Hause. Ich bereitete ihn auf folgende Weise in meinem großen Schnellkochtopf zu: Ich salzte und pfefferte die Schwanzstücke und briet sie in zwei Esslöffeln Olivenöl von allen Seiten schön braun an. Dann nahm ich sie aus dem Fett und briet zwei grob gewürfelte Zwiebeln, 4 in große Stücke geschnittene Gelberüben, 2 Stangen Lauch in Stücken, idem 1 rote Paprikaschote, 2 große, reife Tomaten und 2 gehackte Knoblauchzehen an. Ich würzte die Mischung mit 2 Lorbeerblättern, 6 Zweiglein frischem Thymian, 2 Teelöffeln süßem Paprika, 2 Teelöffeln Salz, 6 Nelken und 25 halben Umdrehungen Pfeffer und ließ sie kurz weiterbraten. Dann gab ich einen halben Liter Rotwein und eineinhalb Liter Wasser dazu. Ich brachte alles zum Kochen, dann kam das Fleisch wieder hinein. Ich schloss den Schnellkochtopf und ließ ihn 50 Minuten bei vollem Druck kochen. Dann dampfte ich ihn ab und holte die Fleischstücke, Lorbeerblätter und Thymianästchen wieder heraus und pürierte das Gemüse, damit die Suppe sämig würde. Ich rundete mit 3 Esslöffel Worcestershire-Sauce ab. Dann löste ich das Fleisch von den Knochen, schnitt es klein und gab es wieder in die Suppe. Lecker! Ich schätze mal, dass ich so zehn, zwölf Portionen hatte. Was übrig ist, kann man ja einfrieren. Oder als Sauce zu Kartoffeln, Nudeln etc. verwenden.
Mein Vater und mein Bruder essen auch sehr gern frisch gekochte Ochsenschwanzsuppe. Ich hätte ihnen gerne einen Teller gefaxt, aber das geht ja nicht. So weit ist die Technik noch nicht und der, dem ich am ehesten zugetraut hätte, eine Möglichkeit zu finden, Ochsenschwanzsuppe zu faxen, ist seit drei Tagen nicht mehr. RIP Steve Jobs.
Ihr meint, meine Erwartungen an technische Neuerungen seien zu hoch? Überlegt mal, was sich in den letzten Jahren getan hat. Ich erinnere mich an meine Kindheit: wir wohnten in einem dreistöckigen Haus. Im Erdgeschoss war der Friseurladen meiner Mutter, wo sich während der Öffnungszeiten das Telefon befand. Abends wurde das Telefon in den ersten Stock, wo sich die Wohnung meiner Oma befand, getragen. Dort stand es auf der abgerundeten Armlehne des Sofas, das am meisten benutzt wurde. Wir wohnten ganz oben, da gab es gar kein Telefon. Es wurde auch nicht sonderlich viel telefoniert. Ein Telefonat, Ortsgespräch, kostete 20 Pfennig, wir wurden so oft daran erinnert, dass ich es heute noch weiß.
Ein Gutes hatten die alten Telefonapparate: Der Hörer befand sich stets am Ende der Schnur. Man musste nie nach ihm suchen.
Manchmal stellten wir Überlegungen an, wie das wohl wäre, wenn man die Person, mit der man telefonierte, sehen könnte.
Heute habe ich ein I-Pad mit Skype, da kann ich auf der Terrasse sitzen - oder auf dem Sofa oder in der Küche, in England, Spanien oder Deutschland - und mit meinen Lieben im selben Dorf oder am anderen Ende der Welt sprechen, sie sehen mich und ich sehe sie und es kostet nix extra. Wenn uns damals jemand gesagt hätte, dass es irgendwann mal die Gelegenheit geben würde, mit so einem winzigen Kasten – es ist ja noch nicht einmal ein Kasten, es ist wenig mehr als ein Schulheft – durch leichtes Berühren mit den Fingerspitzen sekundenschnellen Zugang zum ganzen Wissen der Menschheit zu haben, in jede Straße schauen zu können (Google Earth!), durch Knopfdruck Seiten ausländischer Zeitungen sofortigst übersetzen zu lassen, ich hätte es nicht geglaubt. Ich hätte es für Hexerei gehalten.
Also, heute kann ich ihnen die Ochsenschwanzsuppe leider noch nicht faxen, aber für die Zukunft würde ich das Faxen oder Beamen von Ochsenschwanzsuppe nicht ausschließen. Ich werd’s aber wohl nicht mehr erleben.

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