Liebe Leser, wie ich Euch ein paar Einträge weiter hinten schon erzählt habe, habe ich einen kleinen Gedächtniskurs besucht. Dieser Kurs fand statt, weil eine Freundin einer jungen Psychologin, die gerade anfängt, ein bisschen Kundschaft zuschanzen wollte. Ohne jeden Enthusiasmus meldeten wir uns an, um unserer Freundin eine Freude zu machen. Unsere Erwartungen waren sehr niedrig, ich sah vor meinem geistigen Auge meine demente Oma im Altersheim, wie sie immer wieder ein Wollknäuel aufwickelte und richtete mich auf dieses Niveau ein.
Aber was dann geschah: Leute, von allen Unterrichtsstunden (denn am Ende war es nichts anderes), die ich in meinem über fünfzigjährigen Leben erhalten habe, zählen diese zu den nützlichsten, sie sind auf jeden Fall in den Top Ten. Ich bin vom Ergebnis begeistert, die nur drei Stunden, die wir bisher hatten, haben (zumindest für den Moment) mein Leben verändert. Wie ich Euch erzählt habe, hatte ich das Gefühl, langsam zu verblöden und insbesondere an Konzentrationsfähigkeit einzubüßen. Unsere junge Lehrerin erklärte uns nun, wie das Gedächtnis funktioniert, wie Aufmerksamkeit funktioniert etc. und dieses Wissen hat mir sooo viel gebracht, insbesondere das mit den Exekutivfunktionen, das ich vielleicht nicht einmal richtig verstanden habe, aber einfach zu wissen, dass das existiert... Sie hat uns praktisch eine Gebrauchsanleitung für unser Gedächtnis gegeben. Ich fragte sie: Wie kann denn das sein, dass so wichtige Dinge nicht in der Schule gelehrt werden? Die eine Kursteilnehmerin ist Ärztin. Ich fragte sie, ob sie das nicht alles im Studium gelernt hätte und sie sagte mir nein.
Okay, und wie äußerst sich das neue Wissen nun im richtigen Leben? Z.B.: Man läuft in den Keller und weiß unten nicht mehr, was man da wollte. Passiert mir. Wie funktioniert es? Man ist beim Kochen und denkt "ich brauche eine Dose Tomaten", speichert diese Info nirgendwo und macht sich auf den Weg in den Keller, denkt dabei "ach, ich muss Herrn Müller zurückrufen, ist das Wetter heute nicht schön?" und wenn man unten ist, weiß man, wenig überraschend, nicht mehr, was man dort wollte. Bisher ging ich dann wieder nach oben und dachte "na, es wird mir schon wieder einfallen", aber gestern blieb ich unten im Keller, ließ meinen Blick über meine Vorräte schweifen und da fiel mir wieder ein, dass es die Tomaten waren, die ich wollte. Beispiel 2: Einkaufszettel. Darüber gab es schon im Kurs eine Diskussion. Eine Teilnehmerin sagte, sie würde manchmal ihren Einkaufszettel vergessen und wäre dann im Laden völlig aufgeschmissen. Die Psychologin sagte: "Du solltest versuchen, ohne Einkaufszettel auszukommen." Das war in der ersten Stunde, wo unsere Erwartungen an sie eh bei null lagen und die Teilnehmerin ärgerte sich ein bisschen, weil die Praxis der alleinstehenden jungen Frau direkt über einem Supermarkt liegt, sie selbst aber weit ab der Zivilisation auf dem Land lebt und eine Familie zu versorgen hat und wenn sie vergessen hat, Milch zu kaufen, muss sie noch einmal eine halbe Stunde hin und eine halbe Stunde zurück fahren. Für mich persönlich war es so: ich hatte auf meinem Einkaufszettel Eier, Zwieback, Caesar-Salatsoße und Klopapier stehen. Ich erinnere mich jetzt noch, es ist ins Langzeitgedächtnis gewandert, haha. Welches Obst, Gemüse, Fleisch oder Fisch ich kaufe, entscheide ich im Laden, wenn ich sehe, was am schönsten ist und was im Angebot ist. Ich benötigte also diese vier Sachen und dachte mir "ach, ich probier' mal, ob ich sie mir merken kann". Konnte ich!!!!! Ich verblöde gar nicht. Und für den Fall der Fälle hatte ich ja den Zettel in der Tasche. Und das dritte und beste Beispiel: Ich bekam einen Auftrag, den ich in drei Tagen erledigen sollte. Einen schwierigen Auftrag, der hohe Konzentration erfordert. Da ich bereits genug zu tun hatte, wollte ich eigentlich nein sagen, aber dann dachte ich "ach komm, nimm die Herausforderung an (und die Kohle mit, haha)". Ich erledigte die Arbeit in zwei Tagen, was auch für einen zehn Jahre jüngeren Menschen eine reife Leistung gewesen wäre. Mein Auftraggeber konnte gar nicht glauben, dass ich das in zwei Tagen geschafft hatte, dass es überhaupt in zwei Tagen machbar war. Und das habe ich dem Mädchen und meinem wieder gewonnenen Selbstbewusstsein zu verdanken!!! Ich habe die Kohle für den Kurs mit dem einen Auftrag um ein Vielfaches wieder hereinbekommen. Ich habe mein Selbstvertrauen zurückbekommen und glaube nicht mehr, dass ich verblöde. Man muss sich geistig ein bisschen zusammenreißen (das sind die Exekutivfunktionen!). Fünfzig ist eben nicht dasselbe wie zwanzig. Als jüngerer Mensch hat man auch von allein wunderschönes Haar und später muss man, um wenigstens halbwegs genauso auszusehen, einen Haufen Geld beim Friseur lassen. Okay, hört auf zu lesen, es wird langweilig, ich schreib's aber noch rasch hin: die Exekutivfunktionen!!!!! Für mich ganz wichtig. Z.B.: Ich will für lieben Besuch ein fünfgängiges Menü mit einem Braten zubereiten. Wo fange ich? Ich bin überfordert. Jetzt, nach dem Kurs, denke ich: ich schalte die Exekutivfunktionen ein. Sie ermöglichen es mir, zielgerichtet zu arbeiten.
Ich fragte die Kursleiterin: "Was ist denn der Unterschied zwischen den Exekutivfunktionen und Disziplin?" Da wir viel zu wenig Zeit haben, konnte sie mir das nicht beantworten (es ist auf jeden Fall etwas anderes). Ich habe mir da aber selber Gedanken darüber gemacht und bin auf Folgendes gekommen: 1.) "Ich bin ein völlig undisziplinierter Mensch. Ich krieg' nichts gebacken. Das kann nichts werden, ich bin so, eine ziemliche Null." 2.) "Ich bin undiszipliniert und eine Null. Um diese oder jene Sache, die ich wirklich will, hinzubekommen, muss ich meine schwachen Exekutivfunktionen in den Turbogang schalten und alles aus ihnen herausholen, dann klappt das auch." Seht Ihr den Unterschied, den das Wissen um die Exekutivfunktionen bringen kann????? Ja, Ihr merkt es, ich bin von dem Kurs (völlig) begeistert und ich hoffe, dass wir die Kursleiterin dazu bringen können, weiterzumachen. Ich denke mal, sie hat noch mehr auf Lager, das unser Leben verbessern kann. Ich möchte auch jemandem einen Geschenkgutschein über zwei Stunden bei ihr geben, die Person weigert sich aber noch, diesen anzunehmen, ich weiß auch gar nicht, ob Psychologen Geschenkgutscheine ausgeben. Mir scheint, dieses Mädchen, das überhaupt nicht den Eindruck macht, ist als Life Coach Gold wert!
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