Samstag, 26. Oktober 2019

Kulinarische Lebenserfahrungen

Als ich so zwölf oder dreizehn war, erzählte eine Freundin, die im Urlaub in Jugoslawien gewesen war (gab's damals noch), dass sie dort Spaghetti mit Tomatensoße mit Thunfisch gegessen hätte. Was?!? Tomatensoße mit Thunfisch? Das war ja sensationell! Bei uns war Tomatensoße eine Einbrenn mit Zwiebeln, einem Döschen Tomatenmark, Wasser, Salz und Pfeffer. Und die taten dort noch Thunfisch rein? Wahnsinn. Wie schmeckt das wohl? Kann man das überhaupt essen? Passt das zusammen?
Als ich sechzehn war, waren wir mit der Schule in München und landeten auch bei Dallmayr. Der Eindruck, den dieses Geschäft auf mich machte, ist bis heute unvergessen. Und auf dem Viktualienmarkt aß ich zum ersten Mal frische Datteln, daran kann ich mich auch heute noch erinnern. Was es auf dem Viktualienmarkt alles gab, das man noch nie gesehen hatte, madre mía.
Später sah man die Kleinmarkthalle in Frankfurt mit ihrem beeindruckenden Sortiment, wunderschöne Märkte oder Käsegeschäfte oder Bäckereien in Paris, Fischtheken, Wurst- und Schinkenstände in Spanien, die Tapasauswahl in San Sebastian, die Lebensmittelabteilung von Harrods in London... und irgendwie tat es einem leid, dass man schon so viel gesehen und so viel probiert hatte und dass es immer weniger gegeben würde, das einen beeindrucken konnte und das erste Mal irgendwas gibt es auch immer nur einmal.  
Jedenfalls wurden uns die Lebensmittelabteilungen der großen Kaufhäuser in Tokio empfohlen. Was sollte es da schon groß geben? Wir hatte ja schon wunderbares Sushi gesehen und gegessen. Wie wollten die denn da noch eins draufsetzen? Aber gut, nicht wahr, schauen wir es uns halt an. 
Leute, mir ist die Kinnlade bis auf den Boden hinuntergefallen. Ihr könnt es Euch nicht vorstellen und ich kann es nicht beschreiben. Auf einer riesigen Fläche wird hier das schönste und das beste aus der ganzen Welt zusammengetragen, im wahrsten Sinne des Wortes. Bunte Macarons aus Paris werden feilgeboten, die Wiener Konditorei Demel hat einen Stand, Äpfel, so groß und so schön, wie ich sie noch nie gesehen habe. Meeresfrüchte und Fisch, roh oder zubereitet, gegrillt, mariniert, getrocknet, geräuchert, eingesalzen, gebeizt, paniert, in Tempura,  gebraten, gesotten, Fleisch... wir lachen, wenn es heißt, dass die in Japan Rinder haben, die Bier zu trinken bekommen und massiert werden, damit sich das Fett gut verteilt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das stimmt. Ich traue das den Japanern zu. Sie haben so wunderbares Rindfleisch. Es ist wie das Schweinefleisch von der iberischen Schweinerasse in Spanien und hat das Fett im Muskel verteilt. In dem besonderen Restaurant, von dem ich Euch erzählt habe, dem, in das wir mit dem Kleinwagen gefahren sind, dort haben wir drei gegrillte Rindfleischwürfelchen bekommen. Die waren so zart, die sind auf der Zunge zergangen. Wenn ich jetzt so dran denke... es kann gut sein, dass sich mir diese Rindfleischwürfelchen auch ins Gedächtnis eingegraben haben.
Die ganzen fertig zubereiteten Gerichte, die es im Kaufhaus gab... und alles so liebevoll hergerichtet und wunderschön und farbenfroh dekoriert. Es gibt sehr viele Angestellte, aber auch sehr viele Kunden. Wie toll sie alles verzieren... Die Bentoboxen... früher hätte man gesagt: schön wie gemalt, aber die Bentoboxen selbst sind Kunstwerke. Die Fotos im Internet können der Sache nicht gerecht werden, denn sie können immer nur einzelne Elemente zeigen und nicht die Gesamtheit, diesen riesigen Saal, in dem die besten Speisen aus der ganzen Welt zusammengetragen worden sind. Es war die Food Hall im Kaufhaus Isetan in Shinjuku. Diese Lebensmittelabteilungen sind ein absolutes Muss (und ich sage das nicht leichtfertig) für Foodies, die Tokyo besuchen. Plant genug Zeit ein, lasst lieber irgendeinen Tempel sausen. Wir hatten nicht so viel Zeit, wie ich mir gewünscht hätte. Ich hätte da problemlos mehrere Stunden verbringen können. Auf diesem Blog hier klicken gibt es Bilder (runter scrollen), mit denen man eine ganz flüchtige Ahnung davon bekommen kann, was es bei Isetan alles zu futtern gibt.

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