Montag, 30. November 2015

Die Hausfrau auf Facebook (bis Kapitel 3)

Facebook, die erste: Ja, Leute, ich habe mich gestern auf Facebook angemeldet und ich komme überhaupt nicht damit zurecht. Ich habe ein schönes Foto von mir ausgewählt, Stonehenge als Hintergrund gewählt (ein Ort, der mich fasziniert, vielleicht schreibe ich irgendwann mal was drüber) und ein paar Freunde gesucht. Die erste, die ich gefunden habe, war meine Nichte (eine meiner Nichten). Ich fragte an und sie wurde auch gleich meine Freundin. Ich habe A. sehr gerne. Schon als Kind schrieb sie Briefe und war bestrebt, die weit verstreut lebende Familie zusammenzuhalten. Nun hat sie selbst eine wunderbare Familie mit lieben Kindern und einem guten Mann... und so weiter. 
Als nächstes erschien unerklärlicher- und überraschenderweise der Name eines Freundes meines Sohnes aus Kindertagen. Ich hatte dieses Kind sehr gemocht und war mit seiner Mutter befreundet, also schickte ich ihm eine Freundschaftsanfrage. Er antwortete mir gleich und schon hatte ich zwei Freunde. Dann fand ich noch eine Freundin aus meiner Jugend, dann kamen natürlich noch ein paar Freundinnen aus dem hier und heute dazu und ein paar Bekannte, deren Name willkürlich erschien oder mir vorgeschlagen wurde.
So. Nach ein paar Stunden war meine Facebook-Seite mit politischen Botschaften des Kindheitsfreundes meines Sohnes überschwemmt, verbunden mit der Aufforderung am soundsovielten soten einen Bus zu besteigen und gegen eine Sache zu demonstrieren, die mich überhaupt nicht interessiert. Also, diese Aufforderung erging nicht an mich, sondern an die Menschheit im Allgemeinen, aber auf meiner Facebookseite. Hmhmhm. Und nicht nur seine Botschaften landeten bei mir, sondern auch die all seiner gleichgesinnten Bekannten. Dazwischen standen Produkt- und Geschäftsempfehlungen meiner Freundinnen, bei denen ich auch nicht weiß, wie ich mich korrekt verhalten soll, denn teilweise weiß ich, dass hinter den Empfehlungen der Wunsch steht, werktätigen Menschen zu helfen. Gewürzt war das Ganze mit Fotos von Bekannten von Bekannten, die ich nicht kenne. So hatte ich mir mein Facebook nicht vorgestellt.
Ja, und vorhin hat dann ein Herr, den ich ebenfalls nicht kenne, meine Freundschaftsanfrage, die ich nie an ihn gerichtet habe (da ich ihn ja nicht kenne, ne?) positiv beschieden. Auf seinem Profilbild sind zwei ernst dreinschauende Buben auf einer Schaukel zu sehen. Es werden seine Kinder oder Enkel sein. Jetzt will ich ihn aber auch nicht entfreunden, damit er nicht traurig ist. Ich kenne den Typ doch gar nicht. Er ist 1970 geboren, also sind die Kinder im Alter von etwa 6 und 8 wohl nicht seine Enkel. Keine Ahnung. Er gibt nicht viel von sich preis. Ich werde ihn wohl entfreunden müssen. Aber nicht aus bösem Willen, sondern weil ich einfach keine Ahnung habe, wer er ist!
Dem Kindheitsfreund meines Sohnes bleibe ich in Freundschaft verbunden, aber ich habe seine Botschaften abbestellt. Dann will ich auch nicht die Fotos von Bekannten von Bekannten, wie kann ich denn die verhindern? Ich brauche noch einmal Hilfe. Andere Leute haben doch auch ein schönes, persönliches Facebook mit Freunden, die sie kennen...
Facebook, die zweite: Aha, mein Sohn hat mich gestern weiter in der korrekten Nutzung von Facebook unterwiesen. Man hat quasi zwei Seiten, also man hat zwei Seiten, ohne quasi. Eine ist die Seite, die alle Leute sehen, da ist nur das drauf, was man selber hochlädt (scheint mir) und dann hat man noch eine Seite, die sogenannte Startseite, wo alles drauf ist, was die Freunde hochladen. Ahaaaaaa...... Da gibt es gerade eine kleine Diskussion zum Thema Kinderbildung, ein Thema, das mich interessiert.
Dann hatte ich noch eine Freundschaftsanfrage von einer Bekannten, über die ich mich sehr gefreut habe, weil ich es gar nicht gewagt hätte, sie um ihre FB-Freundschaft zu bitten. Und dann hat noch eine Freundin aus dem richtigen Leben meine Bitte um FB-Freundschaft erfüllt. Das ist der Stand der Dinge. Froh und zufrieden mit dem Facebook. Jetzt ist nur die Frage: wenn ich mich an der Kinderbildungsdiskussion (In welchem Alter sollen Kinder das Lesen lernen?) beteilige, erscheint dann die ganze Diskussion auf meiner Seite, die die Freunde sehen?
Den unbekannten FB-Freund habe ich entfreundet ("Da wird er sehr traurig sein" sagte mein Sohn. "Partir, c'est mourir un peu." Aber ich glaube, das war nur Spaß, das wird dem Typen wurscht sein, oder?), den Freund meines Sohnes werde ich wieder abonnieren, wenn es mengenmäßig nicht überhand nimmt, denn es ist schon interessant,  was die jungen Leute denken. So, das war's für heute. Tschüssli.
Facebook, die dritte: Ich raff's nicht. Ich kapiere den Sinn von Facebook nicht. Gestern hat mich mein ältester Sohn zum Thema beraten. Facebook ist dazu da, mit Freunden in Kontakt zu bleiben, das ist schon klar. Ich dachte, man schreibt da einfach, was einem so durch den Kopf geht, so, wie hier im Blog, und lädt irgendwelche Bilder hoch, die einem gerade passend erscheinen. Zum Beispiel: "Ich habe meine Weihnachtsdeko angebracht, guckt sie Euch an. Gefällt sie Euch?" Das ist nicht der Sinn von Facebook, sagte mein Sohn, das kommt auf Pinterest. Aber für Pinterest ist mein Zeug nicht schön und ungewöhnlich genug.
Und dann ist noch Folgendes: Ich habe da diese Freundin, die in die Kategorie "Frauen, die ich bewundere" fällt, und die - ebenso wie den ganzen Rest ihres Lebens - ihre Tiefkühltruhe wunderbar organisiert hat. Davon erzählt sie gerne und oft: "Ich habe da zwei Kilo Fleischklösschen gemacht und eingefroren", "Käse wickele ich so und so ein, da hält er sich besonders gut", was weiß ich, interessante Sachen und wenn sie die im Freundeskreis erzählt, hören ihr die Frauen immer gerne zu. Also sagte ich zu ihr: "Lade doch mal deine gesammelten Tiefkühltips bei Facebook hoch, damit wir alle was davon haben." Das hat sie natürlich nicht gemacht. "Sehr richtig, das gehört da nicht hin", sagte mein Sohn. "Das gehört auf eine spezifische Website, die sich mit Haushaltstips beschäftigt." Okay, ne? "Wenn du Bilder von deiner Tiefkühltruhe hochlädst und Tips gibst, wie man am besten Käse verpackt, dann denke die Leute: Was hat denn die für ein langweiliges Leben?" sagte mein Sohn. Ich selbst käme niemals auf die Idee, dass das Leben von Menschen, die sich über die Verpackung von Käse zwecks Tiefkühlung im Haushalt Gedanken machen, notwendigerweise langweiliger ist als das Leben von Menschen, die sich vor dem Opernhaus in Sidney fotografieren lassen oder die drachenfliegen. Und überhaupt: Was ist denn ein langweiliges oder interessantes Leben? Dies ist Euch bestimmt auch schon passiert: Man spricht mit jemandem, von dem man denkt, dass er ein gutes, oder zumindest normales Leben hat, aber dann jammert er die ganze Zeit und beschwert sich. Da kann man manchmal echt nur den Kopf schütteln. Meine Meinung: Ein zufriedener Mensch wird sein Leben nur selten als langweilig empfinden, auch wenn es nach außen so scheinen mag.
Tip meines Sohnes: Bei den Bildern, die man hochlädt, sollte es sich um Bilder von Reisen oder mit Freunden handeln. Ts. Okay, ne?
Weiter: Die politischen Messages... pfffffffffffffffffff, jeder Couleur. Und eine Erkenntnis: Arbeiter haben migrationshintergründige Freunde (im Sinne von Türken etc., nicht im Sinne von Franzosen oder Japanern), Professoren nicht. Arbeiter sind gegen die Flüchtlingsflut, Professoren nicht. Wenn man es sich recht überlegt, ist das auch logisch: Jeder kann Regale einräumen, aber nicht jeder kann über Wolfram von Eschenbach referieren. Dem einen können sie gefährlich werden, können sie nahe kommen, dem anderen nicht, weder am Arbeitsplatz noch im Wohngebiet. Autsch, ne?
Kennt Ihr dieses Video von Marine Le Pen? Auch auf Facebook gefunden. hier klicken, mit deutschen Untertiteln.

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