Unser Hotel befindet sich im Stadtteil San Antonio, dem ältesten Teil der Stadt. Das Haus, in dem mein Sohn wohnt, ist ganz in der Nähe. Wie nah, das fanden wir gleich am ersten Abend heraus: Er hatte uns bis in unser Zimmer begleitet, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war, dann ging er. Mein Gatte kramte sein Handy hervor und schrieb ihm eine WhatsApp: Melde dich bitte, wenn du zuhause bist. Umgehend kam die Antwort: Bin schon zuhause.
Was geschah also heute? Als erstes frühstückten wir. Das Büffet sah sehr spärlich aus, aber man backte uns Eier nach Wunsch, Rühreier mit allem Möglichen oder Spiegeleier oder was das Herz begehrte, und die kleingeschnittenen Früchte waren köstlich, die beste Ananas, die ich je gegessen habe, und saftige, süsse Papaya. Anschliessend zeigte uns unser Sohn seine Unterkunft. Sie liegt in einem alten, bunt bemalten Haus mit einem wunderschönen Innenhof. Wenn es einem beim Spazierengehen gelingt, einen Blick in das Innere der Häuser in diesem Stadtteil zu werfen - oder wenn man z.B. in ein Restaurant schaut, von denen es hier viele gibt, sieht man, dass es in den meisten solche Innenhöfe mit Brunnen und üppigen Pflanzen gibt. Schön!
Aber zum Haus, in dem mein Sohn wohnt: Es hat ein Wohnzimmer einschliesslich Schrankwand mit Bibliothek und Essecke, das alle benutzen können, eine Büroecke mit Wifi und einem Kühlschrank mit Getränken sowie weitere gemeinsame Einrichtungen, die ich nicht gesehen habe. Sein Zimmer ist sehr einfach. Ich konnte in Echt aus dem Fenster blicken, aus dem er mich schon per Skype hatte blicken lassen und sah den Strassenverkäufer, der dort Avocados verkauft, den ich auch schon seine Waren anpreisen gehört hatte, während ich mit ihm skypte.
Nachdem wir die Unterkunft unseres Sohnes gesehen hatten, streiften wir durch diesen schönen alten Stadtteil Richtung Innenstadt. Was sind hier für Leute unterwegs? Cali hat 2,4 Millionen Einwohner, von denen 25 % Afrokolumbianer sind. Von den Armen, die irgendwo in Ecken lagen und schliefen, waren alle schwarze Männer mittleren Alters. Europäisch aussehende Weisse gibt es nicht viele/wenige/kaum. Touristen sieht man auch nur ganz wenige, aber dazu später mehr. Wir liefen also Richtung Zentrum, überquerten eine stark befahrene Strasse und kamen zu einem Platz, wo wir das erste Mal mit den Ständen mit Essen Bekanntschaft machten. Was es da alles für herrliche Früchte gab! Und alles schön geschält und portioniert. Mein Sohn kaufte ein Stück Ananas, das natürlich wieder köstlich war. Die Ananas, die sie hier haben, sind kleiner als die bei uns und unvergleichlich viel besser. Warum wird bei uns dieser Schrott verkauft? Der Unterschied ist wie der zwischen einer reifen, sonnenwarmen, frisch gepflückten Fleischtomate und einer Holland-Tomate. Man könnte die kolumbianischen Ananas doch mit dem Flugzeug nach Europa bringen. Naja, gut, vielleicht gibt es sie ja auf dem Viktualienmarkt oder in irgendwelchen Feinkostläden. Eine Scheibe kostet hier so 15 Cents.
Also, weiter ging's. Die Stadt ist nicht besonders schön, das kann man gleich mal so sagen. An den Strassen des Zentrums entlang stehen Unmassen von kleinen Ständen, an denen Sonnenbrillen, Handyhüllen und was weiss ich was noch für ein Plunder verkauft wird - und natürlich Früchte ohne Ende. Schliesslich kamen wir an einen Platz voller hoher Palmen, der war ganz hübsch. Er heisst Plaza de Cayzedo, dort steht der Justizpalast. Unser Sohn führte uns in einen Buchladen. Bevor wir morgen zu einer Kaffeeplantage fahren, haben wir das Buch "María" von Jorge Isaacs zu lesen, das dort spielt. Es ist ziemlich dick, ich glaube nicht, dass wir das schaffen werden. Es ist ein herausragendes Werk der romantischen lateinamerikanischen Literatur des 19. Jhs. Vor der Reise nach Cartagena ist "Liebe in den Zeiten der Cholera" von García Márquez zu lesen, das ist, glaube ich, machbar. So, weiter ging's zur Kirche La Ermita, einem Nachbau des Ulmer Münsters in hellblau und weiss und in klein. Sie wurde 1942 errichtet. Fotos folgen (hoffentlich!). Wir gingen hinein in die Kirche. Dort waren ganz schön viele Leute und beteten. Es lief sehr angenehme Musik, nämlich moderne spanische Kirchenlieder, interpretiert von Panflöte und Orchester. Totally Zen. Ich schaute mich um, ob sie irgendwo die CDs verkauften, taten sie aber nicht. So, weiter ging's am Fluss Cali entlang, der in diesen Tagen ein schmutziges Rinnsal tief unten in seinem Bett ist, in der Regenzeit aber ein grosser, kräftiger Fluss. Die Grünanlagen entlang des Flusses mit ihren riesigen Bäumen werden irgendwo als friedlichste Gegend der Stadt beschrieben. Wir überquerten den Fluss und kamen in einen Park, wo wieder Früchte und Säfte feilgeboten wurden und mein Sohn kaufte mir einen Saft, der lecker war und Lulada hiess. Er wird aus Früchten gemacht, die auch auf Deutsch Lulos genannt werden. Weiter ging's zu einem etwas gehobenen Einkaufszentrum, wo unser Sohn uns ein Geschäft mit hochwertigen Lederwaren zeigen wollte. Dort schauten wir uns auch einen Supermarkt an. Es gäbe soviel zu erzählen! "Hier kaufen Leute aus der oberen Mittelschicht, die in der Umgebung auf dem Land wohnen," erklärte mein Sohn. Im Parkhaus, das man durchqueren musste, um zum Supermarkt zu kommen, standen viele SUVs. Auffallend: Keine Mercedes, keine Audis. Schon draussen auf den Strassen war mir aufgefallen, dass man hier nur sehr, sehr wenige deutsche Autos sieht. Die meisten sind Toyotas, Kia, Nissan, Chevrolets, auch Renaults usw. Ich verstehe von Autos nichts, nur seit unser Fahrer in Kambodscha so grosses Interesse an Automarken gezeigt und ich mich gewundert hatte, dass die Marken des Exportweltmeisters dort nur in Form von uralten Mercedes vertreten waren, achte ich darauf. Egal.
Anschliessend überquerten wir wieder den Fluss Cali, in dem sich ein Armer badete, und zwar an einer Stelle, die vielleicht zwanzig Zentimeter tief war. Ts.
Wir waren jetzt wieder im Barrio San Antonio, wo wir zu Mittag essen wollten. Unser Sohn führte uns in ein modernes, vegetarisches Restaurant, in dem sich auch alternative Touristen befanden.
Anschliessend hielten wir in unserem Hotel Siesta. Um achtzehn Uhr machten wir uns per Uber auf den Weg zum Festival Petronio, das der Musik, der Ästhetik und der Gastronomie der kolumbianischen Pazifikküste gewidmet ist. Vor dem Festivalgelände war wieder eine kilometerlange Schlange mit Essensständen, z.B. gegrillten Maiskolben, aber auch die berühmten Salchipapas, fritierte Hotdogs mit Pommes und mächtigen Saucen. Der Eintritt war kostenlos, Polizisten kontrollierten den Eingang. Die Besucher waren hauptsächlich Afrokolumbianer. Es gab mehrere riesige Bühnen mit Musik, zahllose (hunderte?) Buden, an denen typische kunstgewerbliche Artikel verkauft wurden, und natürlich auch unzählige Stände, an denen karibische Gerichte angeboten wurden, die man dann an langen Tischen in einer Art Bierzelt essen konnte.
Wir liefen herum und schauten uns alles an, hörten eine Weile einem Geschichtenerzähler zu und wollten dann zu Abend essen. Es gab zig Buden, wo Speisen verkauft wurden. Wir kannten die ganzen Gerichte nicht, es roch überall ein bisschen nach gebratenem Fisch (Pazifikküste!). Wie sollten wir uns entscheiden? An jeder Bude war der Name des Kochs und eine ziemlich lange Beschreibung seiner Motiviation angebracht. Das fand ich eine gute Idee. Die Kolumbianer beschriften für ihr Leben gerne. Die Verkäufer traten auf einen zu und versuchten, einem ihr Zeug aufzuschwatzen. Wir entschieden uns schliesslich für irgendeinen Stand. Der Verkäufer erklärte uns mehrfach, um was es sich bei den Gerichten handelte, die in seinen Pfannen schmurgelten, aber wir kapierten es nicht so richtig und forderten ihn auf, uns einfach von allem etwas auf einen Teller zu tun. So probierten wir auch zum ersten Mal Ceviche, das waren Krabben in einer kalten Sauce aus Tomaten, Zwiebeln, Koriander, etc. Das war gut, die anderen Sachen gingen so. Wir sind eben die kolumbianische Küche von A. und J. gewöhnt, die ist richtig gut. Nach dem Essen spazierten wir weiter über das Festgelände, das von ziemlich vielen Hilfspolizisten und auch Soldaten gesichert wurde. Wir betrachteten die Kleider, die geflochtenen Sachen und die übrigen künstlerischen Gegenstände, die da angeboten wurden, ebenso wie ein Likör, der angeblich so wie Baileys und für die Pazifikküste typisch ist. Es gab auch viele Stände, an denen afrikanische Flechtfrisuren gemacht wurden. Wir kauften nichts, was soll man denn mit dem ganzen Plunder, ausserdem habe ich schon etwas im Auge, was ich mir als Andenken mitnehmen möchte. Touristen waren, wie überall in Cali, keine da. Nur einmal sahen wir zwei und ich sagte zu meinem Sohn: "Guck mal, da sind wieder die alternativen Touristen von heute mittag im vegetarischen Restaurant." Mein Sohn entgegnete: "Nein, das sind sie nicht, die sehen bloss alle gleich aus." Hahaha. Die Abendluft war sehr angenehm und wir hörten ein Weilchen der afrikanischen Musik zu. Dann nahmen wir uns ein Taxi und wollten wieder zum Hotel fahren. Kurz vor der Ankunft dort verlor mein Sohn das Vertrauen zum Fahrer, weil dieser plötzlich die Richtung gewechselt hatte. Vielleicht hatte er sich einfach nur verfahren, aber man weiss ja nie, Kolumbien ist ein gefährliches Pflaster, wie man immer wieder aus berufenem und unberufenem Munde hört. Wir stiegen also aus und gingen zu Fuss weiter. Dabei kamen wir durch einen Park, der Loma de la Cruz heisst und den uns unser Sohn sowieso hatte zeigen wollen. Dort spielte Musik und viele Menschen tanzten. Mein Gatte sagte: "Sie haben nicht genug zum Leben, aber genug zum Tanzen." Das war ziemlich treffend, denn bei vielen Leuten fragt man sich: Haben die genug zum Leben? Dreihundert Euro scheinen hier ein normaler Lohn zu sein. Wir liefen zurück zum Hotel und fielen wie die Steine ins Bett und schliefen sofort ein. Um vier Uhr dreissig war ich wieder wach...
Anschliessend hielten wir in unserem Hotel Siesta. Um achtzehn Uhr machten wir uns per Uber auf den Weg zum Festival Petronio, das der Musik, der Ästhetik und der Gastronomie der kolumbianischen Pazifikküste gewidmet ist. Vor dem Festivalgelände war wieder eine kilometerlange Schlange mit Essensständen, z.B. gegrillten Maiskolben, aber auch die berühmten Salchipapas, fritierte Hotdogs mit Pommes und mächtigen Saucen. Der Eintritt war kostenlos, Polizisten kontrollierten den Eingang. Die Besucher waren hauptsächlich Afrokolumbianer. Es gab mehrere riesige Bühnen mit Musik, zahllose (hunderte?) Buden, an denen typische kunstgewerbliche Artikel verkauft wurden, und natürlich auch unzählige Stände, an denen karibische Gerichte angeboten wurden, die man dann an langen Tischen in einer Art Bierzelt essen konnte.
Wir liefen herum und schauten uns alles an, hörten eine Weile einem Geschichtenerzähler zu und wollten dann zu Abend essen. Es gab zig Buden, wo Speisen verkauft wurden. Wir kannten die ganzen Gerichte nicht, es roch überall ein bisschen nach gebratenem Fisch (Pazifikküste!). Wie sollten wir uns entscheiden? An jeder Bude war der Name des Kochs und eine ziemlich lange Beschreibung seiner Motiviation angebracht. Das fand ich eine gute Idee. Die Kolumbianer beschriften für ihr Leben gerne. Die Verkäufer traten auf einen zu und versuchten, einem ihr Zeug aufzuschwatzen. Wir entschieden uns schliesslich für irgendeinen Stand. Der Verkäufer erklärte uns mehrfach, um was es sich bei den Gerichten handelte, die in seinen Pfannen schmurgelten, aber wir kapierten es nicht so richtig und forderten ihn auf, uns einfach von allem etwas auf einen Teller zu tun. So probierten wir auch zum ersten Mal Ceviche, das waren Krabben in einer kalten Sauce aus Tomaten, Zwiebeln, Koriander, etc. Das war gut, die anderen Sachen gingen so. Wir sind eben die kolumbianische Küche von A. und J. gewöhnt, die ist richtig gut. Nach dem Essen spazierten wir weiter über das Festgelände, das von ziemlich vielen Hilfspolizisten und auch Soldaten gesichert wurde. Wir betrachteten die Kleider, die geflochtenen Sachen und die übrigen künstlerischen Gegenstände, die da angeboten wurden, ebenso wie ein Likör, der angeblich so wie Baileys und für die Pazifikküste typisch ist. Es gab auch viele Stände, an denen afrikanische Flechtfrisuren gemacht wurden. Wir kauften nichts, was soll man denn mit dem ganzen Plunder, ausserdem habe ich schon etwas im Auge, was ich mir als Andenken mitnehmen möchte. Touristen waren, wie überall in Cali, keine da. Nur einmal sahen wir zwei und ich sagte zu meinem Sohn: "Guck mal, da sind wieder die alternativen Touristen von heute mittag im vegetarischen Restaurant." Mein Sohn entgegnete: "Nein, das sind sie nicht, die sehen bloss alle gleich aus." Hahaha. Die Abendluft war sehr angenehm und wir hörten ein Weilchen der afrikanischen Musik zu. Dann nahmen wir uns ein Taxi und wollten wieder zum Hotel fahren. Kurz vor der Ankunft dort verlor mein Sohn das Vertrauen zum Fahrer, weil dieser plötzlich die Richtung gewechselt hatte. Vielleicht hatte er sich einfach nur verfahren, aber man weiss ja nie, Kolumbien ist ein gefährliches Pflaster, wie man immer wieder aus berufenem und unberufenem Munde hört. Wir stiegen also aus und gingen zu Fuss weiter. Dabei kamen wir durch einen Park, der Loma de la Cruz heisst und den uns unser Sohn sowieso hatte zeigen wollen. Dort spielte Musik und viele Menschen tanzten. Mein Gatte sagte: "Sie haben nicht genug zum Leben, aber genug zum Tanzen." Das war ziemlich treffend, denn bei vielen Leuten fragt man sich: Haben die genug zum Leben? Dreihundert Euro scheinen hier ein normaler Lohn zu sein. Wir liefen zurück zum Hotel und fielen wie die Steine ins Bett und schliefen sofort ein. Um vier Uhr dreissig war ich wieder wach...
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