Dieses Restaurant befindet sich in der Kensington Church Street, ein Stück westlich vom Hyde Park. Wer auf den Pfennig oder das Pfund achten möchte oder muss, ist hier falsch. Als wir dort vor zwei Tagen speisten, war gerade auch eine Cousine der Queen zu Gast (ich kannte bzw. kenne sie nicht, wurde aber darauf hingewiesen: "Heee, dort sitzt die Cousine der Queen", der Name fiel unserer Begleiterin allerdings nicht ein). Wir waren ja auch nicht zum Promi-Beobachten dort, sondern um uns angenehm zu unterhalten und um gut zu essen. Und was uns bei Clarke's serviert wurde, war überraschend gut: Ich hatte ein "Pancetta (Speck) and artichoke risotto with onion, celery, white wine, chestnuts, parsley und cavolo negro (dunkles Kraut)". Es war nicht mit Reis zubereitet, sondern mit Dinkel. Es war unglaublich cremig und würzig. Speck war nur ganz wenig dabei, ein paar knusprig gebackene Streifchen lagen oben drauf. Die Kastanien im Risotto waren eine perfekte Bereicherung. Die Konsistenz war genau richtig, dafür sorgte die ideale Mischung von Weisswein, Sahne und Gemüsebrühe. Ich würde 10 von 10 Punkten geben und das passiert bei mir nicht oft. Als zweiten Gang hatte ich ein "Grass fed Angus rib eye roasted with thyme, garlic butter and char grilled vegetables", also ein Steak mit Knoblauchbutter und gegrilltem Gemüse. Boah! Das Fleisch zerging auf der Zunge. Und war natürlich perfekt gebraten. Ziemlich roh, aber dieses Stück Fleisch schrie danach, genau so zubereitet zu werden. Die Knoblauchbutter schiebe ich normalerweise beiseite, in diesem Fall habe ich sie gegessen, sie passte einfach dazu. Auch hier 10 von 10 Punkten. Eigentlich wollten wir ja keine Nachspeise bestellen, aber dann taten wir es doch. Ich hatte einen "Sicilian style ricotta cheesecake with candied peel". Also, da muss ich sagen: ich backe meinen Käskuchen nach alter Mütter Sitte mit Magerquark und mein Käskuchen schmeckt praktisch gleich und hat auch die gleiche Konsistenz. Insofern war die Nachspeise für mich etwas enttäuschend, da es etwas war, was ich genauso zu Hause haben kann. Im Unterschied zu meinem hatte dieser Kuchen ein Teiggitter oben drauf und wurde halt allgemein schöner serviert, nämlich mit einem mit Puderzucker bestäubten Minzzweiglein obendrauf und mit einer Sosse aus verdünnter Orangenmarmelade.
Summa Summarum: Das Restaurant ist auf diese besondere Art, wie es viele "reiche" Leute mögen, schlicht. Es ist ruhig, gediegen und gemütlich. Es waren auch junge, aber keine sehr jungen Leute da. Für Familien mit kleinen Kindern ist dieses Restaurant ungeeignet, obwohl ihnen das Essen sicher schmecken würde. Pro Person muss man 45-50 Pfund rechnen, auch wenn man nur Wasser trinkt (wie wir es getan haben). Abends ist es noch deutlich teurer, habe ich mir sagen lassen. Zu den Preisen auf der Karte kommen 12,5 % Service charge hinzu. Würde ich wieder hingehen? Auf jeden Fall, mit meinem Gatten, wenn es etwas Besonderes sein soll, mit Besuchern, denen man beweisen möchte, dass englische Küche toll sein kann. In unserem Führer stand, dass die Küche "mediterran" ist. Das finde ich nicht, ich fand das Angebot durchaus englisch: beetroot cured Scottish salmon (mit roten Rüben gebeizter schottischer Lachs), Jerusalem artichokes (ein mir unbekanntes Wurzelgemüse), spring rhubarb sorbet (Rhabarber-Sorbet) ... das ist für mich alles nicht mediterran, aber mir scheint, dass mittlerweile "mediterran" zum Synonym für ordentlich zubereitetes Essen geworden ist.
P.S.: Auf der Speisekarte stand, dass die Besitzerin dieses Restaurants ein Kochbuch herausgegeben hat. Es ist im Laden gleich nebenan erhältlich. Ich begab mich also in den Shop, um das Buch in Augenschein zunehmen. Ich sagte zum Verkäufer: "Ich will es bestimmt nicht kaufen, ich will nur mal einen Blick reinwerfen" (auf Englisch, natürlich). Ich schaute kurz rein, setzte mich dann an ein Tischchen, um noch mal genauer reinzuschauen ... und verliess den Laden dann eben doch mit dem Buch. Ich werde Euch berichten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen