Montag, 6. Mai 2013

Römisches 5-Sterne-Resort in Bath? Kann das wirklich ausgeschlossen werden?

Wie Ihr wisst, haben wir in England allerhand Ausflüge und eine kleine Reise gemacht. Wir waren unter anderem in Bath und haben dort die berühmte römische Therme, die auch Pilgerstätte war, besucht. Dort gab es, wie immer, einen tollen Audioguide, der in diesem Fall sogar Preise gewonnen hatte. Dies ist das Hauptbecken der Therme, in dem sich Wasser befindet, das warm aus dem Boden geströmt ist.


Es gab viele Nebenräume, z.B. für Massagen und Dampfbäder, zum Umkleiden, etc., und weitere Becken, z.B. mit kaltem Wasser. Es gab auch ein Becken mit gemauerten Sitzen im Wasser. Der Audioguide erklärte, dass man an der Tatsache, dass sich im Wasser Sitze befänden, den kultischen Charakter dieses Beckens erkennen könnte. Ach was? Ich habe das Gefühl, dass die Archäologen oder Historiker oder wer auch immer da zuständig ist, umso häufiger "religiös", "rituell" und "Kult" sagen, je älter eine Sache ist und je weniger man über die genaue Nutzung weiß. Als ich das mit den Sitzen hörte, blickte ich zu meinem Sohn und sah, dass auch er überrascht drein schaute, er dachte anscheinend dasselbe wie ich. Das Wasserbecken mit den gemauerten Sitzen erinnerte uns nämlich an unseren Besuch eines 5-Sterne-all-inclusive-Resorts an der mexikanischen Pazifikküste. Ich beschreibe diesen besonderen Ort, der jährlich von Tausenden von Erholung suchenden Pilgern aus Mexiko und ganz Nordamerika aufgesucht wird, im Archäologendeutsch:
[...] Bei den Besuchern der Stätte handelt es sich um wohlhabende, aber nicht unbedingt mächtige Menschen. Auch wohlhabenden Sklaven ist der Besuch möglich. Es gibt verschiedene Pools, verschiedene Nebenräume und ein Wasserbecken mit gemauerten Sitzen, das für kultische Zwecke genutzt wird. Auf der einen Seite des Beckens steht sogar eine Art Altar, der den Göttern der Erfrischung und Entspannung geweiht ist. Hinter dem Altar steht ein Hohepriester oder Schamane, der, wie alle Mitglieder seiner Kaste, mit einem grellbunt gemusterten Hemd und Hosen aus grobem, blau gefärbtem Baumwollstoff bekleidet ist. Der Schamane versteht sich auf die Kunst der Zubereitung spezieller alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke, die in bestimmten Fällen geeignet sind, leichte Rauschzustände hervorzurufen, mit denen manche Pilger versuchen, die allgemeine Wirkung der Stätte zu verstärken. Der Altar steht, wie gesagt, im Wasserbecken, der Bereich hinter dem Altar, wo der Schamane steht, ist jedoch trocken. Eine Meisterleistung mexikanischer Baukunst! 
Bevor sich die Pilger in das Becken begeben, entledigen sie sich ihrer gewöhnlichen Oberbekleidung und schlüpfen in spezielle, rituelle Kleidung: Männer tragen kurze, weite, meist sehr bunte Hosen ohne Reißverschluss, Knöpfe und Fibeln, die Frauen sind fast nackt, nur ihre Scham wird durch kleine Stoffstücke bedeckt, ihre Brüste werden von Dreiecken gehalten, die auf komplizierte Weise mit Schnüren und Stoffstreifen befestigt werden. In unregelmäßigen Abständen salben die Pilger ihre Körper mit kostbaren Ölen, die der Abwehr böser Mächte dienen. Besonderer Wert wird auf die Salbung der Kinder gelegt.   
Wer möchte, holt sich eines der kultischen Getränke, die Namen wie Caipirinha, Mojito oder Piña Colada tragen, und setzt sich auf einen der gemauerten Sitze. Kinder erhalten Mischungen ohne Alkohol.  
Viele Pilger verbringen ganze Nachmittage an und in diesem Becken und wiederholen die Riten des Salbens, der Hingabe an den Sonnengott, des Erfrischens im kühlen Wasser und des Tranks kultischer Getränke in gewissen Abständen. [...]
Vielleicht haben die Römer damals in Bath ihre Therme ähnlich genutzt, oder?

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