Samstag, 13. Oktober 2018

Was ich heute nacht geträumt habe

Letzte Nacht habe ich Folgendes geträumt: Ich war in China (war ich noch nie) in einer Siedlung mit vielen gleichen, weißen, zweistöckigen Häusern, die um begrünte Innenhöfe angeordnet waren. Alles war sauber und gepflegt, in der Mitte einer Einfahrt wuchsen wunderschöne rote Rosen. Eine Frau, die mir irgendwie zugeteilt worden war, kümmerte sich um mich. Ich hatte keine nähere Beziehung zu ihr, sie war, im übertragenen Sinne, gesichtslos. Ich bemühte mich nicht herauszufinden, wie die Frau hieß oder wie die Straße hieß oder die Siedlung. Weiter ging es in einem riesigen Schwimmbad. Die Frau und ich lagen auf einem Stück Wiese mit Blick auf eine Straße wie in der Siedlung. Die Aussicht von unserem Platz aus prägte sich mir ein. Ich sagte nach einer Weile zur Frau: "Ich laufe ein bisschen herum und schaue mir alles an." Die Frau blieb zurück. Die Schwimmbadlandschaft war riesig groß, es gab normale Becken, Becken in ungewöhnlichen Formen. Meine Stimmung auf meinem Weg war neugierig und fröhlich. Es gab zum Beispiel eine kurze Wasserrutsche, die ich hinunterrutschte, eine große, komplizierte, auf die ich verzichtete, und eine mittelgroße, von der ich nicht mehr weiß, ob ich sie benutzte oder nicht. Es gab ein Becken aus weichem, weißem Kalkstein mit sehr flachem Wasser, nur ein paar Zentimeter tief, in das ich mich legte. Dann setzte ich meinen Weg über grobe Steine fort, ein beträchtlicher Teil des Schwimmbads war noch in Bau. Mir kam der Gedanke, dass ich mittlerweile nicht mehr wusste, wie ich an meinen Platz zurückkommen konnte, dass ich den Namen der Frau nicht kannte und keine Ahnung hatte, wie die Straße hieß, wo sie wohnte, dass ich kein Wort chinesisch sprach, dass es mir also langsam unmöglich wurde, zurückzufinden. Ich bedachte diese Tatsachen kurz und beschloss, dass mir dies egal war.
Ich kam zu einer Klippe, die mindestens fünfzehn Meter hoch war. Wenn man direkt hinunterschaute, blickte man auf eine Wiese. Etwas weiter weg war ein kleiner, Sumpf umstandener See. Ich entschied mich zu springen, aber im Sturz dachte ich, dass ich womöglich beim Aufschlag sterben, im besten Fall mir alle Knochen brechen würde, deshalb begann ich, mit den Armen zu rudern, Richtung kleinem See, in den ich problemlos eintauchte. Dies war eine angenehme Situation. 
Dann lief ich weiter, begegnete meinem jüngsten Sohn, was mich sehr glücklich machte, und ich ging ein Stück des Weges mit ihm. Dann war ich wieder allein. Ich kam an eine hässliche Treppe, von der Sorte, die man in irgendwelchen Ecken des Außenbereichs moderner Gebäude findet. Es roch nach Pisse. In einer Ecke stand ein dicker, chinesischer Junge und pinkelte. Ich lief die Treppe hoch und war wieder im hellen Sonnenlicht in der Schwimmbadlandschaft. Ich hatte keine Ahnung, wie ich wieder zur Frau zurückfinden könnte. Ich kannte ihren Namen nicht. Ich konnte mir auch kein Taxi rufen und zu ihrem Haus fahren, da ich die Adresse nicht kannte. Ich überlegte mir, dass ich im Notfall zur Polizei gehen und dort einfach warten könnte, bis jemand nach mir fragt.
Ich lief weiter über grobes Gestein und sah schließlich den Anblick, den wir von unserem Platz aus gehabt hatten, nämlich die Straße mit den Häusern. An mehr kann ich mich nicht erinnern.
Als ich aufwachte, fragte ich mich natürlich gleich, was dieser seltsame Traum wohl zu bedeuten hatte, denn solche Träume habe ich nicht oft. Es fiel mir sofort ein: Es war der Weg durch's Leben, mit seiner Unsicherheit, Unbekanntheit, aber immer wieder begegnen einem interessante Dinge, im Positiven wie im Negativen, meist im Positiven, Gott sei Dank. Man trifft ohne großes Abwägen riskante Entscheidungen (Sprung von der Klippe), begegnet vertrauten, wenngleich stinkenden Dingen (Treppe mit chinesischem Jungen)... alles in allem war es für mich persönlich ein interessanter Traum, deshalb habe ich ihn hier festgehalten. 
Viele Dinge lassen sich natürlich auch aus tatsächlichen Ereignissen erklären:
Im Sommer habe ich viiiel Zeit im Schwimmbad verbracht. Gestern habe ich mit meiner Schwägerin über die Gestaltung von Hofeinfahrten gesprochen. Die große, komplizierte Wasserrutsche erklärt sich durch die Erzählung meiner Nichte vor ein paar Tagen von der Sommerrodelrutsche im Schwarzwald, die ihr überhaupt gar keinen Spaß gemacht hatte. Das ganz flache Wasserbecken war wie die eine Ecke im Thermalbad in Kolumbien. Der See mit dem Schilf: Gestern ist mir beim Übersetzen das deutsche Wort Schilf nicht eingefallen. Im Wörterbuch fand ich Röhricht und Ried. Im Traum ist mir "Schilf" wieder eingefallen. Dass so viel von der Schwimmbadanlage noch in Bau war, erklärt sich sicher dadurch, dass man noch im Leben steht, dass es nicht vorbei und abgeschlossen ist. Die Tatsache, dass es mir so gleichgültig war, ob ich wieder zurückfinde, hat mit meiner allgemeinen Lebenseinstellung zu tun, nämlich mir zu überlegen, was im schlimmsten Fall passieren kann und wenn das nicht so schlimm oder bewältigbar ist, mir keine weiteren Gedanken zu machen. Oder so ungefähr. Das jedenfalls war mein Traum heute nacht, der mir echt was gebracht hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen