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Samstag, 18. April 2020

Tag 34 der Quarantäne

Ana, die Nachbarin unserer Nachbarin, hatte schon angefangen, die Tage rückwärts zu zählen. Am 26. sollte die Quarantäne enden. Jetzt verdichten sich die Gerüchte, dass sie bis zum 11. Mai verlängert wird. Morgen soll es offiziell verkündet werden. Und was kommt danach? Weiß man nicht. In Deutschland darf man wenigstens zum Sport und zum Spazierengehen raus, hier nicht.
Jemand hat mir erzählt, dass er erwägt, in den Zweitwohnsitz in unserer Siedlung zu kommen, wo er einen Garten hat und auch einen Heimtrainer. Gerade gestern ist aber verkündet worden, dass die Strafe für den Versuch, einen Zweitwohnsitz zu erreichen, 1500 Euro beträgt, falls man erwischt wird. Ich hatte der in Rede stehenden Person versichert, die Leute in unserer Siedlung würden garantiert nichts verraten, aber nachdem, was mir heute erzählt wurde, bin ich mir nicht mehr sicher: Eine Freundin in unserer Straße hatte ihren hochbetagten Vater, der allein in der Stadt lebte, für die Zeit der Quarantäne zu sich geholt. Einmal am Tag ging er mit seinem Rollator knapp 100 Meter weit spazieren, 100 Meter hin, 100 Meter zurück. Ein Anwohner beobachtete dies und beschimpfte ihn wüst: Verantwortungslose Menschen wie er seien daran schuld, dass wir alle eingesperrt seien. Danach traute er sich nicht mehr hinaus.
Die Karwoche ohne Prozessionen war unspanisch. Im Fernsehen wurden Prozessionen aus vergangenen Jahren übertragen. In der Nacht vom Gründonnerstag auf Karfreitag wurde die berühmteste aller Prozessionen, die Madrugada in Sevilla, von 2018 gezeigt. 
Die Sorge, ob es wohl regnet oder nicht, die die Teilnehmer in Salamanca fast jedes Jahr quält, hatten sie dieses Jahr nicht. 
Der Papst bei seinen Gottesdiensten fast allein im Petersdom. Diese Bilder werden sich einem auch ins Gedächtnis einprägen. 
Naja, wir versuchen, es uns zuhause so gemütlich wie möglich zu machen.
Am Karfreitag kochte ich die typische spanische Karfreitagssuppe: Stockfisch, Kichererbsen, frischer Spinat, Kartoffel und Rosinen. Da ich keinen Stockfisch hatte, verwendete ich Thunfisch aus der Dose, frischen Spinat hatte ich auch nicht, den ersetzte ich durch Tomaten, die Rosinen passten nun aber gar nicht mehr dazu und obwohl ich welche hatte, ersetzte ich sie durch eine rote Paprikaschote. Kichererbsen und Kartoffeln waren aber drin in meiner Potaje de vigilia. Das gekochte Ei obendrauf zur Deko hatte ich bloß vergessen.


Am Ostersonntag gab es einen Salat in Frühlingsfarben als Vorspeise: 


Mein Gatte sagte, ich solle nicht unsere Gesundheit in Gefahr bringen, um Lamm zu kaufen. Also taute ich eine Hirschkeule auf. Sie war wunderbar zart. Ich hatte sie im Le Creuset-Topf im Ofen zubereitet. 


Da wir auch keine Gelegenheit hatten, Ostereier zu kaufen, backte ich nach dem Rezept für fränkische Hausfreunde ein paar Plätzchen: Es ist Buttergebäck mit Marmelade und Marzipan gefüllt und mit Schokoguss verziert.


Ja, das hausgemachte Ostergebäck erklärt so manches: Als ich unser Bankkonto am Computer prüfte, stand da so ziemlich in der Mitte ein Posten 0,00 Euro, der mir noch nie aufgefallen war. Ich schaute genauer hin: Es waren die mit dem Kärtchen getätigten Ausgaben. Da steht nie 0,00. Es ist der 17. des Monats und wir haben noch nichts ausgegeben. Und wir sind sicher nicht die einzigen. Gut für die Wirtschaft ist das nicht.  

Donnerstag, 26. März 2020

Doch noch mal zum Thema Coronavirus in Spanien

In Salamanca bisher: 533 Fälle und 46 Tote. 27 Personen auf der Intensivstation. Bei der Anzahl der Toten kann Salamanca mit ganzen Ländern mithalten, mit Japan zum Beispiel, dort hat es einen Toten weniger gegeben. Der hohe Prozentsatz an Todesfällen erklärt sich dadurch, dass nur Leute mit besorgniserregender Atemnot überhaupt getestet und damit gezählt werden. Wenn man meint, man hätte sich den Coronavirus eingefangen, darf man nicht zum Arzt gehen, sondern muss eine Telefonnummer anrufen. Es ist schwer, durchzukommen. Man wird gefragt, welche Symptome man hat, und aufgefordert, zuhause zu bleiben und niemanden anzustecken. Sonst nichts. Fieber soll man noch messen. Falls man besorgniserregende Atemnot hat, wird man getestet. Viele Leute gesunden also zuhause wieder, ohne dass sie irgendjemand zählt. Jeder wie vielte hat denn Atemnot? Keine Ahnung. Ich habe gerade nachgeschaut: Die einfachste Möglichkeit die Anzahl der Infizierten zu schätzen, ist, die Zahl der Toten mal 500 zu nehmen. Das wären 23.000. In der Provinz Salamanca. Wahnsinn! Aus dem Krankenhaus hat man gehört, dass der Höhepunkt der Welle am Sonntag erreicht wird. 
Die Vorsichtsmaßnahmen, die auch wir in unserer Quarantäne ergreifen, werden immer extremer. Meine Nachbarin gegenüber hat zum Beispiel eine Lebensmittellieferung bekommen und jeden  einzelnen Artikel abgewaschen. Ich hielt das für sehr übertrieben, bis... bis ich heute folgendes gehört habe: Gestern kam ein junger Mann in die Apotheke, Fieber, Husten, die Apothekerin (Nuria) hinter ihrer Plexiglasscheibe war sich sicher, dass er das Virus hatte. Er brauchte schnell ein Medikament, um arbeiten gehen zu können. "Du solltest nicht arbeiten gehen," sagte ihm die Apothekerin. "Ich habe keine Krankmeldung, ich muss," sagte der junge Mann. Er räumt im uns nächstgelegenen großen Supermarkt Regale ein. Wenn ich denn also in nächster Zeit mal einkaufen gehe sollte, werde ich auch meine Waren abwaschen, denn sonst nutzt die schönste Quarantäne nichts.
C., meine Nachbarin zur Linken bzw. Rechten, je nachdem, von wo man schaut, hat heute erzählt, sie hätte für drei Monate Fleisch eingefroren.  
Es gibt in der Apotheke übrigens keine Fieberthermometer mehr und der Nachschub ist nicht sicher. Ich empfehle Euch also, Eure Thermometer zu überprüfen und nötigenfalls eins zu kaufen, solange es noch welche gibt. Aber bei Euch wird es bestimmt nicht so schlimm. Und ich habe gedacht, in unserem abgelegenen Teil der Welt wären wir sicher!!! Hahaha. Wir hatten auch schon einen ganz schönen Schrecken. Vielleicht finde ich Kraft, Euch bei Gelegenheit davon zu erzählen.
Mein ältester Sohn, der die Quarantäne mit uns teilt, hilft im Kampf gegen das Coronavirus, indem er mit dem 3-D-Drucker die oberen Teile für Gesichtsschutzschirme druckt. Andere befestigen noch Gummibänder und das durchsichtige Plastik daran. Freiwillige stellen pro Tag 400 dieser Schirme her. Die Polizei oder der Zivilschutz holt die Teile ab. Es ist schön, wenn man aktiv etwas tun kann. Nous sommes en guerre, wie Macron gesagt hat.

Mittwoch, 25. März 2020

Ach, es soll nicht so positiv sein?

Nachrichten vom Tage: In Salamanca 483 Fälle und 38 Tote, darunter eine 58-jährige Ärztin, die zuhause auf ihren Test wartete. 194 Erkrankte sind im Krankenhaus, davon 22 auf der Intensivstation. In Wirklichkeit gibt es ja viel mehr Erkrankte, denn die Leute, die meinen, sie wären infiziert, werden aufgefordert, daheim zu bleiben, solange es nicht schlimmer wird. Ich denke, es wird auch oft gar nicht schlimmer und geht von allein vorbei, diese Leute werden also gar nicht erfasst (meine Laienmeinung). Die in Salamanca am stärksten betroffene Gruppe sind Frauen zwischen 50 und 59. Ich nehme an, das ist wegen der Krankenschwestern und Ärztinnen. Die Ärztin, mit der ich befreundet bin und die, wie ihr Mann, erkrankt ist, hat erzählt, das medizinische Personal würde wie die Fliegen fallen, wie man im Spanischen so schön sagt.
Nachrichten aus Madrid: Es gibt dort vier Krematorien, die rund um die Uhr brennen. Bestatter holen die Toten nicht mehr ab, weil sie keine Schutzkleidung haben. Die Verstorbenen werden von Soldaten abgeholt und wenn man nicht mehr weiß, wohin mit ihnen, werden sie in einer Eissporthalle kühl aufgebahrt. So weit ist es schon gekommen.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: In Italien ist den dritten Tag in Folge die Zahl der Neuansteckungen zurückgegangen. Wir haben in Spanien seit 10 Tagen Ausgangssperre. Ich nehme an, dass sich das auch bald bemerkbar machen wird.
Wir schauen uns gar keine Nachrichten mehr an, in der Zeitung lesen wir auch nur noch die Überschriften. Die Zahlen habe ich extra für diesen Blog-Eintrag herausgesucht.
Ab morgen wechsle ich das Thema und beginne die Reihe - "Unsere zehn liebsten Brotrezepte". Ich bin seit dreißig Jahren Besitzerin einer Brotbackmaschine (ich bin bei der dritten) und jetzt, in dieser schwierigen Zeit, wollen wir nicht dauernd aus dem Haus, um Brot zu kaufen, obwohl dies erlaubt ist. Vielleicht hat ja jemand Interesse an unseren bewährten und leckeren Rezepte. Es ist ja echt nicht mehr auszuhalten, immer nur dieses blöde Virus!

Sonntag, 22. März 2020

Tag 8 der heute von 14 auf 28 Tage verlängerten Ausgangssperre

Heute morgen sind wir ein bisschen depre aufgewacht, ich weiß nicht wieso. Ich ging dann raus auf die Straße - niemand war zu sehen oder zu hören, nur die Vögel zwitscherten und gelegentlich bellte ein Hund. Ich schaute lange hinüber auf die Autobahn, ich wollte warten bis ein Auto oder ein Lastwagen kam. Das dauerte eine Weile. Schließlich zog irgendwo jemand einen Rollladen hoch. Ich verstehe nicht, warum so wenige Leute aus der Stadt in ihre Landhäuser gekommen sind. An der nächsten Ecke hat ein älteres Ehepaar ein Haus, das sich damit brüstet, dass es vierzehn Enkel hat. Sie wurden letztes Jahr ausgeraubt, ich weiß nicht, ob ich Euch davon erzählt habe. Dank des modernen Alarm- und Überwachungssystems, das sie installiert haben, konnte der Pater familias von seinem Büro aus zuschauen, wie die Einbrecher seinen Waffenschrank/Tresor wegtrugen. Interessant, ne? Sie haben auf ihrem Grundstück einen Tennisplatz und einen kleinen Basketballplatz und trotzdem sind sie in ihren Wohnungen in der Stadt geblieben. 
Aber das wollte ich doch gar nicht erzählen. Ich ging dann rein und machte meine Sachen im Haus, dann ging ich wieder raus und sah, wie ein Nachbar sein Auto aus der Garage fuhr und auf der Straße parkte. Ich dachte, ach, der macht sicher Platz für irgendwas, vielleicht stellt er eine Tischtennisplatte auf, und da fiel mir ein, dass wir ja auch eine Tischtennisplatte haben. Wenn das Wetter morgen besser ist, können wir draußen ein paar Runden spielen. Bewegung an der frischen Luft! Wir haben auch ein Krocketspiel und ein Bocchia... und noch ein anderes Rasenspiel.
Im Radio haben sie gesagt, dass die Anzahl der lustigen Memes, die verschickt werden, stark zurückgegangen ist. Das hatten wir auch schon bemerkt. Anscheinend sinkt allgemein die Stimmung.
Pedro Sánchez verkündete heute, dass die Quarantäne um zwei Wochen verlängert wird, also bis zum  11. April, und dass diese Woche schlimm wird, danach werden die Zahlen zurückgehen. Ich glaube ihm das. Wenn alle in ihren Wohnungen bleiben, können sie sich nicht infizieren.
Es gibt aber doch immer noch Pícaros, Schelme, die sich nicht an die Vorschriften halten. In den Nachrichten haben sie erzählt, wofür es Strafzettel gab: Fünf Kilometer durch die Stadt laufen um Müll zu entsorgen = Strafzettel, kilometerweit laufen, weil irgendwo die Milch zwei Cents billiger ist = Strafzettel, einen Hasen an der Leine spazieren führen = Strafzettel, mit einem Spielzeug-Hund Gassi gehen = Strafzettel. Die Strafzettel belaufen sich auf 600 Euro. Manche leisteten zusätzlich Widerstand gegen die Staatsgewalt und wurden festgenommen.  
In Salamanca gibt es jetzt 315 am Coronavirus Erkrankte und 21 Tote. Die Zahlen steigen hier weiter schnell. Da macht man sich schon Gedanken wegen dem Einkaufen und so. Ich werde wahrscheinlich im Click und Collect-System einkaufen, also online bestellen und meine Bestellung selbst abholen. Man weiß nicht so recht, was man machen soll. Ich wollte den Kauf so lange wie möglich aufschieben, um das Risiko zu minimieren, aber bei den beiden Supermärkten, die diese Einkaufsmöglichkeit anbieten, fehlt es schon an vielem, und ich befürchte, dass die Versorgungslage so schnell nicht besser wird. Wenn man sich die Sachen nach Hause liefern lassen will, beträgt die Wartefrist mehr als zehn Tage. Wenn ich die frischen Lebensmittel aufgebraucht habe, gehe ich erst einmal an die tiefgekühlten Sachen, bevor ich mich um Nachschub kümmere. Ich sage Euch nur eins: Hamstert, solange Ihr noch könnt! Oder könnt Ihr das schon gar nicht mehr?

Samstag, 21. März 2020

Tag 7

Theoretisch ist ja jetzt schon die Hälfte der Quarantäne um. Für uns, meinen Gatten, meinen Sohn und mich, ist es gar nicht schlimm. Drei von meinen Freundinnen wohnen in der Stadt, haben aber Sommerhäuser in unserer Siedlung. Es hat mich echt sehr, sehr gewundert, dass sie lieber in einer Wohnung in der Stadt eingesperrt sein wollen als in einem großen Haus mit Garten. Eine von ihnen hat gesagt, es wäre ihr zu lästig, ihre Sachen von der Stadt hier heraus zu bringen (Fahrzeit 20 Minuten). Und irgendwann war es zu spät. Fahrten in Zweitwohnsitze sind nicht mehr gestattet. 
Ihr wisst, dass in Spanien viele Leute in Hochhäusern wohnen. Im Radio hat heute einer erzählt, wie sein Tag so abläuft: Er steht früh auf und macht Home Office. Dann Yoga nach Anleitung im Internet. Um zwölf Uhr geht es auf den Balkon, dann wird in seinem Block die Nationalhymne zu ¡Viva España!-Rufen gespielt. Am späten Nachmittag wird über die Balkone hinweg Bingo gespielt, um 20 Uhr ist allgemeines Klatschen zum Zeichen der Anerkennung für die Menschen, die in medizinischen Berufen ihre Gesundheit riskieren. Das mit dem Klatschen um 20 Uhr ist wohl in allen dichtbesiedelten Gebieten. Und wenn man auf dem Land wohnt, ist man eben wirklich allein und sieht praktisch nur die Leute, mit denen man zusammenlebt. Meine Nachbarin zur Rechten bzw. zur Linken, je nachdem, von wo man schaut (C.), hat heute eine Schutzmaske aufgehabt, als sie die Blumen auf der Terrasse goss. Keine Ahnung, wieso. Wenn ich sie mal erwische, frage ich sie.
Für Geschäfte ist die Situation natürlich verheerend. Friseure, Bars, Bekleidungsgeschäfte, Restaurants, alle, vom Tourismussektor, der ja in Spanien enorm wichtig ist, ganz zu schweigen. Einnahmen null. 
Die Quarantäne wird rigoros durchgesetzt. Mein Sohn, der in San Sebastian lebt, wurde von einem Polizisten angehalten, weil er sich mit seinem Hund zu weit von zuhause entfernt hatte. Alle Hundehalter, die mit ihren Tieren auf dem Spazierweg unterwegs waren, wurden zurückgeschickt, hat er mir erzählt, und ein Herrchen, das von der Polizei mehrmals an verschiedenen Stellen angetroffen wurde, bekam einen Strafzettel.
Hoffentlich hat das alles einen Sinn. Die Zahlen der Neu-Infizierten gehen noch nicht zurück. Spanien 25.374 Erkrankte, Deutschland 22.213. Die USA kommen von hinten angeschossen und haben Deutschland schon überholt. In Italien sind seit gestern 800 Leute gestorben. In Salamanca sind 265 erkrankt, 15 sind gestorben, darunter ein 58-jähriger ohne Vorerkrankungen. Das sind die Zahlen von ganz Spanien vom 7. oder 8. März. Heute ist der 21. März. Das war vor zwei Wochen. Dass es hier so schlimm wird, dass hier 25.000 Leute erkranken, das ist doch ausgeschlossen, oder? Die Leute, die sich in ihren Häusern und Wohnungen verbarrikadiert haben, können doch gar nicht erkranken, oder? Zumindest jetzt nicht.
In Bayern hat man sich ja endlich entschlossen, auch Maßnahmen zu ergreifen. Die Deutschen haben wahnsinnige Angst um ihre Demokratie, die sie sich so mühselig erkämpft haben, und dass die durch Verbote beschädigt wird. Alles zu seiner Zeit, würde ich sagen, jetzt ist erstmal die Gesundheit wichtiger. Ich weiß, das ist eine ziemlich undeutsche Meinung, aber über deutsche Meinungen wird in anderen Ländern häufig verwundert oder auch bewundernd der Kopf geschüttelt. Ich habe heute eine Umfrage unter spanischen Zeitungslesern gesehen, bei der 93 % für die Ausrufung des Notstands waren, bei 300.000 Teilnehmern.

Donnerstag, 19. März 2020

Tag 5 der Quarantäne

Die Vorschriften für Kinder sind gelockert worden! Gott sei Dank. Die durften ja überhaupt nicht raus. Jetzt dürfen sie einen Erwachsenen auf einem der erlaubten Wege - Lebensmittel kaufen, Apotheke gehen, Zigaretten holen, Müll wegbringen, Hund Gassi führen - begleiten. Ich habe mir gleich gedacht, dass das nicht geht, die Kinder so lange einzusperren. Stellt Euch mal vor, mit zwei, drei Kindern in einer kleinen Wohnung, da wird man doch wahnsinnig. Die Leute in Wuhan waren 50 Tage eingesperrt. Ich habe die Geschichte dort verfolgt, und zwar anhand der Videos eines jungen Paares, Jabiertzo und Lele, ein Spanier und eine Chinesin, die miteinander verheiratet sind. Diese Videos waren sehr interessant. Man hat ja gar keine Ahnung, wie die Leute dort leben und was dort los ist. Hier ist ein Link zu dem Video, das sie heute nach ihrer "Befreiung" hochgeladen haben: Video Jabiertzo und Lele. Es wundert die beiden, dass in anderen schwer betroffenen Ländern noch die U-Bahn fährt und die Leute zur Arbeit gehen In Wuhan wurde der öffentliche Personennahverkehr ausgesetzt und 50 Tage lang ging niemand arbeiten, der nicht kriegswichtig war. Die Chinesen haben die Epidemie in den Griff bekommen. Ich habe den größten Respekt vor ihnen. Die Deutschen wollen ja eine andere Methode anwenden: Alle oder viele sollen so nach und nach erkranken und immun werden. Da habe ich Merkel doch richtig verstanden, oder? Hier in Spanien werden ihre Aussagen wenigstens so interpretiert. 
Die Spanier sagen nicht, welche Methode sie anwenden wollen: Mit aller Kraft versuchen, die Krankheit zu stoppen, wie die Chinesen, Japaner, Koreaner usw., oder langsam 70 % erkranken lassen, wie Merkel meint. Ich hoffe, es wird nicht das Schlechte aus beiden Welten: Eine riesige Kraftanstrengung mit Quarantäne und am Ende erkranken doch sehr viele. Seufz.
Mein Sohn hat vorhin erzählt, dass das Tierheim in Salamanca leer ist, der letzte Hund wurde am Mittwoch geholt. Ich dachte, es sei ein Witz, aber es steht in unserer völlig ernsthaften Lokalzeitung, also wird es wohl wahr sein.
Wie war der Tag bei uns? Uns wird es gar nicht langweilig, wir haben genug zu tun, und in den nächsten Tagen wird bei mir ein größerer Auftrag reinkommen. Wir kommen gar nicht zu den Projekten, die wir uns für die Zeit der Quarantäne vorgenommen haben. Die sozialen Medien nehmen viel Zeit in Anspruch, ebenso wie das Telefon. Wider Erwarten ist die Ausgangssperre Freundschaften und Beziehungen sehr zuträglich, aber das werdet Ihr ja auch bald sehen, wenn Ihr erst eingesperrt seid.
Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 18.077, Deutschland 15.320. In Italien hat es mittlerweile mehr Tote gegeben als in China. In Spanien hat es 831 Tote gegeben, in Deutschland 44. Die meisten Tote gibt es in Altenheimen, wo die Alten und die Betreuer erkrankt sind. 
In China sind pro 1 Million Einwohner 56 erkrankt und die Epidemie ist gestoppt, in Italien sind es jetzt schon 687, mehr als zwölfmal so viele, und die Epidemie ist noch nicht gestoppt.
Am Anfang hat es geheißen, das Virus stirbt von allein, wenn erst einmal der Sommer kommt. Jetzt erzählen sie uns, dass man praktisch schon fast einen Impfstoff hat, wahlweise in Spanien, Deutschland, China oder in den USA, er muss nur noch am Menschen getestet werden. Die USA haben damit auch schon angefangen, also mit dem Testen. Man wird sehen.
Ach ja, und die Rede des Königs. Die war doch gestern Abend, oder? Es wird gar nicht darüber gesprochen. In den Online-Zeitungen steht ganz unten was davon, habe gerade eben nachgeschaut. Was hat er gesagt? "Die Lage ist schlimm. Wir werden gestärkt daraus hervorgehen. Letizia, die Mädchen und ich denken an Euch." Ich hatte Euch vorhergesagt, dass er irgendwelche Banalitäten absondern wird und dann in der Presse gefeiert werden wird, wie toll er doch wieder das Land hinter sich geeint hat, und wie wichtig ein König in schweren Stunden ist, etc. Ich habe mich geirrt. Er wird einfach ignoriert. Ihr dürft mich trotzdem Nostradamus nennen, der hatte ja auch nicht immer recht.
Ach, und noch was: Der Scheitelpunkt der Neuansteckungen soll in den nächsten zwei, drei Tagen sein, danach soll die Anzahl der Neuansteckungen pro Tag sinken, hat... ich such's schnell, wer das gesagt hat. Hab's jetzt nicht gefunden, bin dabei aber auf einen interessanten Artikel in El País gestoßen, der die zwei Methoden, das Eindämmen der Krankheit um jeden Preis und das langsam ausbreiten lassen, vergleicht. Er ist in spanischer Sprache, aber man kann ihn sich ins Englische übersetzen lassen. Hier ist er: Hier klicken

Mittwoch, 18. März 2020

Coronavirus in Spanien - Tag 4 der Quarantäne

Ich habe gerade festgestellt: Ihr seid nur noch einen Tag hinter uns. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 13.910, Deutschland 11.302. Salamanca 125 Infizierte und 8 Tote. Hier gibt es aber wahrscheinlich viel mehr Infizierte, weil leichte Fälle nicht getestet werden. Wir haben heute den vierten Tag der Ausgangssperre. Man hört jedoch, dass manche versuchen, sie zu umgehen, zum Beispiel in dem sie mehrmals einkaufen gehen oder Müll wegbringen. Hunde werden den ganzen Tag von einem nach dem anderen Gassi geführt. Es gibt ein lustiges Video, wo sich das Herrchen dem Hund mit der Leine nähert und der Hund scheinbar entsetzt zurückweicht, weil er nicht schon wieder raus will. 
Da wir zuhause bleiben, weiß ich nicht so recht, was in der Stadt los ist. Soldaten sind gekommen, um beim Durchsetzen der Ausgangssperren und beim Desinfizieren zu helfen. In ganz Spanien sind Leute verhaftet worden, weil sie sich geweigert haben, sich an die neuen Regeln zu halten, 88 im Ganzen, steht in der Zeitung El País. Ich finde es witzig, ja witzig, ich habe echt lachen müssen, wenn man Deutschen erzählt, meinem Vater in diesem Fall, dass wir nicht raus dürfen, dass man keine Freunde besuchen darf und auch keinen Besuch empfangen darf, auch nicht von Verwandten, Kindern oder Enkeln, und er antwortete mir: "Ich werde das nicht so machen, mir sind meine sozialen Kontakte wichtig." Ich muss schmunzeln, während ich es schreibe. Wenn eine Ausgangssperre besteht, wird man nicht mehr nach seinen persönlichen Vorlieben gefragt. Hier bei uns könnte man sogar raus, denn 99,99 Prozent der Zeit ist keine Polizei in unserer Straße, aber der Druck der Nachbarn ist so hoch... Die Leute haben es mittlerweile kapiert und nehmen die Sache sehr, sehr ernst. In diesem Sinne ist uns Deutschland mindestens zehn Tage hinterher. Mein Sohn hat Bilder aus München geschickt, wie viele Leute da am Sonntag auf der Straße waren, bei dem schönen Wetter... Das war wie in Madrid am 8. März, als die Frauen demonstriert haben. Und einen Woche später sind sie wie die Fliegen gefallen bzw. krank geworden, einschließlich der Frauen des Präsidenten und des Vizepräsidenten. Es ist unglaublich, dass die Völker nicht von einander lernen können. Ich finde das wirklich faszinierend. Erst hat es geheißen: Naja, die Chinesen, die Kommunisten... Dann hat es geheißen: Naja, die Italiener, die sind so schlampert und faul... Jetzt sind die Spanier dran... auch unfähig, oder? Vielleicht geht der Kelch ja tatsächlich an den Deutschen vorüber.
Ja, die Zeiten, in denen wir leben, sind unglaublich, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn uns vor ein paar Wochen jemand erzählt hätte, was uns blüht... wir hätten es selbstverständlich nicht geglaubt. Wir sind ja keine chinesischen Kommunisten... und jetzt gelten hier fast dieselben Regeln wie bis gestern in Wuhan.
Davon abgesehen: Warum hat man denn die Leute in München letzten Sonntag auf die Straße gelassen, wenn man doch genau wusste, was passieren würde? Die Polizei hätte herumfahren und die Leute heimschicken können und wer nicht gleich spurt, bekommt eins mit dem Schlagstock übergezogen, wie man das in Madrid gemacht hat, also nicht an dem Tag, dem unsäglichen Sonntag, als die Regierung alle zum Demonstrieren auf die Straße geschickt hat, sondern ein paar Tage später, als es plötzlich ganz, ganz dringlich wurde, dass alle zuhause bleiben.  
Lustige WhatsApp: "Man meint, es wäre Weihnachten: Die ganze Familie ist zusammen im Haus, die Kinder haben keine Schule, der Kühlschrank ist zum Bersten gefüllt, kein Fußball und heute Abend die Ansprache des Königs. Ich hätte gute Lust, den Baum aufzustellen und am Balkon ein paar Lichter zu befestigen." 

Dienstag, 17. März 2020

Tag 3 der Quarantäne, Coronavirus in Spanien

Wenig Neues. Die Menschen, die in Spanien ihr Zuhause haben und sich im Ausland befinden, wurden aufgerufen, so schnell wie möglich heimzukommen. Es kann sein, dass der gesamte Flugverkehr eingestellt wird. Grenzübergänge nach Frankreich und Portugal wurden geschlossen bzw. es wurden Kontrollen eingeführt. Wir stehen hier alle unter Hausarrest, das wird in Salamanca rigoros durchgesetzt. Man darf seine Wohnung nur aus wichtigen Gründen verlassen. Folgender Witz, der mir per WhatsApp zugeschickt wurde, illustriert das sehr gut:


Er ist auch landeskundlich interessant: Er zeigt eine Osterprozession, die ja heuer nicht stattfinden darf, was viele Menschen in echte Verzweiflung stürzt. 
Also, trotz Verbot kommt die Osterprozession daher und wird von der Polizei angehalten: "Darf man fragen, wo Sie hinwollen?" Die Teilnehmer antworten: "Ich zur Apotheke", "Ich zum Supermarkt", "Ich zum Friseur", "Ich Zigaretten holen". Fragt der zweite Polizist: "Und die Muttergottes?" Antwort: "Das ist keine Muttergottes. Es ist meine Mutter, ich bringe sie zum Arzt." 
Superlustig. Zum Friseur darf man allerdings, wie ich bereits im vorherigen Eintrag erzählt habe, doch nicht.
Es ist nicht ganz klar, wer zu Arbeit muss und wer nicht. Dürfen zum Beispiel Schwarzarbeiter das Haus verlassen, um arbeiten zu gehen? Wohl nicht, da sie ihre Erwerbstätigkeit nicht nachweisen können.
Die Ausgehsperre hat auch etwas Beruhigendes: Man steckt sich mit ziemlicher Sicherheit nicht an (wenn man sich nicht schon angesteckt hat, haha).  Wir haben mittlerweile eine derartig lange Liste mit Sachen, die wir machen wollen, die vierzehn Tage reichen gar nicht. Präsident Sánchez hat gesagt, die Quarantäne wird wahrscheinlich länger dauern, nur die Verfassung erlaubt es nicht, einen Notstand von mehr als vierzehn Tagen auszurufen.
Wir können uns gut beschäftigen. Mein Sohn hat den 3-D-Drucker in Betrieb genommen und probehalber ein Hündchen und eine Glückskatze gedruckt. Das hat wunderbar funktioniert.


Mein Gatte hat ein bisschen geheimwerkt. Ich habe weiter aufgeräumt und im Garten Unkraut gejätet und Koriander gesät. Alle drei haben wir viel Zeit am Telefon und mit den Social Media verbracht. Die Leute sind daheim und haben Zeit, alte Freunde freuen sich, wenn man sie anruft. Und natürlich werden massenhaft lustige Dinge zum Coronavirus per WhatsApp verschickt. Ernsthafte natürlich auch, aber die langweilen mittlerweile schon ein bisschen. Mal gespannt, was der morgige Tag bringt. Man hat schon Angst, morgens in die Zeitung zu schauen. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 11.826, Deutschland  9.367. In Spanien hat es schon 533 Tote gegeben, in Deutschland erst 26. Warum ist denn das? Und was ist mit der Schweiz los? Bezogen auf die Einwohnerzahl haben sie sechsmal so viele Infizierte wie China. Ich habe die Zahlen von hier. In Salamanca gibt es offiziell 65 Erkrankte und 6 Tote. In Wirklichkeit gibt es mehr Infizierte, da auch Leute mit Symptomen nicht getestet werden, wenn es ihnen nicht schlecht geht. Ach ja, Pedro Sánchez stellt 200 Milliarden für die Bekämpfung der Auswirkungen der Virus-Krise zur Verfügung. Ab Mittwoch hilft die Armee in Salamanca, dafür zu sorgen, dass die Leute zuhause bleiben, und beim Desinfizieren von Bussen und Bahnen.

Coronavirus in Spanien -Tag 2 der Quarantäne

Tag 2 und erster Werktag der Quarantäne. Heute morgen sind wir aufgewacht und draußen sah es so aus:

Den ganzen Vormittag über schneite es stark, dann ging der Schnee in Regen über. Also war es heute nichts mit Gartenarbeit. Meine Handwerker, die am 19. kommen sollten, haben abgesagt. Es ist nicht so ganz klar, wer was darf. Zur Arbeit darf man ja eigentlich, aber vielleicht können sie ihr Material nicht bekommen, weil die Läden zu sind. Ich habe mir überlegt, in unsere alte Wohnung zu fahren, die wir renoviert haben, und dort ein bisschen sauber zu machen. Ich hätte gedacht, das fällt vielleicht unter Arbeit, aber mein Gatte meinte, das darf man nicht. Nur bezahlte Arbeit oder Unterstützung von Pflegebedürftigen ist erlaubt. Er selbst hat heute früh in seinem Arbeitszimmer eine Vorlesung gehalten und für seine Studenten hochgeladen. Mein Sohn hat einen 3-D-Drucker zusammengebaut. Ich habe ein bisschen aufgeräumt, unsere Perle kommt ja jetzt auch nicht, und die Wäsche gemacht. Dann habe ich noch mit Freunden und Bekannten telefoniert und gewhatsappt, die Leute sind ja jetzt alle zuhause und haben Zeit... außer dem medizinischen Personal. Die Leute sind aufgefordert, jeden Abend um 8 Uhr auf ihren Balkon zu treten und dem medizinischen Personal zu applaudieren. Manche sagen, der Applaus gilt auch den Leuten, die bei Mercadona etc. die Regale auffüllen und unter großer Gefahr für ihre Gesundheit an der Kasse sitzen. High risk job Kassiererin im Supermarkt - hätte vor ein paar Wochen auch keiner gedacht. 
Draußen war ich nur zum Müll wegbringen, das macht man in Spanien jeden Tag. Das Wetter war, wie gesagt, grottenschlecht. Wir hatten eines von diesen neuen Wettern, nämlich eine DANA. Fragt mich nicht, was das ist. Mein Gatte fragte mich: "Für was steht noch mal schnell diese Abkürzung?" Ich sagte: "Ich glaube, es ist dasselbe wie eine explosive Zyklogenese." Er meint aber, das ist definitiv falsch. Is' egal. 
Präsident Pedro Sánchez hat jetzt schon zweimal zum Volk gesprochen. Beide Male ziemlich gut. Er hat auf diese ganzen Dopplungen wie Bürgerinnen und Bürger etc. verzichtet, bzw. diese stark reduziert. Dadurch klingt eine Rede natürlich gleich viel ernsthafter - ich glaube, er ging zu Recht davon aus, dass seine Zuhörer wissen, dass er auch weibliche und diverse Geschäftsinhaber meint, wenn er vom Leid der Geschäftsinhaber spricht. Ganz gelassen hat er das Doppeln natürlich nicht, aber es ist doch erstaunlich, wie sehr eine Rede gewinnt, wenn man es wenigstens ein bisschen reduziert.
Die spanischen Grenzen sind jetzt zu. Nur noch Leute, die hier ihren Wohnsitz haben, dürfen rein. Der Präsident von Katalonien ist am Virus erkrankt. Die großen Autohersteller wie Renault, Nissan und Seat haben ihre Fabriken in Spanien vorübergehend geschlossen. Die Quarantäne wird wahrscheinlich länger als zwei Wochen dauern, das haben sie schon angekündigt. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 9942, Deutschland 7272. Die Menschen, die uns hätten beschützen sollen, haben uns im Stich gelassen. Ist aber nicht weiter verwunderlich. 
Ach ja, ferngeguckt habe ich auch. Zum Beispiel habe ich eine Weile dem Dow Jones beim Fallen zugeschaut. Er hat den Tag mit minus 13 Prozent beendet.
Bei uns im Haus kann man es aushalten. Ich finde es schön und gemütlich. Unten seht Ihr die Essecke in unserer Küche:


Sonntag, 15. März 2020

Coronavirus - Quarantäne in Spanien und bald auch bei Euch

Okay. Heute früh dachte ich, heute gibt es bestimmt nichts Neues, jetzt weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Pedro Sánchez hat gestern Abend offiziell die Notstandsgesetze verkündet: Man darf praktisch sein Haus nicht mehr verlassen. Alle Geschäfte sind geschlossen außer Lebensmittelläden, Tabakgeschäften, Apotheken und unerklärlicherweise Friseure und Reinigungen. Man darf nicht spazieren gehen. Man darf nirgendwo hinfahren, außer man hat einen triftigen Grund, z.B. die ganzen Madrileños, die ihre Stadt verlassen haben, dürfen wieder nach Hause fahren. Es darf immer nur eine Person im Auto sitzen, außer man bringt jemanden zum Arzt (ich nehme mal an, dass bei den nach Hause fahrenden Madridern mehr Leute im Auto sitzen dürfen). Es gibt Posten, die Autos anhalten und fragen, warum man wohin fährt. Auch durch unseren Ort fährt die Polizei und kontrolliert, dass niemand spazieren geht. Wenn man am Meer wohnt, darf man nicht an den Strand gehen. Man darf den Hund spazieren führen, aber nur kurz und nur eine Person. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird überwacht, bei Verstößen gibt es Strafzettel. Kinder dürfen nicht nach draußen, Spielplätze sind gesperrt. Das sieht bei uns so aus: 
Seht Ihr das rotweiße Band am Eingang? Wenn ich mir das vorstelle, mit mehreren Kindern in einer Wohnung tagelang eingeschlossen zu sein... furchtbar. Sie können ja nicht ewig fernsehen oder spielen, irgendwann müssen sie an die Luft so dringend wie sie schlafen müssen. Die Vorschriften gelten erstmal für zwei Wochen. Heute war der erste Tag. Zum Arbeiten darf man fahren. Mal gespannt, wie das morgen, am Montag, Tag 2 der Quarantäne, aussieht. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 7843, Deutschland 5813. In Spanien hat es von gestern auf heute 100 Tote gegeben. In Salamanca gibt es 31 Infizierte, 3 Menschen sind gestorben. Im hiesigen Klinikum gibt es fast keine Schutzausrüstungen mehr. Der Gesundheitsminister der Regionalregierung hat gebeten, jeder, der irgendetwas hat, zum Beispiel plastifizierte Schutzanzüge oder wie das Zeug heißt und Gesichtsmasken, soll es abgeben. Wer hat denn so etwas? Maler und Lackierer? Keine Ahnung. Eine Freundin, die im Krankenhaus arbeitet, hat erzählt, die Zustände wären schlimm und es mangelt an allem. Das Gesundheitszentrum in unserem Ort bleibt morgen zu. Die Leute, die einen Termin haben, werden angerufen und gefragt, was sie haben und nach Möglichkeit telefonisch abgefertigt. Das hat die Ärztin in unserer WhatsApp-Gruppe geschrieben. 
Das Seltsame ist, dass jedes Land die Erfahrung für sich selbst machen muss. Die Spanier haben nichts von den Italienern gelernt, die Deutschen, die ein paar Tage hinter den Spaniern sind, lernen von uns nichts. Falls die Möglichkeit bestünde, aus den Erfahrungen der anderen zu lernen, würde ich empfehlen: 
1. Vermeidet Kontakt zu anderen Menschen. Ihr wisst nicht, wer mit wem zusammen war.
2. Hamstert!!!!!!! Kauft Vorräte!!!!! Jetzt könnt Ihr in aller Ruhe kaufen, was das Herz begehrt und müsst Euch mit niemandem um ein paar Rollen Klopapier kloppen. Die Vorschriften für das Einkaufen hier sind jetzt so: Es dürfen immer nur wenige Menschen in den Laden, Abstand zwischen Kunden mindestens 1,5 Meter. Rasch einkaufen und wieder raus. Das Sortiment ist nicht vollständig. Ja, Ihr könnte Euch das jetzt nicht vorstellen, dass das passieren kann, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wird es auch bei Euch passieren. Kauft Vorräte für mindestens vier Wochen. 
3. Überlegt Euch, was Ihr während der Quarantäne machen wollt. Ich habe, wie bereits gesagt, schon einen Sack Erde für die Gartenarbeit vermisst. Mein Sohn hat gesagt: Ach, hätte ich nur Farbe, dann könnte ich jetzt ein Zimmer streichen. Überlegt Euch also jetzt, in aller Ruhe, was Ihr haben wollt, wenn Ihr zuhause eingesperrt seid, Euch niemand besuchen darf und Ihr nichts kaufen könnt: Gartenerde? Wandfarben? Wolle und Stricknadeln? Irgendwas für den Modellbau? Dübel? Kisten, um irgendwas zu sortieren? Säcke, um Schränke oder den Keller auszumisten? JETZT ist die Zeit, um diese Sachen zu kaufen. Die Quarantäne kann über Nacht kommen und dann wollt Ihr stolz da stehen und nicht belämmert in die Röhre gucken, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir dürfen nicht einmal spazieren gehen! Es gilt Hausarrest! Man darf keine Besuche machen oder empfangen!
Wir haben heute, am Tag 1 der vierzehntägigen Quarantäne, z.B. den Rasen gemäht, mein Gatte hat Papierkram geordnet, ich habe gedacht, der Aktenschredder (Aldi-Modell) brennt durch. Die Frau des Präsidenten Pedro Sánchez hat sich übrigens auch mit dem Virus angesteckt.
P.S.: Ich habe gerade noch einmal die Zeitung gecheckt, um Euch auf den allerneusten Stand zu bringen. Friseure sind doch nicht kriegswichtig und müssen auch geschlossen bleiben.

Samstag, 14. März 2020

Coronavirus in Spanien - die gute Nachricht

Die gute Nachricht: Königin Letizia und König Felipe haben sich nicht mit dem Virus angesteckt. Königin Letizia muss aber trotzdem 14 Tage in Quarantäne bleiben, weil sie ja mit Irene Montero, der Gleichstellungsministerin, die infiziert ist, engen Kontakt hatte. Das ist aber das einzig Gute, das sich von diesen beiden, vom Königspaar, sagen lässt, nämlich dass sie gesund sind. Und das Schlimme ist nicht, dass von ihnen nichts kommt, keine aufmunternde Ansprache oder so; das Schlimme ist, dass auch niemand irgendetwas von ihnen erwartet. Aber gut, sie sind gesund und das ist ja schon mal erfreulich. Und wisst Ihr, was irgendwann mal im Verlaufe der Krise passieren wird? Der König wird endlich doch zum Volk sprechen und billige Gemeinplätze absondern und die Presse wird kritiklos jubeln, wie staatstragend er wieder war. Wenn es passiert, werde ich Euch informieren und sogar einen entsprechenden Artikel verlinken. Ihr dürft mich Nostradamus nennen.
Um 12 Uhr heute Nacht wurde in Salamanca der öffentliche Personennahverkehr eingestellt. Wie soll denn das gehen? Die wollen wirklich echt und ehrlich, dass alle zuhause bleiben. Die Karwoche ist abgesagt, das ist ein Drama für die Salmantinos. Wenn die von Sevilla abgesagt wird, das wird eine nationale Katastrophe. Naja, sämtliche Fußballspiele sind schon abgesagt, viel schlimmer kann es nicht mehr werden. Man hat irgendwie das Gefühl, es wären Aliens auf der Erde gelandet oder ein Meteorit wäre eingeschlagen. Wie kann sich denn die Welt so schnell so sehr ändern?
Ich habe, wie Ihr wisst, ein bisschen gepreppt  bzw. eine dreistellige Zahl, die mit 7 anfängt, vielleicht sogar mit 8, für Vorräte ausgegeben, deshalb können wir uns jetzt ziemlich entspannt zurücklehnen. Ja, ich habe früh mit dem Hamstern angefangen, zu einem Zeitpunkt, als noch darüber gelacht wurde, aber Ihr wisst: Lieber ein Jahr zu früh als einen Tag zu spät. Vom Mercadona im Stadtteil Garrido waren Bilder in unserer Lokalzeitung. Der war komplett leer. Da war kein einziges Blatt Toilettenpapier mehr und auch kein Blatt Salat. Wenn da nicht heute Nacht ein Wunder geschehen ist, werden die vertrauensseligen Kunden heute nicht sehr viel Ware vorfinden.
Eine seltsame Ruhe hat sich ausgebreitet. Jeder ist in seinem Bunker, während draußen die Bestie wütet und weitere Opfer sucht. Die Bekannte, die nur wenig vorgesorgt hat, hat vorhin angerufen und gefragt, wo man wohl heute am besten einkauft. Das weiß ich doch nicht und es ist mir auch egal. Ich habe ihr mehrfach geraten, sie soll Vorräte einkaufen, andere Bekannte haben es ihr auch gesagt. Ich habe es ihr einmal sogar mit ausgestrecktem Zeigefinger befohlen. Sie hat es nicht getan - okay. Jeder ist seines Glückes Schmied bzw. versucht, sich nach bestem Wissen und Gewissen ein Glück zu schmieden.
Mit unseren Nachbarn zur Linken und gegenüber können wir weiter zusammen sein, die sind super vorsichtig. Ich dachte, mit unseren Nachbarn zur Rechten auch, mittlerweile ist mir aber eingefallen, dass ihre Tochter, die Krankenschwester ist, zurzeit auch im Haus wohnt. Ich weiß, das Risiko mich bei meiner Nachbarin, der Krankenschwestermutter, anzustecken ist minimal, aber es ist mir immer noch zu hoch. Abstand mindestens drei Meter. In Salamanca sind bereits 14 Menschen offiziell infiziert und 2 Tote zu beklagen.
So, da sind wir also seit gestern mittag in freiwilliger Quarantäne. Ich wollte heute zum Gartencenter, ich bräuchte noch einen Sack Erde, aber das geht ja jetzt auch nicht. Die Quarantäne ist gar nicht mehr so freiwillig. Im Rahmen dieses Alarmzustands, den sie ausgerufen haben, gibt es lauter neue Vorschriften, die praktisch auch den Nichtvorsichtigen verbieten, das Haus zu verlassen. Man darf nur noch zur Arbeit fahren oder zu Kranken, um sie zu pflegen. Es wird ganz wenige Züge geben und die müssen halb leer fahren. Diese Vorschriften wurden wohl notwendig, weil man die Madrider nicht stoppen konnte. An der Küste wurde alles mögliche verboten, um es für die Madrider unattraktiv zu machen, dorthin zu fahren. Im Radio haben alte Menschen aus kleinen Dörfern erfolglos gefleht, die Madrider sollen bitte, bitte nicht kommen. Naja gut, heute noch sollen all diese Vorschriften offiziell verkündet werden, denen ich dann einen eigenen Eintrag widmen werde, damit Ihr wisst, was hier los ist. In den deutschen Zeitungen steht noch nichts darüber, ich habe gerade geschaut. Vielleicht, weil die Spanier nur ein paar Tage vor den Deutschen sind und den Deutschen in ein paar Tagen dasselbe blüht und die Presse den Leuten keine Angst machen will. Vielleicht passiert es in Deutschland nicht und die Zahl der Erkrankten sinkt schon wieder. Wer weiß. Aber nach allem, was ich bisher gesehen habe, mein Tipp: Preppen, hamstern, Klopapier kaufen, auslachen lassen, noch mehr hamstern, noch mehr Klopapier kaufen. Und vor allen Dingen: Nicht erzählen, dass Ihr Euch vorbereitet! Ich weiß, das wird in Prepperkreisen immer empfohlen, dass man es niemandem erzählen soll. Jetzt, heute, am ersten Tag, wo manche Geschäfte noch offen sind, wurde ich schon angehauen. Deshalb Prepper rule number one: Hamstern und nicht darüber reden. Aber vor allen Dingen hamstern. Naja, gut, zu Euch wird das Virus ja nicht kommen...
Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 6043, Deutschland 4181. Die Semana Santa, die Karwoche,  in Sevilla ist übrigens abgesagt worden.

Freitag, 13. März 2020

Coronavirus in Spanien, der Kampf ums Klopapier

So sah das Klopapierregal vom Aldi in Salamanca heute eine Stunde nach Öffnung des Geschäfts aus. Das links ist wohl ziemlich schlechtes, zweilagiges Papier, das als letztes genommen wird. Das ganz rechts sind Küchenrollen. Alle Kunden hatten Klopapier in ihren Wägelchen. Ich weiß jetzt auch, woher die Klopapierproblematik rührt: Im Rahmen der Krise in Venezuela wird häufig darüber berichtet, dass dort am im Rede stehenden Artikel Mangel herrscht. Die damit einhergehende Problematik wollen die Spanier eben um jeden Preis vermeiden. Und dadurch, dass immer wieder dazu aufgefordert wird, kein Klopapier zu hamstern, es gäbe genug, wird diese Frage eben zur echten Herausforderung für das Volk: Gibt es WIRKLICH genug?
Also, wie sah es heute früh beim Aldi aus? (Ich war zum Aldi gegangen, weil ich gehört hatte, dass bei Mercadona, Spaniens beliebtestem Supermarkt, wahre Schlachten stattfanden und der Aldi ist immer ziemlich leer.) Also, der Aldi war nicht leer. Beim Obst und Gemüse (dessentwegen ich hingefahren war) stand Obst und Gemüse in Kisten, das nicht eingeräumt war, weil es die Leute eh sofort mitnahmen. Zwieback, Trockenbrot... fast ausverkauft. Fleisch, Wurst... wie immer gut sortiert. Bohnen im Glas... ausverkauft. Andere Dosenwaren... ausgedünnt, aber vorhanden. Joghurt und Käse... Paletten standen mitten im Gang, von denen sich die Leute bedienten. Tiefkühlware... nur sehr wenig vorhanden, das Fach für Quinoa mit Gemüse war bis obenhin voll. Reis... ausverkauft. Nudeln... ausverkauft bis auf die Hörnchennudeln, von denen waren reichlich da. Leute, die Reis und Nudeln kaufen wollten, zogen wieder ab und suchten in anderen Läden weiter. Ich hörte eine Frau ins Telefon sprechen: "Du musst heute einkaufen, morgen gibt es nichts mehr."
Nachdem ich mich also mit frischem Obst und Gemüse eingedeckt hatte, fuhr ich nach Hause. Nach dem Schrecken gestern (der im vorherigen Post genannten Kontaktperson geht es besser, ich nehme also mal an, dass sie kein Coronavirus hat) habe ich keinen Bock mehr darauf, mit zweifelhaften Menschen zusammenzukommen. Und zweifelhaft ist jeder: Jemand, der mit jemandem zusammen war, der mit jemandem zusammen war, der in Madrid war, jemand, der seinen Opa in einem verseuchten Bergdorf besucht hat... dadurch, dass in Madrid jetzt in vielen Firmen und Behörden von zuhause aus gearbeitet werden darf und die Kinder keine Schule haben, sind die Menschen an die Strände geströmt und verseuchen die Küstenorte und füllen dort die Krankenhäuser! In Gandía zum Beispiel wurde der Strand gesperrt, um die Madrilenen vom Kommen abzuhalten! Ich glaube, Madrid ist schon fast so verseucht wie Mailand. Die tragen die Krankheit in alle Ecken. Obwohl, nicht jeder ist so schlimm: Meine Nachbarin hat erzählt, ihr Sohn macht in Madrid Heimarbeit und kommt sie nicht besuchen. Eine andere Nachbarin hat auch einen Sohn mit Familie in Madrid, der wurde von ihr und seinen Schwiegerleuten aufgefordert, nicht zu kommen. Sie haben die Krankheit ja wahrscheinlich nicht, aber man weiß es eben nicht. In Madrid gibt es große Probleme: Dadurch, dass die Kinder keine Schule hatten, gingen sie mit ihren Großeltern auf Spielplätze, wo die Alten beisammen saßen und die Kinder in Gruppen dabei waren. Die Situation war eigentlich noch gefährlicher, als wenn die Kinder in der Schule sind, denn die Alten sind ja besonders empfindlich. Deshalb wurden heute auch noch die Spielplätze gesperrt. Ab morgen müssen in Madrid alle Geschäfte zubleiben, nur Lebensmittelgeschäfte und Apotheken dürfen öffnen. Gnade dem, der auf die Verlautbarungen gehört hat und nicht gehamstert hat! Restaurants, Kneipen... alles zu. Museen, Kinos, Fitnessstudios... alles zu. Meine Friseuse hat sich vor ein paar Tagen Sorgen gemacht, weil sie keine Atemschutzmasken vorrätig hatte... diese Sorgen sind vorbei, Friseurläden müssen auch geschlossen bleiben. Wenn uns das vor einer Woche jemand erzählt hätte...
Pedro Sánchez hat den Alarmzustand ausgerufen. Er hat eine ordentliche Rede gehalten. Ordentlich geschrieben und ordentlich vorgetragen, dass er das kann, hätte vor einer Woche außer seinen treuesten Anhängern auch niemand gedacht. Wir haben uns jetzt in freiwillige Quarantäne begeben. Der Vorfall gestern hat mir gezeigt, wie leicht man sich dieses Virus einfangen kann und ich möchte es nicht. Mein Gatte, der ja jetzt auch von zuhause arbeiten darf, ist einverstanden. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 4334, 122 Tote, Deutschland 3675, 8 Tote, Italien 17.660, 1266 Tote. Heute haben sie verkündet, dass es eine Woche dauert, bis sich die Wirkungen der Lockdown-Maßnahme bemerkbar machen. Es ist irgendwie keine Rede mehr davon, dass das Viech bei Hitze stirbt. 

Mittwoch, 11. März 2020

Neues vom Coronavirus in Spanien

In unserer Lokalzeitung stand ein Artikel über eine junge Frau, die sooo froh und glücklich war, dass sie es geschafft hatte, mit dem letzten Flieger aus Italien nach Hause, nach Spanien zu kommen. In Madrid stieg sie gleich in den Bus!!!, um nach Salamanca zu kommen, von wo sie in ihr Dorf in den Bergen fuhr. Selbstverständlich ohne Quarantäne und ohne jede Vorsichtsmaßnahme. Obwohl der Artikel das Verhalten der jungen Frau bejubelte, war darunter kein einziger Kommentar, der es guthieß.
Die Verantwortungslosigkeit der Spanier ist wirklich traurig. Am Sonntag rief die Regierung noch zur massenhaften Teilnahme an den Frauendemonstrationen auf. Wie krank ist das denn? Die Ministerinnen hatten vorsichtshalber lila Latexhandschuhe an. 
Die rechte Partei, Vox, hat am Wochenende irgendeinen Parteitag abgehalten. Ihr Generalsekretär hat dabei viele Menschen umarmt und nach spanischer Sitte geküsst. Jetzt hat sich herausgestellt, dass er das Virus hat. Mal gespannt, wie viele von seinen Parteifreunden er angesteckt hat.
Wie ich gestern geschrieben haben, sind in Madrid alle Bildungseinrichtungen geschlossen worden, auch die Universitäten. Die Studenten haben die Gelegenheit ergriffen und sind ausgeschwärmt in ihre Heimatorte. 
In Madrid sind jetzt auch alle Museen und Kulturzentren geschlossen. Der Regierungssprecher in Sachen Coronavirus hat heute verkündet, dass noch nicht daran gedacht wird, Madrid zu isolieren. Aha, nicht wahr, man denkt also sogar schon darüber nach, Madrid zu isolieren. Oje, oje. 
Es wird weiterhin wort- und bildreich davon abgeraten, Lebensmittel zu hamstern, wodurch die Hamsterkäufe weiter befeuert werden. Ich meine, wenn ich Bilder von leeren Regalen in den Nachrichten zeige, welcher Zuschauer denkt denn dann: "Aha, es stimmt, ich brauche nicht zu hamstern, es ist genug von allem da." Ich glaube, die Regierung will, dass die Leute einkaufen gehen und vorbereitet sind, falls es zu Quarantänen kommt. Die Geschichte mit dem Toilettenpapier finde ich lustig. Sie hat fast einen sportlichen Aspekt: Es wird beteuert, dass genug Klopapier da ist. Die Kunden kaufen das Papier kubikmeterweise, also wollten sie sagen: "So? Das wollen wir doch mal sehen, ob wirklich unendlich viel da ist." 
Ich war heute noch mal einkaufen, weil es im Supermarkt bei uns in der Nähe sehr gute Sonderangebote gab. Ich ging zur Siestazeit, da war ziemlich leer, aber man sah, dass die Leute heute morgen sehr viel gekauft hatten. Manche Sachen fehlten, das war mir aber egal, weil ich, wie Ihr wisst, schon gepreppt habe. Insbesondere bei den Hülsenfrüchten, Bohnen, Kichererbsen, Linsen, die normalerweise vielleicht fünf Reihen tief stehen, stand nur noch eine Reihe. Hülsenfrüchte, Wurst, Schinken und Brot, das ist das Lebensblut Kastiliens. Die Leute besinnen sich auf die Speisen, die schon ihre Großeltern durch Krisen gebracht haben. Reis, Milch kistenweise, das war in jedem Wägelchen.  Nudeln und Tomate frito... Und natürlich Klopapier!
Ach, und die Fallas in Valencia wurden "verlegt". Der wirtschaftliche Verlust wurde mit 700 Millionen Euro beziffert. In den Nachrichten wurde eine Frau befragt, die fast weinte, weil sie 60.000 oder 70.000 Euro in Churros-Stände investiert hatte. Churros sind dieses längliche Schmalzgebäck.
Die Leute sprechen darüber, wann wohl hier in Salamanca die Uni schließt. Mein Gatte meint, dass vielleicht im Laufe des Wochenendes ein Erlass kommt und dass der Betrieb ab Montag eingestellt wird. Ist aber nur so eine Vermutung. Der sechste Fall in Salamanca ist eine junge Frau, die mit jemandem zusammen war, der oder die in Italien war. Man hat auch Angst vor den Madrilenen, die jetzt ihre Stadt verlassen und in die Dörfer kommen. Angela Merkel soll gesagt haben, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Bevölkerung am Coronavirus erkranken werden. Das wurde hier in Spanien viel beachtet. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 2262, Deutschland 1908, Italien 12.462. Ich habe das Gefühl, es wird bald nachlassen. Heute war ein schöner Frühlingstag. Morgen soll es bis 22 Grad warm werden. Sie haben gesagt, dass das Virus Wärme wahrscheinlich nicht verträgt. 

Dienstag, 10. März 2020

Das Coronavirus bei uns in Spanien

Ihr wisst, ich bin der Meinung, man sollte ein bisschen vorsorgen. In den spanischen Nachrichten berichten sie von Hamsterkäufen, die Leute räumen die Läden leer, insbesondere Toilettenpapier wird stark nachgefragt. Heute früh ging ich in die Apotheke, um ein paar Medikamente zu besorgen, denn ich warte praktisch immer bis zur letzten Tablette bevor ich nachkaufe, und das ist keine gute Strategie. Auf dem Weg zur Apotheke begegnete ich Nachbarn und fragte sie, ob sie auch ordentlich Vorräte angelegt haben. Nein, antworteten sie, sie hätten aber FFP2-Masken. Wow. Da der uns nächstgelegene Supermarkt ein Prospekt mit richtig guten Angeboten in die Briefkästen geworfen hat, forderte ich sie dringend auf, ihre Speisekammer zu bestücken. In meinem eigenen Interesse, nicht, dass sie dann kommen...hast du mal??? Da muss ich morgen noch einmal nachhaken. 
Als ich weiterging, begegnete ich einem lieben Freund in hohem Alter, der gerade vom Einkaufen kam. "Was ist? Habt ihr Vorräte angelegt?" fragte ich ihn. "Ich halte davon nichts," antwortete er. "Ich war nur gerade im Ort und habe ein paar Kilo Kichererbsen und Linsen gekauft. Und ich habe einen Schinken [darunter versteht man einen ganzen spanischen Schinken mit Fuß und vielleicht sieben Kilo Gewicht] und einen Lomo bestellt. Die werden mir dann gebracht." Unsereiner würde denken, dass das für zwei alte Leutchen schon ganz schön viel ist. Es ist hier sehr schwer zu wissen, was die Leute eingelagert haben und was nicht. Man hält sich gerne bedeckt. Unser Nachbar links gegenüber ist ein Jäger und hat eine große Tiefkühltruhe voller Fleisch. Das weiß ich, weil ich sie schon gesehen habe und er uns gelegentlich etwas schenkt. Die Nachbarn rechts gegenüber haben auch eine volle Tiefkühltruhe, weil sie gerne Sonderangebote kaufen, zum Beispiel ganze Käse, die sie in Stücken einfrieren und so weiter. Bei meinem direkten Nachbarn zur Linken war ich mal im Souterrain, weil er mir eine feuchte Stelle zeigen wollte, und sah dabei, dass der Raum, der bei uns Gästezimmer ist, beim ihm eine sehr, sehr gut bestückte Speisekammer ist. Diese Fülle hat mich ganz schön überrascht. 
Also, wie gesagt, in den Nachrichten wurden Bilder vom Hamstern, von leeren Regalen, Schlangen vor den Kassen und Wägelchen mit Warenbergen gezeigt, und damit indirekt natürlich dringend zum Hamstern aufgefordert. In Madrid ist in vielen Läden das Klopapier ausverkauft! Der Besitzer der größten und beliebtesten spanischen Supermarktkette Mercadona musste versichern, dass von allem genug da ist. Aber dass das nicht stimmt, weiß ja jeder seiner Kunden, der in den letzten Tagen Desinfektionsmittel für die Hände kaufen wollte.
Das wollte ich doch alles gar nicht erzählen. Ich ging also in die Apotheke und kaufte die Medikamente. Man hört, dass die Grundstoffe für praktisch alle Medikamente aus China kommen und die Chinesen nicht mehr liefern. Ich bekam mein Zeugs aber problemlos. 
Am Nachmittag ging ich zum Friseur. Mein Gatte hatte gemeint, man sollte gehen, bevor sich das Virus weiter ausbreitet. Okay, erledigt. Die Friseuse, die mich bediente, ist mit einem Feuerwehrmann verheiratet. Sie erzählte, dass die Notdienste in Salamanca heute früh eine Versammlung gehabt hätten, auf der ihnen vom Gesundheitsministerium der Regionalregierung mitgeteilt wurde, dass der Höhepunkt des Coronavirus für die Stadt in acht bis zehn Tagen vorgesehen ist. Also zwischen dem achtzehnten und dem zwanzigsten März. Die Feuerwehr erhielt Schutzanzüge. Man darf gespannt sein. Es ist jetzt schon verboten, alte Menschen in Altersheimen/Seniorenresidenzen zu besuchen. Amerikaner haben die Stadt verlassen. Womöglich hat ihre Botschaft ihnen was gesagt, was wir nicht wissen. Womöglich ist Spanien das neue Italien, das dreimal so durchseucht ist wie China. Die spanische Regierung hat heute neue Vorschriften verabschiedet. Die heftig subventionierten Reisen für alte Menschen, die der spanische Staat in der Nebensaison organisiert, damit die Hotels ausgelastet sind (viajes del inserso), werden auch bis auf weiteres ausgesetzt. Mein Schwager und meine Schwägerin, die eine solche Reise gebucht hatten, sind betroffen. Alle Flüge von und nach Italien sind eingestellt. In Madrid ist ab morgen der komplette Bildungsbetrieb eingestellt, von der Kinderkrippe bis zur Universität. Präsident Pedro Sanchez hat gesagt, er hätte einen Plan dafür, was mit den Kindern geschehen soll, während ihre Eltern arbeiten. Das ist fein, nicht wahr? Hoffentlich verrät er ihn zeitnah. Meine Freundin M.J. hat gerade ein WhatsApp geschickt, sie wäre einkaufen gewesen und es hätte weder Wasser noch Milch gegeben. Wenn in den Nachrichten soviel über das Hamstern gesprochen wird, ist es doch logisch, dass die Leute damit anfangen. Aber das ist womöglich die Absicht der Berichterstattung, denn wenn es so kommt wie in Italien, wenn Madrid so durchseucht wird wie Mailand... Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 1695, Deutschland 1565, Italien 10.149. Ganz Italien steht unter Quarantäne. War auch höchste Zeit. Hoffentlich passiert uns das hier nicht. Mein Sohn in San Sebastian hatte auch keine Vorräte. Er hat gesagt, wenn was ist komme ich zu euch, aber jetzt, wo man das in Italien sieht, dass man nicht reisen darf... Er hat jetzt auch ein paar Sachen gekauft, ein paar Dosen und einen Sack Futter für den Hund... Ich hoffe, ich mache die Leute nicht verrückt. Meine Freundin C. hat gerade ein WhatsApp geschickt, wir sollten uns nicht so verrückt machen. C. ist die, die es nicht bemerkt hat, als wir mal ein paar Tage kein Wasser hatten, weil sie irgendeinen Spezialtank hat. 

Freitag, 6. März 2020

Coronavirus - um beim Thema zu bleiben

In Kolumbien gibt es jetzt auch einen Fall, ein neunzehnjähriges Mädchen aus Mailand hat den Virus nach Bogotá gebracht. Warum lässt man die Leute aus Norditalien die Krankheit in die ganze Welt tragen? Dann hätte man auch die aus Wuhan den Virus verbreiten lassen können. Warum versucht man die Krankheit an manchen Orten zu bremsen und an anderen nicht? Warum will man die ganze Welt durchseuchen? Warum haben die Chinesen die ganzen Quarantänemaßnahmen durchgeführt?
In Valencia sind vom 15. bis 19. März die Fallas, ein großes Volksfest. Es gibt dort schon ein paar Coronavirus-Fälle, hauptsächlich von Fußballfans, die das Virus von einem Spiel in... Italien mitgebracht haben. Aber egal, nicht wahr, mit den Fallas werden 500 Millionen Euro umgesetzt, haben sie heute im Radio gesagt, darauf kann man nicht verzichten. Die Chinesen in Valencia  haben ihre Geschäfte und Restaurants geschlossen. Sie sind mit der Art und Weise, wie Spanien mit dem Virus umgeht, nicht einverstanden. Sie befürchten, dass die Fallas auch für das Virus zum Fest werden. Wer hat wohl recht? Die Spanier mit ihrer Sorglosigkeit oder die Chinesen? Die Zeit wird es zeigen. Valencia wird zum Versuchslabor. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Deutschland 670, Spanien 400. Ab diesem Wochenende soll es wieder kälter werden.

Coronavirus - Wo ist man sicher?

Ja, wo ist man sicher? Dass man in der tiefsten spanischen Provinz nicht sicher ist, habe ich Euch schon in meinem vorherigen Post dargelegt (mittlerweile 2 Fälle in Salamanca). Mein Sohn und meine Schwiegertochter sind gerade in Kolumbien, in Pereira bzw. in Bogotá. Pereira ist die Stadt ohne Sehenswürdigkeiten und Tourismus, von der ich Euch auch schon mal erzählt habe. Sie liegt mitten im Kolumbianischen Hochland. Ich sagte zu den beiden: "Wenn sich das Virus rasch ausbreitet, bleibt ihr am besten dort. Dort seid ihr sicher." Also wirklich, viel abgelegener geht es von uns aus ja nun wirklich nicht mehr. Aber: Es ist eines der bedeutendsten Kaffeeanbaugebiete der Welt. Da kann es schon mal sein, dass eine Delegation aus Mailand zum Verkosten anreist und das Virus hinschleppt, oder? Für Italiener gibt es ja keine Reisebeschränkungen. Und wenn die Kolumbianer sagen würden: "Ihr dürft hier nicht rein!", dann würde es bestimmt gleich heißen: "Ihr seid Rassisten!" und dann müssten sie die Italiener doch hereinlassen. So stelle ich mir das zumindest vor.
Morgen kommen die beiden wieder zurück nach Deutschland. Ich sagte zu ihnen: "Bringt Atemschutzmasken und Desinfektionsgel für die Hände mit!", denn diese Sachen sind ja in Deutschland und auch in Spanien ausverkauft (In dem spanischen Bergdorf, in dem mein anderer Sohn lebt, gibt es sie noch. Die scheinen sich dort ziemlich sicher zu fühlen. Noch! (Hahaha, oder?)
Atemschutzmasken waren in Bogotá auch schwer zu bekommen, obwohl es in Kolumbien noch keinen einzigen Fall gibt. Wisst Ihr, woran das meiner Meinung nach liegen kann? Vielleicht haben die Leute von dort Masken an ihre Verwandten in anderen Ländern geschickt, so war es nämlich bei uns in Salamanca: Als in China die Krankheit ausbrach und die Masken dort knapp wurden, haben die Chinesen hier in den Apotheken sämtliche Masken aufgekauft und nach China geschickt und man hat sie gelassen, weil man ja dachte, man bräuchte sie nicht und es kämen bald wieder welche herein. Was ich weiß: Der Apotheker bei uns im Ort hat erstmal - sehr vorausschauend, ganz früh - Masken für sich und seine Angestellten beiseite gelegt. Und dann blieben nur wenige, weil er ja auch nicht viele bevorratet hatte. Und dann gibt es außer den übervorsichtigen Käufern ja auch noch die, die sie aus medizinischen Gründen brauchen und für die dann keine mehr da sind. 
Jedenfalls haben sie in Bogotá noch Atemschutzmasken aufgetrieben, das beruhigt mich. Als völliger Laie und ahnungsloser Mensch denkt man, die Kolumbianer, die, wie gesagt, noch keinen einzigen Infizierten haben, könnten doch schon mal anfangen, massenhaft Masken herzustellen, nur für den Fall. Masken, Desinfektionsmittel, Schutzanzüge... Ich weiß, ich weiß, man versteht davon nichts und so ist es ja auch... und in Spanien verkünden sie jetzt auch im Radio und im Fernsehen und überall, dass die Masken gar nichts nützen, wenn man gesund ist, aber wenn ich in einer Großstadt in der U-Bahn stehe und jemand mich anhustet, da fühle ich mich trotzdem besser, wenn ich so eine Maske aufhabe.
Spanien lebt ja vom Tourismus. Ich habe das Gefühl, dass sehr wenig getan wird, um die Bevölkerung zu schützen. Israel lässt fast keine Menschen aus betroffenen Gebieten herein. Sie verzichten auf das komplette Ostergeschäft, obwohl das doch sicher für ihre Wirtschaft wichtig ist. In Sevilla wird auf die Semana Santa nicht verzichtet. In Madrid hätte heute das berühmte Besapies del Cristo de Medinaceli stattfinden sollen. Da werden einer Christusfigur die Füße geküsst. Letztes Jahr bildete sich eine Schlange, die einen ganzen Kilometer lang war. Solches Einem-Kruzifix-die-Füße küssen findet in vielen Kirchen statt, bei uns auch. Nach jedem Kuss wischt jemand symbolisch mit einem weißen Tuch über die geküsste Stelle. Es gab eine tagelange Diskussion, ob es in Madrid stattfinden soll oder nicht. Am Ende hat man sich dagegen entschieden, worüber die Gläubigen natürlich alles andere als erfreut sind. Ach so, und die Frage, wo man meiner Meinung nach vor dem Virus sicher ist, hat sich, glaube ich, von selbst beantwortet. 
Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Deutschland 545, Spanien 282. Spätestens wenn es warm wird, wird der Spuk vorbei sein, heißt es.

Donnerstag, 27. Februar 2020

Coronavirus

Ich erzähl's ganz schnell, ich will es eigentlich nur als Gedächtnisstütze für mich aufschreiben, ich habe es auch schon x-mal erzählt und will niemanden mehr damit nerven.
Also: Ich habe schon immer in unserem Haus in Spanien Bettzeug usw. vorrätig gehalten für den Fall, dass ein Atomkraftwerk hochgeht und unsere Verwandten aus Deutschland bei uns Zuflucht suchen müssen o.ä., also, das ist etwas, was ich immer im Kopf hatte, auch nach 9/11 oder so, als man sich irgendeinen Angriff vorstellen konnte. Und jetzt, als die Geschichte mit dem Virus losging, dachte ich: Hier in Salamanca, nicht einmal in der Stadt, in einer Siedlung quasi auf dem Land, in der tiefsten Provinz, sind wir absolut sicher und wenn sich das Zeug in Deutschland ausbreitet, können unsere Angehörigen ja aus der durch den Flughafen sicher sehr gefährdeten Rhein-Main-Region hierher fliehen. Das war mein Möchtegern-Prepper Denken.
So, und dann gibt es noch diese Stadt in Castilla y León, 65 Kilometer nördlich von Salamanca. Sie hat 60.000 Einwohner und heißt Zamora. Unten seht Ihr ein aus Wikipedia geklautes Bild. Die Stadt ist haargenau so, wie sie aussieht. Ein verschlafenes Nest, an dem die Zeit vorbeizieht. Vor Kurzem noch Ochsenkarren und Maultiere, jetzt Internet, irgendwann mal wieder Ochsenkarren, alles recht, alles eins in diesem nestigsten aller Nester. Ein aus der Zeit gefallener, zeitloser Ort und als ich ihn sah, dachte ich: Dies ist der Ort, der nach der Apokalypse, irgendeiner Apokalypse, übrig bleibt. 
Zamora – romanische Kathedrale über dem Duero
Aus Wiki kopiert: [...] "Bronzezeitliche Besiedlung ist nachweisbar. [...] Die in einem aus strategischen Gründen verwüsteten Gebiet im Niemandsland zwischen al-Andalus und dem christlichen Herrschaftsbereich gelegene Stadt wechselte im 9. Jahrhundert mehrfach Herrn und Einwohnerschaft. [...] Im 12. und frühen 13. Jahrhundert erlebte die Stadt ihre Blütezeit, die jedoch durch die Verlagerung des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Interesses in Richtung Andalusien ein Ende fand – sie sank auf den Rang einer Provinzstadt zurück, wodurch aber andererseits viele mittelalterliche Kirchen (allen voran die Kathedrale) erhalten blieben."
Damit endet die Geschichte von Zamora für die deutsche Wikipedia. Irgendwann nach dem 13. Jahrhundert. Für Zamora ist alles wurscht. Und von hier aus geht dann die Wiederbesiedlung des Erdballs aus. So dachte ich mir das, als ich vor ein paar Jahren auf dem traditionsgesättigten zamoranischen Boden wandelte. 
Und Anfang Februar, bevor wir nach München flogen, das ich für gefährdet hielt, dachte ich mir so: Zamora ist ein Ort, wo das Virus ganz bestimmt nie hinkommen wird. Und dann las ich am 06.02. in unserer Lokalzeitung im Internet, dass eine Delegation aus Guangzhou, aus China, das Städtchen besuchen würde. Das war für mich der totale Wendepunkt. Ich dachte, das gibt es doch nicht. Die können doch nicht mutwillig das Risiko eingehen, den Virus bis an diesen abgelegenen Fleck zu tragen! So wichtig kann das doch gar nicht sein, den Chinesen ein paar Flaschen von ihrem Kack-Wein zu verkaufen. Auch wenn das Risiko nur gering ist, es musste doch überhaupt nicht sein. Es hat mich geschockt. Von diesem Augenblick an glaubte ich zu wissen: Diese Säcke haben nicht die allerleiseste Absicht, uns zu beschützen.  Im Gegenteil. Das war am 06.02.20. Seither ist nichts geschehen, das mich bewogen hat, meine Meinung zu ändern. 
Es wäre doch eine hübsche Geste dem eigenen Volk gegenüber gewesen, die Chinesen auszuladen. Es hätte Vertrauen geweckt, aber das haben unsere Herrscher gar nicht nötig. Angesichts dessen, was in ihrem eigenen Land abging, hätten die Chinesen sicher Verständnis gehabt. Und auch wenn sie nie wieder irgendetwas von den Zamoranos gekauft hätten... wen juckt's? 
Und einer der ersten Verdachtsfälle in Spanien war natürlich in Salamanca, das ja voller ausländischer Studenten ist und der Tourismus ist eine wichtige Einkommensquelle. Der Verdacht bei dem jungen Italiener bestätigte sich allerdings nicht. Aber Sicherheit, auch relative Sicherheit, gibt es hier nicht. Ich hätte echt nicht gedacht, dass wir vor dem Rhein-Main-Gebiet dran sind. Sorry! Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 25, Deutschland 41. Die Hoffnung in Spanien ruht darauf, dass es bald warm wird und der Virus dann von allein verschwindet. Ich habe gestern und vorgestern für 500 Euro Vorräte und Prepper-Material gekauft. Schutzmasken gibt es seit Tagen nicht mehr, Handdesinfektionsgel auch nicht. Schutzmasken wird es auch auf absehbare Zeit nicht mehr geben, da alle, die hergestellt werden, an die gehen, die sie dringend brauchen.

Donnerstag, 7. November 2019

Aus meiner WhatsApp-Gruppe

Es handelt sich um eine Gruppe spanischer Damen, die sich zum Kaffee treffen möchten. Ihr wisst, dass es üblich ist, dass Anteile an Losen der spanischen Weihnachtslotterie mit Aufschlägen für Wohltätigkeiten verkauft werden. Wir haben zum Beispiel Losanteile vom Roten Kreuz, mit denen man 2,50 Euro spielt, für die man aber 3 Euro bezahlt, oder für irgendein Dorf, das schöner werden soll, bei dem man 4 Euro spielt, aber 5 Euro bezahlt. Eine der Damen aus der Gruppe möchte solche Lose mitbringen. Sie ist neben A., die das Herzstück der Gruppe ist, also die zweitwichtigste Person, B.

A: Wollen wir uns auf einen Kaffee treffen? B. muss uns die Lose bringen, wir müssen sie bezahlen. Möglichst bald, meine ich, sonst fällt der Kaffee mit unserem Weihnachtsessen zusammen! B., sag du, wann und wo! Ich wünsche euch Gesundheit und einen guten Tag.
A: P.S.:Dienstag oder Mittwoch wäre ideal.
C: Ich kann weder dienstags noch mittwochs, ich muss arbeiten. Ich wäre euch dankbar, wenn wir einen anderen Tag ausmachen könnten.
A: Gut, dann am Freitag, das ist anscheinend der beste Tag, da können die meisten.
B: Am Freitag habe ich die Lose noch nicht. Ich bekomme sie erst am Wochenende. Wie wär's mit Montag?
D: Montags und donnerstags kann ich nicht, tut mir leid. Morgens kann ich immer. Und freitags.
B: Gut, dann am nächsten Freitag. Also am Freitag in einer Woche. Morgens können die, die arbeiten, doch nicht.
E: Freitag ist gut, am Freitag kann ich.
F: Freitag in einer Woche ist ideal.
B: Sagt, wann und wo.
A: Es wird so früh dunkel, wir sollten uns so früh wie möglich treffen. Nennt Ort und Uhrzeit.
B: [Nennt Ort und Uhrzeit, mehrere Damen stimmen zu]
A: Oh je, mein Mann erinnert mich gerade daran, dass nächsten Freitag das Fest des Heiligen Albertus Magnus ist, da kann ich nicht. [Albertus Magnus ist der Patron der Naturwissenschaften der Universität Salamanca und sein Tag ist Anlass zu einem der größten Feste der Universität, mit Umzügen, Preisverleihungen und ausgesuchten Vorträgen.]
F: Ich kann mittwochs und donnerstags nicht.
G:  Ich kann dienstags und donnerstags zwischen 19 und 21 Uhr nicht.
A: Es sieht ganz so aus, als wäre der Freitag der beste Tag. Trefft euch halt am Albertus-Tag ohne mich.
B: Wie wär's denn mit Freitag, dem 22.?
[Allgemeine Zustimmung]
B: Ich lege die Lose beiseite, die ihr bestellt habt. Ich habe A., D. und G. notiert.
J: Ich möchte auch.
H: Ich auch.
I: Ich auch.
E: Warum hast du mich denn nicht auf deiner Liste?
B: Ich bringe für jede ein Los mit.
H: Das ist gut.
J: Ich hätte gerne zwei.
G: Ich hatte dir doch gesagt, dass ich drei will. Hast du das nicht aufgeschrieben?
B: Ich habe nachgeschaut. Ich habe für dich zwei aufgeschrieben.
G: Hatte ich zwei gesagt? Entschuldige.
B: Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.
A: Ich will drei.
C: Ich hatte D. gesagt, dass ich drei will. Hat sie dir das nicht ausgerichtet?
F: Ich will 1x1, 1x2 und 1x3, schreib es dir bitte auf, du verlierst sonst den Überblick.
B: [B. schickt ein Emoji mit einem Daumen nach oben.]
An dieser Stelle schrieb ich: "Lest Euch diese Unterhaltung noch mal in Ruhe durch, sie ist so lustig!"
Ich hoffe, Ihr findet sie auch lustig.


Dienstag, 5. November 2019

Die Andenken, die wir aus Japan mitgebracht haben

Wir haben nicht viele Andenken aus Japan mitgebracht, vor allem aus dem altbekannten Grund: Wir haben schon so viel "Zeug". Ich will heute Abend aber das benutzen, was in der Mitte vom Bild liegt, ich weiß gar nicht, ob man es überhaupt erkennt. Es handelt sich um einen gelben und einen orangen Plastikstreifen, die dazu dienen, Eier mit einem gezackten bzw. einem Wellenrand in zwei Teile zu teilen. Davor liegt der Kassenzettel, der noch im Tütchen lag. 182 Yen, das sind so 1,50 Euro. Dieser Gegenstand kommt aus dem Kaufhaus Tokyu Hands, in dem es ganz viele Gadgets gibt, Chindogus, wie diese, hier klicken. Ich finde dieses Zeug so toll. Es gab ein ganzes Regal, das mit Werkzeug rund um's Ei bestückt war: Offensichtliche Dinge wie Eieranpiekser, Eier in Scheibenschneider, Teller, um Spiegeleier in der Mikrowelle zuzubereiten, Eierkocher, Würfel für diejenigen, die Verlangen nach viereckigen Eiern haben und eben diese Streifen, siehe unten, bei denen ich zugegriffen habe, weil halbierte Eier mit gezackten Rändern in meinem Leben echt gefehlt haben.  
Bitte beachtet die Hakenkreuze auf dem Papier, in das die Räucherstäbchen unten links gewickelt sind, nicht. Hakenkreuze sind für die Buddhisten religiöse Glücksbringer (einfach nicht beachten!). Was haben wir noch? Unter den Räucherstäbchen liegt ein Prospekt von dem Tempel, wo ich sie gekauft habe.
Links über den Räucherstäbchen liegt ein grünliches Päckchen. Ich erinnerte mich nicht mehr, um was es sich dabei handelte und benutzte diese App, die ich habe, die sich den Aufdruck per Kamera anschaut und dann übersetzt. So konnte ich herausfinden, dass es sich bei dem Inhalt um Badezusatz handelt und nicht um Miso-Suppenpulver, wie ich vermutet hatte. Uff, noch mal Glück gehabt!
Die Tüten dahinter beinhalten Daifuku, kleine Reissüßigkeiten hier klicken, die ich sehr gerne mag. Ich hatte viel mehr mitgebracht, aber einen Teil habe ich verschenkt und einen Teil gefuttert. Meiner Nachbarin und ihrer Familie, die eigentlich nach dem Motto "was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" leben, habe ich davon gegeben und ihnen erzählt, wie gut mir diese Dinger schmecken. Ich freue mich, berichten zu können, dass sie den Erwachsenen und den Kindern sehr gut geschmeckt haben. Hinten in der Mitte ist das japanische KitKat mit Grünteegeschmack, das praktisch ein obligatorisches Mitbringsel ist. Rechts daneben steht eine hölzerne japanische Puppe, die uns geschenkt wurde. Man nennt diese typischen Puppen Kokeshi. Was haben wir noch? Ein paar grüne Socken mit separater Großzehe. Vielleicht hat mein jüngster Sohn Interesse daran. Er trägt manchmal Socken zu Flip-Flops siehe hier klicken
Dann liegt da noch eine Postkarte mit einem sehr berühmten Motiv, nämlich der "Großen Welle von Kanagawa" des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai aus dem 19. Jh., das aber total modern aussieht. Ich wollte eigentlich ein kleines Poster davon kaufen. Siehe hier klicken, falls dieser Farbholzschnitt jemanden interessiert. Was ich mitbringen wollte und nicht gefunden haben: Samen von japanischen Schwarzkiefern. Es war wohl nicht die richtige Jahreszeit. 
So, jetzt fehlt nur noch eine Sache und die kriegt ihr eigenes Bild:
Nämlich dieser aufwändig gestaltete Umschlag. Ich weiß, über Geld spricht man nicht, aber dieser Umschlag sagt so viel: Darin wurde meinem Gatten irgendein Betrag erstattet. Anstatt dass man ihm das Geld irgendwie in die Hand gedrückt hätte, wurde es beidhändig mit einer Verbeugung in diesem Umschlag überreicht. Arigatou. Japan ist der Hammer. 
Ja, und jetzt interessiert Euch sicher noch, ob das mit dem gezackten Eirand geklappt hat.

Ja, oder? Man kann es auf dieser Detailaufnahme meiner gefüllten Eier erkennen, oder? Und es war ja auch das erste Mal, dass ich dieses wichtige und sinnreiche Haushaltsgerät in Betrieb genommen habe. So, das waren unsere Souvenirs aus Japan! Den Rest, die immateriellen Mitbringsel, tragen wir in unseren Herzen. 

Samstag, 26. Oktober 2019

Kulinarische Lebenserfahrungen

Als ich so zwölf oder dreizehn war, erzählte eine Freundin, die im Urlaub in Jugoslawien gewesen war (gab's damals noch), dass sie dort Spaghetti mit Tomatensoße mit Thunfisch gegessen hätte. Was?!? Tomatensoße mit Thunfisch? Das war ja sensationell! Bei uns war Tomatensoße eine Einbrenn mit Zwiebeln, einem Döschen Tomatenmark, Wasser, Salz und Pfeffer. Und die taten dort noch Thunfisch rein? Wahnsinn. Wie schmeckt das wohl? Kann man das überhaupt essen? Passt das zusammen?
Als ich sechzehn war, waren wir mit der Schule in München und landeten auch bei Dallmayr. Der Eindruck, den dieses Geschäft auf mich machte, ist bis heute unvergessen. Und auf dem Viktualienmarkt aß ich zum ersten Mal frische Datteln, daran kann ich mich auch heute noch erinnern. Was es auf dem Viktualienmarkt alles gab, das man noch nie gesehen hatte, madre mía.
Später sah man die Kleinmarkthalle in Frankfurt mit ihrem beeindruckenden Sortiment, wunderschöne Märkte oder Käsegeschäfte oder Bäckereien in Paris, Fischtheken, Wurst- und Schinkenstände in Spanien, die Tapasauswahl in San Sebastian, die Lebensmittelabteilung von Harrods in London... und irgendwie tat es einem leid, dass man schon so viel gesehen und so viel probiert hatte und dass es immer weniger gegeben würde, das einen beeindrucken konnte und das erste Mal irgendwas gibt es auch immer nur einmal.  
Jedenfalls wurden uns die Lebensmittelabteilungen der großen Kaufhäuser in Tokio empfohlen. Was sollte es da schon groß geben? Wir hatte ja schon wunderbares Sushi gesehen und gegessen. Wie wollten die denn da noch eins draufsetzen? Aber gut, nicht wahr, schauen wir es uns halt an. 
Leute, mir ist die Kinnlade bis auf den Boden hinuntergefallen. Ihr könnt es Euch nicht vorstellen und ich kann es nicht beschreiben. Auf einer riesigen Fläche wird hier das schönste und das beste aus der ganzen Welt zusammengetragen, im wahrsten Sinne des Wortes. Bunte Macarons aus Paris werden feilgeboten, die Wiener Konditorei Demel hat einen Stand, Äpfel, so groß und so schön, wie ich sie noch nie gesehen habe. Meeresfrüchte und Fisch, roh oder zubereitet, gegrillt, mariniert, getrocknet, geräuchert, eingesalzen, gebeizt, paniert, in Tempura,  gebraten, gesotten, Fleisch... wir lachen, wenn es heißt, dass die in Japan Rinder haben, die Bier zu trinken bekommen und massiert werden, damit sich das Fett gut verteilt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das stimmt. Ich traue das den Japanern zu. Sie haben so wunderbares Rindfleisch. Es ist wie das Schweinefleisch von der iberischen Schweinerasse in Spanien und hat das Fett im Muskel verteilt. In dem besonderen Restaurant, von dem ich Euch erzählt habe, dem, in das wir mit dem Kleinwagen gefahren sind, dort haben wir drei gegrillte Rindfleischwürfelchen bekommen. Die waren so zart, die sind auf der Zunge zergangen. Wenn ich jetzt so dran denke... es kann gut sein, dass sich mir diese Rindfleischwürfelchen auch ins Gedächtnis eingegraben haben.
Die ganzen fertig zubereiteten Gerichte, die es im Kaufhaus gab... und alles so liebevoll hergerichtet und wunderschön und farbenfroh dekoriert. Es gibt sehr viele Angestellte, aber auch sehr viele Kunden. Wie toll sie alles verzieren... Die Bentoboxen... früher hätte man gesagt: schön wie gemalt, aber die Bentoboxen selbst sind Kunstwerke. Die Fotos im Internet können der Sache nicht gerecht werden, denn sie können immer nur einzelne Elemente zeigen und nicht die Gesamtheit, diesen riesigen Saal, in dem die besten Speisen aus der ganzen Welt zusammengetragen worden sind. Es war die Food Hall im Kaufhaus Isetan in Shinjuku. Diese Lebensmittelabteilungen sind ein absolutes Muss (und ich sage das nicht leichtfertig) für Foodies, die Tokyo besuchen. Plant genug Zeit ein, lasst lieber irgendeinen Tempel sausen. Wir hatten nicht so viel Zeit, wie ich mir gewünscht hätte. Ich hätte da problemlos mehrere Stunden verbringen können. Auf diesem Blog hier klicken gibt es Bilder (runter scrollen), mit denen man eine ganz flüchtige Ahnung davon bekommen kann, was es bei Isetan alles zu futtern gibt.