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Samstag, 18. April 2020

Tag 34 der Quarantäne

Ana, die Nachbarin unserer Nachbarin, hatte schon angefangen, die Tage rückwärts zu zählen. Am 26. sollte die Quarantäne enden. Jetzt verdichten sich die Gerüchte, dass sie bis zum 11. Mai verlängert wird. Morgen soll es offiziell verkündet werden. Und was kommt danach? Weiß man nicht. In Deutschland darf man wenigstens zum Sport und zum Spazierengehen raus, hier nicht.
Jemand hat mir erzählt, dass er erwägt, in den Zweitwohnsitz in unserer Siedlung zu kommen, wo er einen Garten hat und auch einen Heimtrainer. Gerade gestern ist aber verkündet worden, dass die Strafe für den Versuch, einen Zweitwohnsitz zu erreichen, 1500 Euro beträgt, falls man erwischt wird. Ich hatte der in Rede stehenden Person versichert, die Leute in unserer Siedlung würden garantiert nichts verraten, aber nachdem, was mir heute erzählt wurde, bin ich mir nicht mehr sicher: Eine Freundin in unserer Straße hatte ihren hochbetagten Vater, der allein in der Stadt lebte, für die Zeit der Quarantäne zu sich geholt. Einmal am Tag ging er mit seinem Rollator knapp 100 Meter weit spazieren, 100 Meter hin, 100 Meter zurück. Ein Anwohner beobachtete dies und beschimpfte ihn wüst: Verantwortungslose Menschen wie er seien daran schuld, dass wir alle eingesperrt seien. Danach traute er sich nicht mehr hinaus.
Die Karwoche ohne Prozessionen war unspanisch. Im Fernsehen wurden Prozessionen aus vergangenen Jahren übertragen. In der Nacht vom Gründonnerstag auf Karfreitag wurde die berühmteste aller Prozessionen, die Madrugada in Sevilla, von 2018 gezeigt. 
Die Sorge, ob es wohl regnet oder nicht, die die Teilnehmer in Salamanca fast jedes Jahr quält, hatten sie dieses Jahr nicht. 
Der Papst bei seinen Gottesdiensten fast allein im Petersdom. Diese Bilder werden sich einem auch ins Gedächtnis einprägen. 
Naja, wir versuchen, es uns zuhause so gemütlich wie möglich zu machen.
Am Karfreitag kochte ich die typische spanische Karfreitagssuppe: Stockfisch, Kichererbsen, frischer Spinat, Kartoffel und Rosinen. Da ich keinen Stockfisch hatte, verwendete ich Thunfisch aus der Dose, frischen Spinat hatte ich auch nicht, den ersetzte ich durch Tomaten, die Rosinen passten nun aber gar nicht mehr dazu und obwohl ich welche hatte, ersetzte ich sie durch eine rote Paprikaschote. Kichererbsen und Kartoffeln waren aber drin in meiner Potaje de vigilia. Das gekochte Ei obendrauf zur Deko hatte ich bloß vergessen.


Am Ostersonntag gab es einen Salat in Frühlingsfarben als Vorspeise: 


Mein Gatte sagte, ich solle nicht unsere Gesundheit in Gefahr bringen, um Lamm zu kaufen. Also taute ich eine Hirschkeule auf. Sie war wunderbar zart. Ich hatte sie im Le Creuset-Topf im Ofen zubereitet. 


Da wir auch keine Gelegenheit hatten, Ostereier zu kaufen, backte ich nach dem Rezept für fränkische Hausfreunde ein paar Plätzchen: Es ist Buttergebäck mit Marmelade und Marzipan gefüllt und mit Schokoguss verziert.


Ja, das hausgemachte Ostergebäck erklärt so manches: Als ich unser Bankkonto am Computer prüfte, stand da so ziemlich in der Mitte ein Posten 0,00 Euro, der mir noch nie aufgefallen war. Ich schaute genauer hin: Es waren die mit dem Kärtchen getätigten Ausgaben. Da steht nie 0,00. Es ist der 17. des Monats und wir haben noch nichts ausgegeben. Und wir sind sicher nicht die einzigen. Gut für die Wirtschaft ist das nicht.  

Samstag, 11. April 2020

Wir nutzen die Quarantänezeit sinnvoll: Ochsenschwanzsuppe im Test



Auf der ewigen Suche nach der Suppe aus dem Päckchen, die uns als Kindern so gut geschmeckt hat, haben wir die Ochsenschwanzsuppe "Für Genießer" von Maggi verkostet. Ich will gar nicht lange um das heiße Gericht herumreden: Sie schmeckt schlecht. Sie schmeckt nach Pappdeckel, ich glaube, das liegt am Potpourri der Zutaten, mit denen man versucht, den Geschmack von Ochsenschwanzsuppe zu imitieren. 
Sie sieht aus wie jede andere Ochsenschwanzsuppe aus dem Päckchen, also lecker, aber wie bereits bei anderen Ochsenschwanzsuppenverkostungen gesagt: Das Auge isst nicht allein. 
"Mit würzigem Rindfleisch" steht auf der Verpackung. Das Trockenprodukt (42 Gramm) enthält 0,9% Fleisch. 0,9% von 42 Gramm, wie viel ist denn das? Knapp unter 0,4 Gramm. Sind 0,4 Gramm Fleisch überhaupt mit bloßem Auge sichtbar? Ich glaube, da hole ich mir manchmal mehr zwischen den Zähnen hervor. Ziemlich sicher sogar. Machen die 0,4 Gramm geschmacklich einen Unterschied? Die hätten man doch auch noch weglassen können und die Suppe als "vegetarisch" oder "vegan" auf den Markt bringen können, aber da wurde bestimmt eine Studie gemacht und festgestellt, dass das Produkt Ochsenschwanzsuppe sich besser verkauft, wenn es eine gewisse -wenngleich symbolische- Menge Fleisch enthält als wenn es als "vegan" vermarktet wird. 
Die Suppe hat laut Packungsaufschrift eine Rotweinnote. Auf der Zutatenliste sind auch tatsächlich 0,1 % Rotweinpulver vermerkt. Das sind 0,04 Gramm. Okay, ne. 
Zusammenfassend: Auf der Plusseite: Die Suppe lässt sich sehr leicht zubereiten, einfach mit kaltem Wasser verrühren, aufkochen, 3 Minuten köcheln lassen. Sie hatte eine sämige, gute Konsistenz, sie sieht ordentlich aus. Sie hat keine Zutatenliste, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, und pro Teller nur 71 Kalorien. Auf der Minusseite: Sie schmeckt nicht gut. Ich möchte sie nicht noch einmal essen. 

Dienstag, 10. März 2020

Das Coronavirus bei uns in Spanien

Ihr wisst, ich bin der Meinung, man sollte ein bisschen vorsorgen. In den spanischen Nachrichten berichten sie von Hamsterkäufen, die Leute räumen die Läden leer, insbesondere Toilettenpapier wird stark nachgefragt. Heute früh ging ich in die Apotheke, um ein paar Medikamente zu besorgen, denn ich warte praktisch immer bis zur letzten Tablette bevor ich nachkaufe, und das ist keine gute Strategie. Auf dem Weg zur Apotheke begegnete ich Nachbarn und fragte sie, ob sie auch ordentlich Vorräte angelegt haben. Nein, antworteten sie, sie hätten aber FFP2-Masken. Wow. Da der uns nächstgelegene Supermarkt ein Prospekt mit richtig guten Angeboten in die Briefkästen geworfen hat, forderte ich sie dringend auf, ihre Speisekammer zu bestücken. In meinem eigenen Interesse, nicht, dass sie dann kommen...hast du mal??? Da muss ich morgen noch einmal nachhaken. 
Als ich weiterging, begegnete ich einem lieben Freund in hohem Alter, der gerade vom Einkaufen kam. "Was ist? Habt ihr Vorräte angelegt?" fragte ich ihn. "Ich halte davon nichts," antwortete er. "Ich war nur gerade im Ort und habe ein paar Kilo Kichererbsen und Linsen gekauft. Und ich habe einen Schinken [darunter versteht man einen ganzen spanischen Schinken mit Fuß und vielleicht sieben Kilo Gewicht] und einen Lomo bestellt. Die werden mir dann gebracht." Unsereiner würde denken, dass das für zwei alte Leutchen schon ganz schön viel ist. Es ist hier sehr schwer zu wissen, was die Leute eingelagert haben und was nicht. Man hält sich gerne bedeckt. Unser Nachbar links gegenüber ist ein Jäger und hat eine große Tiefkühltruhe voller Fleisch. Das weiß ich, weil ich sie schon gesehen habe und er uns gelegentlich etwas schenkt. Die Nachbarn rechts gegenüber haben auch eine volle Tiefkühltruhe, weil sie gerne Sonderangebote kaufen, zum Beispiel ganze Käse, die sie in Stücken einfrieren und so weiter. Bei meinem direkten Nachbarn zur Linken war ich mal im Souterrain, weil er mir eine feuchte Stelle zeigen wollte, und sah dabei, dass der Raum, der bei uns Gästezimmer ist, beim ihm eine sehr, sehr gut bestückte Speisekammer ist. Diese Fülle hat mich ganz schön überrascht. 
Also, wie gesagt, in den Nachrichten wurden Bilder vom Hamstern, von leeren Regalen, Schlangen vor den Kassen und Wägelchen mit Warenbergen gezeigt, und damit indirekt natürlich dringend zum Hamstern aufgefordert. In Madrid ist in vielen Läden das Klopapier ausverkauft! Der Besitzer der größten und beliebtesten spanischen Supermarktkette Mercadona musste versichern, dass von allem genug da ist. Aber dass das nicht stimmt, weiß ja jeder seiner Kunden, der in den letzten Tagen Desinfektionsmittel für die Hände kaufen wollte.
Das wollte ich doch alles gar nicht erzählen. Ich ging also in die Apotheke und kaufte die Medikamente. Man hört, dass die Grundstoffe für praktisch alle Medikamente aus China kommen und die Chinesen nicht mehr liefern. Ich bekam mein Zeugs aber problemlos. 
Am Nachmittag ging ich zum Friseur. Mein Gatte hatte gemeint, man sollte gehen, bevor sich das Virus weiter ausbreitet. Okay, erledigt. Die Friseuse, die mich bediente, ist mit einem Feuerwehrmann verheiratet. Sie erzählte, dass die Notdienste in Salamanca heute früh eine Versammlung gehabt hätten, auf der ihnen vom Gesundheitsministerium der Regionalregierung mitgeteilt wurde, dass der Höhepunkt des Coronavirus für die Stadt in acht bis zehn Tagen vorgesehen ist. Also zwischen dem achtzehnten und dem zwanzigsten März. Die Feuerwehr erhielt Schutzanzüge. Man darf gespannt sein. Es ist jetzt schon verboten, alte Menschen in Altersheimen/Seniorenresidenzen zu besuchen. Amerikaner haben die Stadt verlassen. Womöglich hat ihre Botschaft ihnen was gesagt, was wir nicht wissen. Womöglich ist Spanien das neue Italien, das dreimal so durchseucht ist wie China. Die spanische Regierung hat heute neue Vorschriften verabschiedet. Die heftig subventionierten Reisen für alte Menschen, die der spanische Staat in der Nebensaison organisiert, damit die Hotels ausgelastet sind (viajes del inserso), werden auch bis auf weiteres ausgesetzt. Mein Schwager und meine Schwägerin, die eine solche Reise gebucht hatten, sind betroffen. Alle Flüge von und nach Italien sind eingestellt. In Madrid ist ab morgen der komplette Bildungsbetrieb eingestellt, von der Kinderkrippe bis zur Universität. Präsident Pedro Sanchez hat gesagt, er hätte einen Plan dafür, was mit den Kindern geschehen soll, während ihre Eltern arbeiten. Das ist fein, nicht wahr? Hoffentlich verrät er ihn zeitnah. Meine Freundin M.J. hat gerade ein WhatsApp geschickt, sie wäre einkaufen gewesen und es hätte weder Wasser noch Milch gegeben. Wenn in den Nachrichten soviel über das Hamstern gesprochen wird, ist es doch logisch, dass die Leute damit anfangen. Aber das ist womöglich die Absicht der Berichterstattung, denn wenn es so kommt wie in Italien, wenn Madrid so durchseucht wird wie Mailand... Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 1695, Deutschland 1565, Italien 10.149. Ganz Italien steht unter Quarantäne. War auch höchste Zeit. Hoffentlich passiert uns das hier nicht. Mein Sohn in San Sebastian hatte auch keine Vorräte. Er hat gesagt, wenn was ist komme ich zu euch, aber jetzt, wo man das in Italien sieht, dass man nicht reisen darf... Er hat jetzt auch ein paar Sachen gekauft, ein paar Dosen und einen Sack Futter für den Hund... Ich hoffe, ich mache die Leute nicht verrückt. Meine Freundin C. hat gerade ein WhatsApp geschickt, wir sollten uns nicht so verrückt machen. C. ist die, die es nicht bemerkt hat, als wir mal ein paar Tage kein Wasser hatten, weil sie irgendeinen Spezialtank hat. 

Dienstag, 5. November 2019

Die Andenken, die wir aus Japan mitgebracht haben

Wir haben nicht viele Andenken aus Japan mitgebracht, vor allem aus dem altbekannten Grund: Wir haben schon so viel "Zeug". Ich will heute Abend aber das benutzen, was in der Mitte vom Bild liegt, ich weiß gar nicht, ob man es überhaupt erkennt. Es handelt sich um einen gelben und einen orangen Plastikstreifen, die dazu dienen, Eier mit einem gezackten bzw. einem Wellenrand in zwei Teile zu teilen. Davor liegt der Kassenzettel, der noch im Tütchen lag. 182 Yen, das sind so 1,50 Euro. Dieser Gegenstand kommt aus dem Kaufhaus Tokyu Hands, in dem es ganz viele Gadgets gibt, Chindogus, wie diese, hier klicken. Ich finde dieses Zeug so toll. Es gab ein ganzes Regal, das mit Werkzeug rund um's Ei bestückt war: Offensichtliche Dinge wie Eieranpiekser, Eier in Scheibenschneider, Teller, um Spiegeleier in der Mikrowelle zuzubereiten, Eierkocher, Würfel für diejenigen, die Verlangen nach viereckigen Eiern haben und eben diese Streifen, siehe unten, bei denen ich zugegriffen habe, weil halbierte Eier mit gezackten Rändern in meinem Leben echt gefehlt haben.  
Bitte beachtet die Hakenkreuze auf dem Papier, in das die Räucherstäbchen unten links gewickelt sind, nicht. Hakenkreuze sind für die Buddhisten religiöse Glücksbringer (einfach nicht beachten!). Was haben wir noch? Unter den Räucherstäbchen liegt ein Prospekt von dem Tempel, wo ich sie gekauft habe.
Links über den Räucherstäbchen liegt ein grünliches Päckchen. Ich erinnerte mich nicht mehr, um was es sich dabei handelte und benutzte diese App, die ich habe, die sich den Aufdruck per Kamera anschaut und dann übersetzt. So konnte ich herausfinden, dass es sich bei dem Inhalt um Badezusatz handelt und nicht um Miso-Suppenpulver, wie ich vermutet hatte. Uff, noch mal Glück gehabt!
Die Tüten dahinter beinhalten Daifuku, kleine Reissüßigkeiten hier klicken, die ich sehr gerne mag. Ich hatte viel mehr mitgebracht, aber einen Teil habe ich verschenkt und einen Teil gefuttert. Meiner Nachbarin und ihrer Familie, die eigentlich nach dem Motto "was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" leben, habe ich davon gegeben und ihnen erzählt, wie gut mir diese Dinger schmecken. Ich freue mich, berichten zu können, dass sie den Erwachsenen und den Kindern sehr gut geschmeckt haben. Hinten in der Mitte ist das japanische KitKat mit Grünteegeschmack, das praktisch ein obligatorisches Mitbringsel ist. Rechts daneben steht eine hölzerne japanische Puppe, die uns geschenkt wurde. Man nennt diese typischen Puppen Kokeshi. Was haben wir noch? Ein paar grüne Socken mit separater Großzehe. Vielleicht hat mein jüngster Sohn Interesse daran. Er trägt manchmal Socken zu Flip-Flops siehe hier klicken
Dann liegt da noch eine Postkarte mit einem sehr berühmten Motiv, nämlich der "Großen Welle von Kanagawa" des japanischen Künstlers Katsushika Hokusai aus dem 19. Jh., das aber total modern aussieht. Ich wollte eigentlich ein kleines Poster davon kaufen. Siehe hier klicken, falls dieser Farbholzschnitt jemanden interessiert. Was ich mitbringen wollte und nicht gefunden haben: Samen von japanischen Schwarzkiefern. Es war wohl nicht die richtige Jahreszeit. 
So, jetzt fehlt nur noch eine Sache und die kriegt ihr eigenes Bild:
Nämlich dieser aufwändig gestaltete Umschlag. Ich weiß, über Geld spricht man nicht, aber dieser Umschlag sagt so viel: Darin wurde meinem Gatten irgendein Betrag erstattet. Anstatt dass man ihm das Geld irgendwie in die Hand gedrückt hätte, wurde es beidhändig mit einer Verbeugung in diesem Umschlag überreicht. Arigatou. Japan ist der Hammer. 
Ja, und jetzt interessiert Euch sicher noch, ob das mit dem gezackten Eirand geklappt hat.

Ja, oder? Man kann es auf dieser Detailaufnahme meiner gefüllten Eier erkennen, oder? Und es war ja auch das erste Mal, dass ich dieses wichtige und sinnreiche Haushaltsgerät in Betrieb genommen habe. So, das waren unsere Souvenirs aus Japan! Den Rest, die immateriellen Mitbringsel, tragen wir in unseren Herzen. 

Samstag, 26. Oktober 2019

Kulinarische Lebenserfahrungen

Als ich so zwölf oder dreizehn war, erzählte eine Freundin, die im Urlaub in Jugoslawien gewesen war (gab's damals noch), dass sie dort Spaghetti mit Tomatensoße mit Thunfisch gegessen hätte. Was?!? Tomatensoße mit Thunfisch? Das war ja sensationell! Bei uns war Tomatensoße eine Einbrenn mit Zwiebeln, einem Döschen Tomatenmark, Wasser, Salz und Pfeffer. Und die taten dort noch Thunfisch rein? Wahnsinn. Wie schmeckt das wohl? Kann man das überhaupt essen? Passt das zusammen?
Als ich sechzehn war, waren wir mit der Schule in München und landeten auch bei Dallmayr. Der Eindruck, den dieses Geschäft auf mich machte, ist bis heute unvergessen. Und auf dem Viktualienmarkt aß ich zum ersten Mal frische Datteln, daran kann ich mich auch heute noch erinnern. Was es auf dem Viktualienmarkt alles gab, das man noch nie gesehen hatte, madre mía.
Später sah man die Kleinmarkthalle in Frankfurt mit ihrem beeindruckenden Sortiment, wunderschöne Märkte oder Käsegeschäfte oder Bäckereien in Paris, Fischtheken, Wurst- und Schinkenstände in Spanien, die Tapasauswahl in San Sebastian, die Lebensmittelabteilung von Harrods in London... und irgendwie tat es einem leid, dass man schon so viel gesehen und so viel probiert hatte und dass es immer weniger gegeben würde, das einen beeindrucken konnte und das erste Mal irgendwas gibt es auch immer nur einmal.  
Jedenfalls wurden uns die Lebensmittelabteilungen der großen Kaufhäuser in Tokio empfohlen. Was sollte es da schon groß geben? Wir hatte ja schon wunderbares Sushi gesehen und gegessen. Wie wollten die denn da noch eins draufsetzen? Aber gut, nicht wahr, schauen wir es uns halt an. 
Leute, mir ist die Kinnlade bis auf den Boden hinuntergefallen. Ihr könnt es Euch nicht vorstellen und ich kann es nicht beschreiben. Auf einer riesigen Fläche wird hier das schönste und das beste aus der ganzen Welt zusammengetragen, im wahrsten Sinne des Wortes. Bunte Macarons aus Paris werden feilgeboten, die Wiener Konditorei Demel hat einen Stand, Äpfel, so groß und so schön, wie ich sie noch nie gesehen habe. Meeresfrüchte und Fisch, roh oder zubereitet, gegrillt, mariniert, getrocknet, geräuchert, eingesalzen, gebeizt, paniert, in Tempura,  gebraten, gesotten, Fleisch... wir lachen, wenn es heißt, dass die in Japan Rinder haben, die Bier zu trinken bekommen und massiert werden, damit sich das Fett gut verteilt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das stimmt. Ich traue das den Japanern zu. Sie haben so wunderbares Rindfleisch. Es ist wie das Schweinefleisch von der iberischen Schweinerasse in Spanien und hat das Fett im Muskel verteilt. In dem besonderen Restaurant, von dem ich Euch erzählt habe, dem, in das wir mit dem Kleinwagen gefahren sind, dort haben wir drei gegrillte Rindfleischwürfelchen bekommen. Die waren so zart, die sind auf der Zunge zergangen. Wenn ich jetzt so dran denke... es kann gut sein, dass sich mir diese Rindfleischwürfelchen auch ins Gedächtnis eingegraben haben.
Die ganzen fertig zubereiteten Gerichte, die es im Kaufhaus gab... und alles so liebevoll hergerichtet und wunderschön und farbenfroh dekoriert. Es gibt sehr viele Angestellte, aber auch sehr viele Kunden. Wie toll sie alles verzieren... Die Bentoboxen... früher hätte man gesagt: schön wie gemalt, aber die Bentoboxen selbst sind Kunstwerke. Die Fotos im Internet können der Sache nicht gerecht werden, denn sie können immer nur einzelne Elemente zeigen und nicht die Gesamtheit, diesen riesigen Saal, in dem die besten Speisen aus der ganzen Welt zusammengetragen worden sind. Es war die Food Hall im Kaufhaus Isetan in Shinjuku. Diese Lebensmittelabteilungen sind ein absolutes Muss (und ich sage das nicht leichtfertig) für Foodies, die Tokyo besuchen. Plant genug Zeit ein, lasst lieber irgendeinen Tempel sausen. Wir hatten nicht so viel Zeit, wie ich mir gewünscht hätte. Ich hätte da problemlos mehrere Stunden verbringen können. Auf diesem Blog hier klicken gibt es Bilder (runter scrollen), mit denen man eine ganz flüchtige Ahnung davon bekommen kann, was es bei Isetan alles zu futtern gibt.

Mittwoch, 23. Oktober 2019

Japanische Toiletten

Ich hatte mir fest vorgenommen, die Waschvorrichtung einer japanischen Toilette zu benutzen, ehrlich, nicht zuletzt, um Euch hier davon zu berichten, aber ich muss Euch sagen: Ich hatte während ich auf der Toilette saß noch nie den Wunsch, Wasser möge von unten gegen meinen Popo spritzen, weder warmes noch kaltes, weder mit starkem Strahl noch mit schwachem, weder begleitet von Meeresrauschen noch von Walgesängen, gar nicht, nie. Deshalb habe ich es bleiben lassen.

Montag, 21. Oktober 2019

Seoul

Wir sind in Seoul, in Korea, wer hätte das gedacht - und wenn der Vortrag nicht wäre, wären wir auch niemals hierhergekommen. Wir wussten vorher nichts über diese Stadt und über Korea - und wir waren total überrascht, wie modern hier alles ist. Es ist anders als in Japan, man merkt den Unterschied deutlich. Das erste, was mir auffiel, waren die Gasmasken auf dem Flughafen und in der U-Bahnstation. Seoul liegt nur 50 oder 60 Kilometer von Nordkorea entfernt! Der Flughafen, die Bahn usw., das ist alles sehr modern. Die vielen Wolkenkratzer! Die breiten Strassen! Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll mit erzählen, es ist einfach zu viel. Und zwischen diesen Wolkenkratzern fliesst ein kleiner, sauberer, gepflegter Fluss mit schönen Bäumen am Ufer, hübsch und romantisch. Uns standen ja nur zwei Tage zur Verfügung, trotzdem versuchten wir, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten, so weit wie möglich abzuarbeiten. Am ersten Tag gerieten wir auf dieser sehr breiten Prachtstrasse, die sie hier haben, mit einer grossen Statue des Erfinders ihres Alphabets in der Mitte, in eine Demonstration. Die Demonstranten waren Menschen mittleren Alters und älter. Sie trugen koreanische und amerikanische Fähnchen und Anstecker mit der koreanischen und amerikanischen Flagge. Ein Mädchen, das schlecht Englisch sprach, erklärte mir im grossen Lärm, worum es ging. Es war ein Protest gegen den Präsidenten, es demonstrierten aber auch Leute für den Präsidenten. Zurück im Hotel fragten wir den Portier, der leidlich Englisch spricht, worum es geht. Er erzählte uns dasselbe, wir haben es aber, wie gesagt, nicht kapiert, wir haben nämlich gar keine Ahnung, was in diesem Land los ist. Aber was hatte es mit den amerikanischen und koreanischen Fähnchen auf sich? Hatten die nicht einen Krieg, wo sie gegen einander gekämpft haben? Der Korea-Krieg, waren das nicht Amerikaner gegen Koreaner? Von unserer völligen Ahnungslosigkeit verwirrt, machten wir uns auf in das Museum für koreanische Geschichte der Gegenwart, das sich gegenüber von diesem einen grossen Palast befindet, auf dessen Namen ich mich nicht mehr besinne, dem am Ende der Prachtstrasse. (Er heisst Gyeongbokgung, wie konnte ich das vergessen?)
Dieses Museum war sehr, sehr interessant und dadurch, dass nicht alles in Englisch beschriftet ist, ist es auch schnell angeschaut. Für Besucher, die gar nichts über Korea wissen, ist es sehr zu empfehlen. Also, der Korea-Krieg war nicht Amerikaner gegen Koreaner. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Korea in zwei Teile geteilt worden, und zwar in einen kommunistischen Norden, wo die Russen Einfluss hatten, und den Süden, unter dem Einfluss der Amerikaner, ähnlich der BRD und der DDR. Hier geschah es aber, dass der Norden Anfang der Fünfzigerjahre mit Unterstützung der Russen und auch der Chinesen den Süden überfiel, quasi so, als hätte die DDR die BRD angegriffen. Die USA unterstützten den Süden, es ging ein paar Mal hin und her und am Ende verfestigte sich das System, wie wir es heute kennen, mit der strengen Grenze in der Mitte. Die Südkoreaner sind den USA also dankbar, dass sie sie davor bewahrt haben, so verarmt wie der Norden zu enden, deshalb diese gemeinsamen Fähnchen. Falls der Norden und der Süden eines Tages wieder vereinigt werden... ich glaube nicht, dass dann die Renten der erste Gedanke sein werden. So, wie ich das hier sehe, wie geschäftig die hier sind, die vielen Läden, die vielen, vielen kleinen Werkstätten in dem Stadtteil, in dem sich unser Hotel befindet... die werden in den Norden rasen und dort ihre Betriebe aufbauen. Wir können uns von Europa aus wirklich gar nicht vorstellen, was hier los ist. Samsung, Hyundai, Kia, LG, das sind alles koreanische Firmen.  
Und sie lieben klassische Musik. Im Taxi lief ein Klassik-Sender. Als die U-Bahn einfuhr, erklang ein Jingle als käme die Kavallerie, wir waren so überrascht, dass wir lachen mussten. Der Kanon von Pachelbel läuft 24/7 in verschiedenen Varianten. Mal gespannt, wie lange es dauert, bis wir Schuberts Ave Maria hören, dachte ich mir. Lange musste ich nicht warten, es begleitete am zweiten Tag unser Frühstück. 
Was noch? Apropos modern: Unser Hotel ist so mittelklasse (75 Euro die Nacht), aber es hat einen kleinen Bildschirm für die Domotik. Da es bei uns so etwas noch nicht gibt, kennen wir uns damit nicht aus. Es war aber gestern aus unerfindlichen Gründen sehr warm in unserem Zimmer. Draussen war es viel kühler, auf dem Hotelflur war es kühler. Wir versuchten, auf dem Touchscreen die Klimaanlage auf eine niedrigere Temperatur zu stellen, was uns auch gelang, dennoch wurde es im Zimmer nicht kühler. War die Klimaanlage so leise, dass man sie nicht hörte? Wir sind laut ratternde Klimaanlagen gewöhnt, da weiss man wenigstens, dass sie laufen. Wir hatten 21 Grad eingestellt, im Zimmer hatte es 28. Was tun? Wir griffen schliesslich zum radikalsten aller Mittel und öffneten das Fenster.


Sonntag, 20. Oktober 2019

Japan

Wie kann man das bloss schlecht finden, wenn Züge pünktlich fahren, wenn sie vom angekündigten Gleis abfahren und nicht "heute vom Gleis gegenüber", wenn man in der U-Bahn seine Habseligkeiten nicht krampfhaft festhalten muss, damit sie einem nicht gestohlen werden, wenn niemand bettelt, auch nicht für irgendwelche Wohltätigkeiten, wenn die Strassen sauber sind und nirgendwo Graffiti ist, wie kann man das bloss schlecht finden? Während unser Flugzeug für den Weiterflug nach Seoul losfuhr, standen fünf oder sechs Rollfeldarbeiter in einer Reihe und verbeugten sich zum Abschied. Die Damen vom Check-In-Schalter hatten sich ebenfalls vor den Kunden verbeugt, bevor sie ihre Arbeit aufnahmen. 

Samstag, 12. Oktober 2019

Der Bambushain von Kyoto und der Taifun in Tokio

Also, wir sind wieder in Tokio (Samstag, 12. Oktober 2019) und es scheint als wären wir den ganzen Tag an unser Hotelzimmer gefesselt, ein Taifun ist nämlich über uns. Er steuert ja schon seit Tagen auf die Stadt zu und es sieht nach einem "direct hit" aus. Gestern abend, als wir von Kyoto zurückkamen, regnete es schon leicht. Als wir heute früh aufwachten (kein Jetlag mehr, juhuu), regnete es, nach einer Weile regnete es stärker. Vorhin waren wir unten in der Hotellobby, in der sich viele Leute befanden. Klar, heute kann man nichts unternehmen. Mein Gatte und ich überlegten uns, irgendwo hinzugehen, zum Beispiel in das Kaufhaus Tokyu Hands, das uns empfohlen wurde und das ungefähr zehn, fünfzehn Minuten Fussweg vom Hotel entfernt ist, aber es regnet schon ziemlich stark, also, Schuhe und lange Hosen wären sofort nass. Wir schauten einer Familie zu, die das Hotel verliess, es sah nicht sehr ratsam aus. Ausserdem soll das Wetter im Laufe des Tages ja schlechter werden. Die Züge stehen jetzt schon still, der Flughafen ist wohl auch dicht und am Mittag wird der Nahverkehr eingestellt. Gestern, auf dem Rückweg von Kyoto, deckten wir uns mit Essen und Wasser für den ganzen heutigen Tag ein. Der Laden auf dem Bahnhof, in dem wir kauften, war komplett voll, es waren soviele Menschen drin, wie nur reinpassten. Man stand quasi gleich nach Betreten des Ladens für die Kasse an. Aber alle Regale waren voll, alles funktionierte wunderbar. Vor den Japanern kann man echt den Hut ziehen. Unsere Minibar ist voll mit Bento-Boxen mit unidentifizierbarem Inhalt (was wir uns eben im Laden schnappen konnten), mit japanischen Sandwiches und Wasser. Zum Frühstück hatten wir uns fertigen Milchkaffee mitgenommen, das war eine ziemlich süsse Angelegenheit. (Klar hätten wir auch im Hotel frühstücken können, aber das hätte 2000 Yen gekostet, das sind, glaube ich, 18 Euro und wir sind keine grossen Frühstücker. Da hätten wir uns gezwungen gesehen, uns vollzustopfen, bloss weil wir bezahlt haben. Das ist nichts für uns.) Jetzt ist es elf Uhr zwanzig und es regnet.
Ich erzähle Euch von gestern, vom Bambushain von Arashiyama. Laut Lonely Planet gehört er zu den 500 sehenswürdigsten Sehenswürdigkeiten der Erde. Naja, echt? Echt? Ts. Zu erst einmal: Das "Wäldchen" ist ziemlich klein, scheint mir. Definitiv kleiner als ein Quadratkilometer. Dieser berühmte Weg ist vielleicht zweihundert Meter lang. Okay, sollen es mal dreihundert sein. Was man auf dem Foto im Internet sieht -es scheint nur eins zu geben - ist alles, was man sieht. Mehr gibt es nicht. Was soll denn an diesen hohen Bambusstangen so besonderes sein? In Kolumbien haben wir auch Bambushaine gesehen. Hapert es anderswo am Marketing? Der kurze Weg (das, was man auf dem Foto sieht, ist wirklich!!! alles) ist voller Touristen aus aller Welt. Falls Ihr in Kyoto seid und es nicht dorthin schafft... das macht ü-ber-haupt nichts. Ich bin aber doch froh, dass wir diese Sehenswürdigkeit abgehakt haben. Und das ist ja auch ein Ziel des Reisens, nicht wahr? Sehenswürdigkeiten abhaken, Lonely Planet-Empfehlungen abhaken. Wenn man gegen die Bambusstämme klopft, klingen sie überraschenderweise als wären sie aus Metall.
Neben dem Bambushain ist noch ein Tempel, der zum Weltkulturerbe zählt, den schauten wir uns auch an. Er ist ein normaler japanischer Tempel mit einem wunderschönen Garten. Statt Rasen war der Boden mit Moos bedeckt. Nirgendwo ein Unkraut. Alles perfekt zugeschnitten. Hier haben wir gesehen, wie sie diese Perfektion erreichen: Auf engem Raum (20 Quadratmeter) sassen vier Männer im Schneidersitz auf dem Boden und zupften (unter Zuhilfenahme eines Mikroskops, Spässle) Unkraut. Drei Männer schnitten Nadelbäume, aber die sägten da nicht Äste ab, wie man das bei uns machen würde, sondern sie entfernten kleine Triebe, die nicht in die gewünschte Richtung wuchsen. So geht das. Und dementsprechend sieht es dann halt auch aus.
Anschliessend fuhren wir zurück in die Stadt, gingen noch ein bisschen in der Gegend um den Bahnhof spazieren und nahmen dann den Shinkansen zurück nach Tokio. Das Gute ist, dass es hier überall auf den Bahnhöfen Schliessfächer gibt, wo man sein Gepäck lassen kann, während man zum Beispiel durch den Bambushain spaziert.
Das Wetter um 13 Uhr: Es regnet stark, aber es ist kein Starkregen.
Ich erzähle Euch noch ein paar andere Sachen, die mir hier aufgefallen sind: Ach ne, das Wichtigste zuerst, schon am Flughafen haben uns entsprechende Werbeplakate gegrüsst: Die Toiletten, die einem Wasser an den Popo spritzen. Ich gestehe Euch ganz ehrlich, ich habe sie noch nicht ausprobiert. Mein Gatte hat das Klo im Hotel ausprobiert und dabei Folgendes erlebt: Zuerst war der Strahl zu schwach und erreichte seinen Popo gar nicht. Dann stellte er ihn stärker und er war zu stark, unangenehm stark, und er wusste nicht, wie man ihn wieder schwächer stellt und er wagte nicht, aufzustehen und genau zu gucken, weil er Angst hatte, dass die Fontäne im ganzen Bad herumspritzen würde (ich hatte meinen Kulturbeutel vorsichtshalber in Sicherheit gebracht), also blieb er sitzen und hielt aus, bis das Spektakel vorbei war. Danach hat er das Ding nicht mehr benutzt. Da wir, wie bereits gesagt, heute den ganzen Tag im Hotel verbringen müssen, probiere ich es nachher vielleicht auch einmal. Das Klo hat selbstverständlich noch viele weitere Features. Die Brille ist zum Beispiel immer vorgeheizt. Ich finde das unangenehm. Es ist nämlich echt als wäre gerade jemand aufgestanden und die Brille wäre noch warm vom Vorbenutzer. Ich mag das gar nicht, wenn mein Popo beheizt wird, ich mag auch keine Sitzheizung im Auto.
Auch aufgefallen ist mir, wie weiss die Haut der Frauen ist. Die bemühen sich wirklich, dass kein Sonnenstrahl an sie kommt. Die Kinder sind schön braun, die Männer sind dunkler als die Frauen, daran sieht man, dass sie eigentlich dieselbe Hautfarbe haben wie Mitteleuropäer, aber sie lieben eben diesen schneeweissen Hautton. Dann ist auch auffällig wie schlank sie sind. Die jungen Mädchen mit ihren langen Röcken oder sehr weiten Hosen, ihren hübschen Blusen, das ist schon chic. Die meisten Männer tragen schwarze oder dunkelblaue Hosen und weisse oder hellblaue Hemden. Sie sehen eleganter aus als wir.
Was noch? Sie futtern nicht auf der Strasse und tragen keine Kaffeebecher und Wasserflaschen mit sich herum. Das trägt auch zu einem schöneren Strassenbild bei.
Überall sieht man Schulkinder auf Klassenausflügen. Manche Schulen haben Uniformen, andere nicht. Gruppen von kleinen Kindern haben immer gleichfarbige Mützen auf, das finde ich praktisch, das erleichtert den Lehrern die Arbeit doch erheblich. Wenn da eine weinrote Mütze irgendwo abseits steht, weiss der Lehrer gleich: Aha, das ist einer oder eine von meinen. Überhaupt, praktisch, das ist ein Wort, das ich stark mit Japan verbinden würde. Wir haben ein ziemlich altes Buch, es ist vielleicht so zwanzig Jahre alt, das sich über japanische Gimmicks lustig macht. Zum Beispiel ein Haarezurückhalter für wenn man Ramennudelsuppe isst oder ein Regenschirm, dessen Rand bis zum Boden reicht, oder ein Strampelanzug für Babys mit Polierelementen, damit sie beim Krabbeln gleich das Parkett zum Glänzen bringen. Wir sind erst seit wenigen Tagen hier, aber schon hat sich mein Blick auf dieses Buch geändert: Es sind die Japaner, die sich über sich selbst lustig machen und über ihren Drang, zu verbessern, zu erfinden, das Leben leichter und angenehmer zu machen.
Was ist mir noch aufgefallen? Ach ja, das ist mir schon auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel aufgefallen: Wie sie ihre Wäsche trocknen. Vor dem Haus, möglichst gut sichtbar, auf festen Stangen. Hemden werden ordentlich auf Bügel gehängt und kommen auf diese Stangen vor dem Haus bzw. auf dem Balkon.
Leute, es regnet immer noch stark. Zwischen sechs und neun Uhr heute abend soll der Taifun am stärksten werden. Es bleibt spannend.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Kyoto - so viel, so viel, so viel, so viel

Gestern kamen wir mit dem Shinkansen, dem superschnellen Bullet-Train hier in Kyoto an. Wir hatten unser Hotel in Tokio 2 Stunden vor Abfahrt des Zuges verlassen und für alle Eventualitäten geplant, aber dann war der Weg völlig problemlos. Dadurch, dass wir uns nicht auskennen, sind wir ja gezwungen, genau aufzupassen und auf die Streckenkarte zu schauen, die Streckenkarte, die wir am Tag zuvor nur sehnsüchtig aus der Ferne betrachten durften. Abfahrtsgleis auf Anhieb gefunden, folglich viel zu früh dort gewesen, in Ruhe gefrühstückt, Leute beobachtet, durch den Bahnhof flaniert. Dann ging es los im Shinkansen. Ich weiss echt nicht, ob er sooo viel schneller ist als ein ICE. Er ist allerdings pünktlich. Alle in Japan verkehrenden Hochgeschwindigkeitszüge ZUSAMMEN haben an einem Tag nicht mehr als fünf Minuten Verspätung. Man kann praktisch die Uhr nach ihnen stellen. Die Züge sind auch super sauber, der Boden glänzt. Als der Zug kam, gingen erst einmal drei Personen in jeden Wagen und reinigten ihn. Ts.
Wenn man auf der rechten Seite sitzt, hat man auf 25 Prozent aller Fahrten 44 Minuten nach der Abfahrt in Tokio einen Blick auf den Fujiyama. Uns war das leider nicht vergönnt. Auf der Rückfahrt morgen werden wir den Berg sicher auch nicht sehen, denn es ist ein schlimmer Taifun angekündigt. Später mehr darüber (oder jetzt gleich: Wir sind in Japan, weil mein Gatte hier Vorträge hält bzw. halten soll, der erste am Samstag ist nämlich wegen des Taifuns abgesagt).
Okay, weiter. Nach einer angenehmen Fahrt kamen wir in Kyoto an. Wir nahmen ein Taxi und fuhren zu unserem Hotel. Der Taxifahrer war derartig mürrisch, dass es schon fast lustig war. Unser Zimmer war noch nicht fertig, also gingen wir erstmal etwas essen. Gut, dass hier alle Speisekarten bebildert sind. Mit unserem Hotel sind wir zufrieden. Im ersten Moment befürchtete ich, es sei etwas abgelegen, aber das stimmt nicht. Die Sehenswürdigkeiten hier liegen einfach ziemlich weit auseinander und es ist unmöglich, an allen nahe dran zu sein. 
Wir machten einen Spaziergang zum kaiserlichen Garten und zum Shimogamo-Schrein und erkundeten ein bisschen die Gegend. Am Abend planten wir den heutigen Tag (ein bisschen). Ich schreibe mir zuhause oder vorher auf, was ich alles sehen will, aber wenn ich nicht vor Ort bin und mir überhaupt gar nicht vorstellen kann, wie es irgendwo ist, fällt es mir schwer zu planen. Ich weiss, andere Leute planen alles bis ins kleinste Detail, ich kann mir nicht erklären, wie sie das machen, wenn sie doch keine Ahnung haben, was sie erwartet. Ausserdem ist es doch heutzutage durch das Internet so einfach spontan zu sehen, wie man von A nach B kommt und so weiter. Das Smartphone ist doch ein absolutes Wunderkästchen. Heute, zum Beispiel: Als erstes schauten wir uns die Nijojo-Burg an, die sich in Laufweite von unserem Hotel befindet. Google wies uns den Weg. Die Burg ist sehr schön, sehr japanisch, ein Burggraben (das ganze mitten in der Stadt), eine hohe weisse Mauer, Gebäude mit geschwungenen Dächern, Tatami-Böden, Fenstern aus Papier, goldene Wandmalereien... drinnen waren massenhaft Schulkinder. Die japanischen Kinder sind so hübsch. "Wir nehmen uns eins mit", sagte ich zu meinem Gatten (im Scherz, Angelina Jolie hätte es wirklich gemacht). Der Garten der Burg ist auch sehr schön, der erste nach unserem Empfinden richtig japanische Garten, den wir sahen. 
Die nächste Sehenswürdigkeit, die wir uns anschauen wollten, war der Kiyomizu-dera Tempel auf der anderen Seite der Stadt. Wie sollten wir da hinkommen? Der Google-Wegsucher ist da so unglaublich hilfreich. Er findet ja von allein wo man ist, man gibt nur ein, wo man hin will und wie, in unserem Fall mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Google kennt sämtliche Busrouten in Kyoto und... es ist einfach unfassbar. Auch die kühnsten Erwartungen werden von Google spielend und um Lichtjahre übertroffen. 
Wir fuhren also mit dem Bus möglichst nah an den Berg, auf dem die Tempelanlage steht. Man muss  ein bisschen bergauf laufen. Google hatte gemeint, wir würden zehn Minuten brauchen, wie lang wir tatsächlich brauchten, weiss ich nicht mehr, denn rechts und links gab es massenhaft Geschäfte und Büdchen und der Weg war auch nicht sooo steil. Dann kam der Tempel und da waren wieder die Täfelchen... ich lese gern, um was die Leute so bitten. Das meiste war natürlich auf Japanisch oder Chinesisch, ein paar chinesische Täfelchen waren durchgestrichen. Wir konnten dann vermuten, wieso, denn auf ein paar von den durchgestrichenen stand auf Englisch noch "Free Hongkong". Traurig. Ein (sicher australisches) Mädchen hatte geschrieben: "Bitte mache, dass ich bei der Augenoptiker-Schule der Universität von Sidney angenommen werde". Also wirklich, wenn ein Mädchen einen einzigen Wunsch hat und der ist es, Augenoptikerin zu werden, dann hat sie doch eine Berufung, dann sollte sie man doch auch lassen. Hoffentlich klappt das mit ihrer Bewerbung!
Also, hinein in den Tempel. Dort gab es eine ziemlich interessante Sache, nämlich einen absolut dunklen Bereich... Also, er sollte die Gebärmutter irgendeiner Göttin darstellen... Also, man zog seine Schuhe aus, ging eine Treppe hinunter, unten war es absolut dunkel, man sah nichts. Ich war noch nie zuvor in einem völlig dunklen Raum gewesen. Links war eine Art dicke Perlenkette an der Wand angebracht, an der man sich entlang tasten sollte. Da man eh gar nichts sah, schloss ich die Augen. Der Boden war aus nacktem Stein. Während mein Gatte und ich unten waren, war sonst niemand da, obwohl die Tempelanlage voller Menschen war, z.B. auch viele Mädchen in Kimonos, ich weiss echt gar nicht, wie ich das alles erzählen soll. Aber zurück in die Gebärmutter bzw. den absolut dunklen Raum. Wir tasteten uns an dieser Kette entlang, der Weg hatte mehrere Biegungen, es war sehr seltsam. Dann gelangte man an einen Stein, gross, rund, flach, der so gelagert war, dass man ihn drehen konnte. Der Stein war beleuchtet. Während des Drehens sollte man gedanklich einen Wunsch formulieren. Dann ging es kurz in der Dunkelheit weiter, dann gelangte man an eine Treppe und stieg wieder nach oben.
Falls jemand, der nach Kyoto fährt, diese Zeilen liest: Unbedingt runter gehen, es war eine ganz, ganz tolle Erfahrung (mehr will ich dazu nicht sagen). 
Im Tempel hatte man dann noch Gelegenheit, mit einem Klöppel, gross wie ein Baseballschläger, an eine riesige Klangschale zu klopfen. Was dabei faszinierend war: Man versetzte nicht nur die Schale in Schwingungen, sondern auch die Luft drum herum. So viele neue Eindrücke! 
Weiter ging es durch die Tempelanlagen und den Berg wieder hinunter - und wieder ein Stück hinauf und hin und her. (Für meinen jüngsten Sohn, der weiss, wovon ich hier spreche: Wir kamen durch diese Strasse, die bei den CozyPlaces von Reddit abgebildet war, mit den Holzhäusern und den Lichtern. Es soll die schönste Strasse von Kyoto sein. Es waren allerdings viele fotografierende Touristen da und die Lichter waren logischerweise aus.)
Weil es mittlerweile ziemlich spät war, landeten wir zum Mittagessen wieder in einem Nudelschuppen. Ramen kommen mir mittlerweile zu den Ohren heraus.
Mit Hilfe von Google machten wir uns anschliessend auf den Weg zur Shijo-Street (hoffentlich heisst sie wirklich so, hab jetzt keine Lust nachzugucken. Mein Gatte schläft, die Schreibzeit geht von meinem Nachtschlaf ab.) Also, in der Gegend von der Shijo-Street sind viele grosse Kaufhäuser und so. Wir gingen dann noch in die riesigen Einkaufspassagen in derselben Gegend (ich weiss, ich verwende das Wort "riesig" zu oft, aber was soll ich denn machen, wenn alles riesig ist???), die waren ebenfalls sehr interessant. Dann war da auch noch ein Lebensmittelmarkt, der Nishiki hiess, riesig, interessant, viele Touristen. Lebensmittel sind hier ganz schön teuer, insbesondere Obst und Gemüse, ein Schälchen Trauben 8 Euro, zum Beispiel.
Dann fuhren wir mit der U-Bahn zum Hbf, Google sei Dank, und reservierten uns Sitzplätze im Zug morgen zurück nach Tokio. Der Typ, der uns am Schalter bediente, sprach Spanisch, ts, verstand es aber nicht, hä? Morgen fährt der Shinkansen noch, übermorgen ruht wahrscheinlich der gesamte Verkehr, denn dann soll dieser Taifun auf Tokio treffen. Womöglich können wir dann nicht einmal unser Hotel verlassen. Mein Gatte hatte die gute Idee, dass wir uns darauf vorbereiten sollten, dass wir zum Beispiel Essen in unserem Zimmer haben sollten, denn es kann sein, dass der Strom ausfällt. Vielleicht wäre für diesen Fall auch eine Taschenlampe keine schlechte Idee. Es bleibt spannend. Ach ja, Geishas haben wir heute auch gesehen. Es gäbe noch so viel zu erzählen...

Donnerstag, 29. August 2019

Bayrischer Salatteller "Landgasthof"


Als Kinder fuhren wir in den Sommerferien immer nach Oberbayern in den Urlaub. Selbstverständlich musste man dort auch essen und wir taten dies häufig in typischen, urigen Landgasthöfen. Nach einem Tag am See und einem häufig langen Marsch zum Gasthof kamen wir ziemlich ausgehungert an und das erste, was einem serviert wurde - lange bevor die Nudelsuppe, die immer nach Maggi schrie, oder das Paprikagulasch mit buttergebackenen Spätzle auf dem Tisch erschienen - war ein gemischter Salat, ein gemischter Salat im Sinne von mehrere verschiedene Salate auf einem Teller, nicht im Sinne von alles durcheinander. Da war Kopf-, Gurken-, Tomaten- und Kartoffelsalat, da waren Gelberüben, Sellerie und rote Beete, da war krause Petersilie als Verzierung, und wenn meine Mutter dabei war, beklagte sie sich, dass Gelberüben, Sellerie und rote Beete nicht frisch waren, sondern aus dem Glas kamen und der Kartoffelsalat aus einem Eimer.
Wie dem auch sei, für mich war das der bayrische Salat schlechthin, Sinnbild für Ferien, Sommer, Sonne, See und die köstliche Abendluft im Voralpenland.
Und plötzlich, ganz plötzlich, standen da frische Salate mit gegrillten Garnelen, mit Mozzarella und Oliven auf der Speisekarte. Ich sage Euch, da brach für mich eine kleine Welt zusammen. Ich sehe es ja ein, der Kosmopolit möchte seine gegrillten Garnelen auch im bayrischen Landgasthof nicht missen und man will den Ureinwohnern die internationalen Genüsse nicht vorenthalten, aber für mich war es ein trauriges Ereignis. Eine Epoche ging zu enden. Ja, an solchen Kleinigkeiten mache ich das fest. 
Es ist schon mehr als vierzig Jahre her und komplett verdaut, also das traumatische Erlebnis, gegrillte Garnelen auf jener ehemals urbayrischen Speisekarte zu sehen, ist komplett verdaut, aber ich habe gestern doch noch einmal daran gedacht, an den Gelberübensalat und die roten Beete und den sauren Sellerie aus dem Glas und den Kartoffelsalat, und habe als kleine Hommage an jene Zeit selbst einen solchen historischen Salatteller zusammengestellt (da ich in Spanien bin, habe ich leider keinen Zugang zu Kartoffelsalat aus industrieller Fertigung und musste auf hausgemachten Kartoffelsalat ausweichen).

Dienstag, 23. April 2019

Salamanca - Stadt der Kultur, der Künste, der Wissenschaften

Salamanca - Stadt der Kultur, der Künste, der Wissenschaften, aber ganz gewiss nicht der Dienstleistungen. Die Stadt ist berühmt dafür, wie schlecht in vielen einheimischen Läden Verkäufer ihre Kunden behandeln. Kunden betrachtet man hier als Feinde, mit denen man sich notgedrungen arrangieren muss, und Brautpaare betrachtet man als Lämmer, die zur finanziellen Schlachtbank geführt werden. Die folgende Anekdote ist derart abwegig, derart unglaubwürdig, dass es nicht möglich sein wird, sie in den Kanon salmantinischer Dienstleistungstiefpunkte aufzunehmen, also erzähle ich sie hier: Mein Sohn und seine Freundin planen ihre Hochzeit und haben ein Hotel ausgewählt, ein sehr gutes Hotel, in dem die Feier stattfinden soll. Erwartungsgemäß ist im Preis die Tischdekoration eingeschlossen. Das Hotel bietet die Möglichkeit, die Blumen auf den Geschmack des Brautpaares abzustimmen und meine künftige Schwiegertochter wollte dieses Angebot annehmen, um Arrangements nach ihren Vorstellungen zu erhalten. Das Brautpaar befindet sich zurzeit aber nicht in Salamanca, deshalb riefen sie beim Blumenladen an und baten um die Zusendung von ein paar Fotos, damit sie sich etwas raussuchen könnten. Der Herr vom Blumenladen antwortete, das ginge leider nicht, aus Datenschutzgründen. Bis dahin war eigentlich alles noch ganz normal, es konnte sich ja nur um ein Missverständnis handeln. Meine Schwiegertochter schickte ihm eine E-Mail und forderte ihn auf, ihr ein paar Bilder von möglichen Blumendekorationen zu senden. Der Herr antwortete nein, das könne er nicht, aus Datenschutzgründen. Meine Schwiegertochter schickte ihm daraufhin Bilder von Arrangements, die ihr gefielen, die sie aus dem Internet heruntergeladen hatte. Die Arrangements würden das Budget sprengen, antwortete er. Daraufhin schickte sie Bilder von bescheideneren Arrangements. Diese würden ebenfalls das Budget sprengen, antwortete er. Daraufhin schickte sie Bilder von noch bescheideneren Arrangements. Diese würden ebenfalls das Budget sprengen, antwortete er, war aber unter keinen Umständen bereit, Bilder von Blumen aus seinem Laden zu schicken, die das Budget NICHT sprengen würden (Datenschutz!). Mein Sohn begab sich daraufhin bei einem Besuch seiner Heimatstadt in den Laden. Der zuständige Herr war nicht da, der anwesende Herr durfte keine Bilder von möglichen, budgetkonformen Blumendekorationen zeigen. Mein Sohn fragte: "Was kosten Blumendekorationen denn so im allgemeinen?" "Das darf ich nicht sagen," antwortete der Verkäufer. "Was kosten denn die Blumen, die Sie hier in Ihrem Laden haben?" fragte mein Sohn. "Das darf ich nicht sagen," antwortete der Verkäufer. "Sie sind doch auf den Verkauf von Blumen spezialisiert," sagte mein Sohn. "Was kostet denn zum Beispiel diese Blume hier, wenn ich sie kaufen und mit nach Hause nehmen möchte?" Der Verkäufer nannte einen Preis. Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen. Selbstverständlich war er bereit, außerhalb des Budgets des Hotels jedes beliebige Arrangement herzustellen.
 Meine Schwiegertochter müsste eigentlich für ihre Prüfungen lernen und war durch diese salmantinische Form des Geschäftemachens stark abgelenkt. Die Blumen-für-die-Tischdekoration-im-Hotel-Angelegenheit nahm langsam groteske Züge an und ich mischte mich ein, hauptsächlich damit meine künftige Schwiegertochter lernen und sich wichtigeren Dingen zuwenden könnte. Mein Sohn rief wieder beim Blumenladen an und fragte, ob es wohl möglich sei, während eines Besuches dort mit seiner Freundin zu skypen und ihr Bilder von Blumenarrangements zu zeigen, ohne diese irgendwo zu speichern. Ja, dies sei datenschutzkonform, antwortete ihm der Blumenhändler. 
So begaben wir uns also gestern zum Blumenladen, der in einer Seitenstraße einer Seitenstraße liegt und klein und einfach ist. Der Verkäufer führte uns in ein winziges Nebenzimmer. Die Frage, ob dieser Raum wohl abhörsicher sei, stellte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir baten ihn, die Bilder sehen zu dürfen und er zeigte sie uns auf einem Tablet. Es waren vielleicht fünfzehn, zwanzig Stück. Was er uns zeigte, waren unauffällige, ganz gewöhnliche, nicht weiter bemerkenswerte Tischdekorationen. Eine Rose mit Schleierkraut im Einmachglas, Gerbera in einem Obstkistchen... Es gab aber durchaus auch hübsche Sachen. 
"Schicken Sie die Bilder von den Sachen, die uns gefallen, bitte an meine Schwiegertochter," versuchte ich es. 
"Aus Datenschutzgründen kann ich diese Bilder nicht verschicken, sie wurden im Hotel aufgenommen," sagte er (auf den Bildern waren nur Blumen zu sehen, keine Personen im Hintergrund, Ort der Aufnahme nicht zu identifizieren, nur Blumen auf Tischen). 
"Diese Bilder sind von Gesetzen zum Schutz personenbezogener Daten nicht betroffen. Sie sind Ihr Eigentum, Sie können Sie uns gefahrlos zur Verfügung stellen," sagte ich.
"Das Hotel verbietet es mir, ich habe gerade erst wegen Verstößen gegen das Datenschutzgesetz 1500 Euro Strafe bezahlt, weil irgendjemand Bilder bei Facebook hochgeladen hat," behauptete er.
"Gut, dann rufe ich jetzt meine Verlobte über Skype an und zeige ihr die Bilder, ohne sie zu speichern," sagte mein Sohn.
"Das geht nicht," sagte der vermeintliche Blumenhändler, "wir haben nämlich einen Jammer, einen Störsender."
Zwischenfrage: Sind alle Blumenläden mit Störsendern ausgestattet?
"Darf ich bitte Ihr Wifi benutzen?" fragte mein Sohn.
"Nein," antwortete der Geschäftsmann.
"Was bilden Sie sich eigentlich ein?" sagte ich schließlich. "Ihre Arrangements sind doch überhaupt nichts besonderes. Im Internet sind tausendfach schönere Sachen zu sehen."
"Sie beleidigen mich," empörte er sich. "Wir setzen Trends, wir hatten schon Anfragen aus Amerika!"
Ich wies ihn darauf hin, wie absurd die Situation doch war und mein Sohn wies ihn darauf hin, dass er sich selbstverständlich beim Hotel beschweren würde.
Er hätte im vergangenen Jahr 300 Tischdekorationen für das Hotel gemacht und alle wären immer sehr zufrieden gewesen.
Schließlich erklärte er sich bereit, beim Hotel anzufragen, ob er wohl die von uns vorausgewählten Fotos an meine Schwiegertochter schicken dürfte. Heute früh trafen die mit riesigen Wasserzeichen versehenen Bilder bei ihr ein.
P.S.: Mein Sohn war mittlerweile noch einmal im Hotel, um sich zu vergewissern, dass bei der Hochzeitsfeier ordentliche Blumen auf den Tischen stehen würden. Die zuständige Weddingplannerin zeigte ihm Bilder von den zu erwartenden Arrangements, die sehr schön waren, entschuldigte sich und bat ihn, den vermeintlichen Blumenhändler (CIA-Agenten???) nicht mehr zu kontaktieren. Die Hochzeitsfeiern in diesem Hotel haben bei den Bewertungsportalen 4,9 von 5 Punkten. Ich glaube, wir sollten uns auf die Veranstalter verlassen.

Samstag, 20. April 2019

Duolingo - Portugiesisch lernen

Ein rascher Zwischenbericht: Wie gesagt, ich mache den Duolingo-Kurs Portugiesisch. Ich habe 24395 EXP und ungefähr den halben Kurs gemacht. Letzte Woche  begleitete ich meinen Gatten für vier Tage auf eine Reise nach Oporto (Kongressvorbereitung!) und hatte damit Gelegenheit, meine Kenntnisse einmal am Mann bzw. an der Frau auszuprobieren. Duolingo hat in der Fachwelt keinen guten Ruf. Ich habe auch das Gefühl, in meinem Alter (55) schon an geistiger Frische eingebüßt zu haben, also, es fliegt einem nicht mehr alles so zu wie mit, sagen wir mal, zwanzig. 
Mit den Prämissen "Duolingo taugt nichts" und "Ich bin verblödet" machte ich mich also auf den Weg gen Westen (von uns aus ungefähr dreieinhalb Stunden mit dem Auto). Schon vor der Grenze suchten wir uns einen portugiesischen Sender. Radionachrichten sind ja normalerweise das erste, was man in einer Fremdsprache versteht bzw. erahnt: Brexit, Trump, Wetter, Fußball. Ich verstand nichts. Ja, das ganze Gelerne war umsonst gewesen. Im Hotel lief es dann gar nicht mal so schlecht, halb portugiesisch, halb spanisch. Lesen klappt so ziemlich tadellos (bei entsprechenden Spanischkenntnissen).
An den folgenden Tagen durfte ich feststellen: Wenn sie untereinander reden, die Portugiesen, verstehe ich sie gar nicht. Nuscheln ist hier Amtssprache. Wenn sie langsam und deutlich zu mir sprechen, verstehe ich sie - manchmal. Ein riesengroßes Erfolgserlebnis war zum Beispiel, als ich einmal allein im Zimmer war und das Telefon klingelte. Die Dame vom Empfang sagte: "Schauschouchschouchschsch agua schouchchchschau problema schouschauchchchchouschou cuarto." Ich interpretierte ihre Aussage dahingehend, dass sie mir mitteilen wollte, dass es in manchen Zimmern (cuartos) Probleme (problema) mit dem Wasser (agua) gab und antwortete: "Tudo bem em meu cuarto." Das heißt: "Alles in Ordnung in meinem Zimmer." Es hätte mich vor Stolz fast zerrissen!!!!! Wir sagten dann noch "obrigada", "danke", und "boa noite", "gute Nacht".  Meine erste Unterhaltung auf Portugiesisch! Auf dem Flur wurde laut geredet. Ich machte die Tür auf. Dort standen die Zimmermädchen: "Chchschauschou agua schschschou problema" sagten sie zu mir und ich brachte wieder mein "Tudo bem em meu cuarto" an. Diese Kleinigkeit hat mich echt glücklich gemacht.
Am nächsten Tag verirrte ich mich ein bisschen/hatte ich Gelegenheit "Wo ist der Bahnhof?", "Onde fica a estacão?" zu fragen und anhand der Gestik der Einheimischen, die mir antwortete, verstand ich, wie ich zum Bahnhof komme. Bestellen im Restaurant klappte gut, langsam gewann ich an Selbstvertrauen. Selbst sprechen ist viel einfacher als diese lieben Menschen zu verstehen. 
Im Restaurant fragte mich der Kellner, ob ich nach dem Essen einen Kaffee wollte und ich antwortete auf Portugiesisch: "Ja, aber nur wenig Kaffee und viel Milch." Aufgrund meines hübschen Satzes überschätzte er meine Kenntnisse völlig und antwortete: "Chchschouschauschou schschsch chch aischouschschou." Ich schaute ihn groß an und er lachte. Dann brachte er mir eine Tasse mit viel kalter Milch und wenig Kaffee. Was sich hinter seinem Wortschwall verborgen hatte, werde ich nie erfahren, ob sich zwischen den Schs und den Chchs und Aos und Ous wohl "leite quente", "warme Milch", oder "leite frio", "kalte Milch", versteckt hatten? Keine Ahnung.
Wie soll man es beschreiben? Ich konnte ganz schön viel sagen, viel mehr als ich erwartet hatte. Also, sehr viel mehr. Und sie freuen sich, wenn man sich die Mühe macht, ihre Sprache ein bisschen zu lernen und in ihrem Überschwang nuscheln sie hurtig los und dann versteht man sie eben nicht!!!  Also, bevor ich mich mit den Menschen dort unterhalten kann, ist noch arg viel zu tun.
Ebenfalls als Begleitperson eines Kongressvorbereiters war ein junger Mann dabei, den ich schon von früher kannte. Wir wollten beide am nächsten Tag die Stadt besichtigen und ich fragte ihn, ob wir das gegebenenfalls zusammen tun wollten und er antwortete ja. Wir verabredeten uns um eine bestimmte Uhrzeit am Bahnhof (a estacão!). Ich hatte vorher einen bekannten Markt besichtigen wollen, der aber wegen Renovierung/Restaurierung geschlossen war, er hatte die hunderttausend Stufen eines Kirchturms erklommen. Er hatte ganz richtig vermutet, dass ich da nicht hinaufsteigen wollen würde. Ich hatte vermutet, dass er den Markt auch nicht sehen wollte, damit hatte ich aber falsch gelegen. Wir trafen uns also im berühmten Kachel verzierten Bahnhof ("Onde fica a estacão?"). Ich musste ein bisschen warten und hörte in der Zeit einem Führer zu, der gerade in spanischer Sprache die frühe Geschichte Portugals erklärte. Ich weiß von portugiesischer Geschichte nichts, außer die Sache mit dem Erdbeben von Lissabon, die in jeder Hinsicht super interessant ist. Hier ein Link zum Wiki-Eintrag: Erdbeben Lissabon 1755
Ich wollte meinem Begleiter rasch zusammengefasst erzählen, was ich gerade gelernt hatte, aber das wusste er schon alles. Man hat ja als älterer Mensch ein bisschen Bedenken, jüngere Menschen zu langweilen oder zu nerven, aber es war wohl nicht der Fall, denn ich bot an, uns zu trennen, für den Fall, dass er lieber Jüngere-Menschen-Sachen machen wollte, aber er fragte mich, was denn bei einer Stadtbesichtigung Jüngere-Menschen-Sachen überhaupt sind, und wir gingen zusammen weiter und schauten die Kathedrale an und noch eine Kirche und quasselten die ganze Zeit, er hat nämlich eine ziemlich interessante Lebensgeschichte und einen interessanten Beruf und es störte ihn nicht, dass ich ihn ausquetschte. Ich wagte zu gestehen, dass ich mit Duolingo Portugiesisch lerne, das fand er gut. Er hielt seine Deutschkenntnisse damit auf dem Laufenden. Es stellte sich heraus, dass er so sieben Sprachen sehr gut spricht und dann noch ein paar nicht so gut, aber Leute, die mehrere Sprachen sehr gut sprechen, legen häufig hammerharte Maßstäbe an und verstehen unter "spreche ich nicht so gut" ein B2, was für nicht so sprachbegabte Menschen schon ein Riesenerfolg ist.
Er gab mir den Tipp, einen Kriminalroman auf portugiesisch zu lesen, zum Beispiel was von Agatha Christie, deren Werke hätte einen begrenzten Wortschatz. Am nächsten Tag, als wir alle zusammen unterwegs waren, gingen wir in den Buchladen, der J.K. Rowling als Inspiration für Harry Potter gedient hat (sie hat wohl eine Weile in Oporto gelebt). Mir geht dieser ganze Harry Potter-Kram komplett am Allerwertesten vorbei, aber der Vollständigkeit halber schauten wir uns halt diesen Laden an. Man muss 5 Euro Eintritt bezahlen, der wird einem dann aber auf Käufe angerechnet. Ich fragte nach einem Krimi von Agatha Christie oder irgend einem anderen spannenden Buch mit möglichst wenig unterschiedlichen Wörtern. Agatha Christie hatten sie nicht, die Verkäuferin empfahl mir ein Werk aus der Ripley-Serie von Patricia Highsmith, das ich kaufte. Die Verkäuferin lobte mich für meine Bemühungen und wies mich darauf hin, dass man nicht obrigadaaa (danke) sagte, sondern obrigaddd. Schwierig.
Also, der Tipp mit dem Krimi war super gut. Ich lese jeden Tag ein paar Seiten und schreibe mir pro Seite zwei oder drei neue Wörter auf. Das Problem ist halt: die Aussprache und das Hörverständnis bessern sich dadurch nicht. Bei uns in der Siedlung gibt es eine portugiesische Putzfrau, die ich gefragt habe, ob sie bereit wäre, mir Unterricht in ihrer Muttersprache zu geben. Sie wehrte heftig ab, weil sie über keine entsprechende Bildung verfügt. Ich sagte, das ist vollkommen egal, ich weiß ja, was ich von ihr lernen will, sie muss keinen Unterricht vorbereiten und nix. Ich komme zum Beispiel mit meinem Krimi und sie liest einen Satz vor und ich spreche ihn möglichst korrekt nach usw. Sie bot an, mich zum Kaffee einzuladen und mit mir portugiesisch zu sprechen. Ich habe schon ein paar Mal (oft) versucht, sie anzurufen, aber sie geht nie dran. Mein Gatte meint, sie geht nicht dran, weil sie weiß, dass ich das bin, hahaha. Es ist doch für sie angenehmer, mit mir einen Krimi zu lesen als irgendwo zu putzen, oder? Ich meine, als Zubrot, ne? Ich werde Euch auf dem Laufenden halten.
Zur Verbesserung des Hörverständnisses, das immer noch irgendwo um den Nullpunkt tümpelt (nur gut, dass unter Null gar nicht geht, haha), schaue ich mir auf Netflix die brasilianische Serie "3%" an, die ziemlich gut ist. Ich lese die Untertitel, das klappt ganz gut. Man lernt auch viele böse Wörter. Mein Plan: Zweimal die komplette Serie (18 Folgen) mit Untertitel lesen anschauen, dann versuchen, langsam von den Untertiteln wegzukommen. Wenn man Spanisch kann und ein bisschen Portugiesisch und sich das eine oder andere Wort im Wörterbuch sucht, sind die Untertitel gut verständlich. Wie Ihr seht, nehme ich die Sache mit dem Portugiesischen ziemlich ernst.
Beim Duolingo bleibe ich vorerst dabei, denn es zwingt einen zu Disziplin, weil man ja seine Serie  (Tage am Stück, an denen man gelernt hat) nicht verlieren will. Außerdem gibt es auch Clubs und Foren, das ist ziemlich interessant. Zum Beispiel nachdem dieser Stromausfall in Venezuela gewesen war, vor ein paar Wochen, verloren alle venezolanischen Teilnehmer ihre Serie (weil sie ja wegen des Stromausfalls nicht lernen konnten) und sie jammerten heftig in einem Forum. Und die anderen Foristen (fast alles Lateinamerikaner, bedenkt, dass nur 10% aller Spanischsprecher in Spanien leben) wunderten sich: "Wieso regt ihr euch darüber auf, dass ihr eure Duolingo-Serie verliert, während euer ganzes Land vor die Hunde geht?" Und die Venzolaner antworteten: "Warum sollen wir uns nicht darüber aufregen, dass wir unsere Duolingo-Serie verlieren, bloß weil unser Land vor die Hunde geht?" Diese Diskussion fand ich hoch interessant. Wie anders die Venezolaner die Situation sehen, in der sie sich befinden, als die, die von außen drauf schauen. Dann meinte einer (von den Venezolanern), "Guaido wird uns von den Amerikanern vor die Nase gesetzt, er ist ein amerikanischer Agent" und er lieferte Beweise aus dem Lebenslauf von Guaido. "Ja, aber wenn ihr es doch allein nicht auf die Reihe kriegt...", meinten andere Lateinamerikaner. Ja, das war im Duolingo-Forum zu finden. Aus unseren Zeitungen und Nachrichten erfahren wir ja leider nur wenig Sinnvolles.
Ja, gut, das ist so ungefähr der Stand der Dinge. Auf dem Rückweg von Oporto hielten wir noch in einem Städtchen namens Viseu, um zu Mittag zu essen und die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Es war Sonntag und regnete ein bisschen und dort war keine Sau. Wir fanden sie dann alle in einer Kirche. Der Pfarrer predigte gerade und ich verstand - nichts.
Wir suchten dann nach einem Restaurant und fanden in einem winzigen Gässchen ein winziges Häuschen mit einer steilen Stiege, so, wie in alten Häusern früher in Deutschland. Draußen hatten sie ein schönes Schild stehen, auf dem sie ein Menü für neun Euro anboten. Wir stiegen also über eine Katze hinweg und die Stiege hinauf und kamen.... es war wirklich mittelalterlich: viel dunkles Holz, eine niedrige Decke, niedrige Tische, Bänke ohne Lehne. Wir waren die einzigen Gäste. Wir ließen uns das Menü bzw. das Tagesgericht bringen. Die Betreiber waren zwei junge Leute - es war, als wäre man bei Studenten zu Gast, die sich ganz arg bemühen, einem Freude zu machen. Ich weiß nicht, ob denen alle Tripadvisor-Kritiken im Nacken sitzen. Ständig kamen die beiden, um uns zu fragen, ob wir zufrieden wären, ob alles schmeckte, es war echt witzig. Das Essen war auch so, als wäre man bei Privatleuten zu Gast. Es war irgendwie rührend. Die oben beschriebene Szene mit dem kalten Kaffee geschah auch dort. Die Nachspeise war Apfelgratin mit Eis. Der Apfelgratin kam frisch aus dem Kühlschrank, das war echt schad' drum. Ich wollte noch sagen: Stellt ihn mir doch einen Moment in die Mikrowelle, aber dann dachte ich, ach, was soll's. Da haperte es noch an so vielem anderem. Wir haben sie auch nirgendwo bewertet, denn was soll man da bewerten? Den guten Willen oder die Feuergefahr? Dabei hätte man bei einem Brand gar nicht die Stiege hinunter gemusst, man hätte aus dem Fenster springen können (wahrscheinlich ins Haus gegenüber, so schmal war die Straße, hahaha). Tschö.

Sonntag, 31. März 2019

Der spanische Keukenhof


 Ja, unser Anwesen ist auch als "Der Spanische Keukenhof" bekannt. Eintritt 20 Euro, einschl. Führung. Draußen nur Kännchen.


Exzerpt aus der Führung: Diese Tulpen und Traubenhyazinthen sind vom Aldi. Die Zwiebeln wurden schön geordnet in einem flachen, runden Karton verkauft, den man miteinpflanzen und der dann verrotten sollte. Da es bei uns nicht sooft regnet wie in Deutschland und daher die Gefahr bestand, dass der Karton nicht verrotten würde, habe ich die Zwiebeln genau so geordnet, aber ohne Karton eingepflanzt. Oben seht Ihr das Ergebnis. Meiner Meinung nach ist dieses Produkt, Tulpenzwiebeln im Pflanzkarton vom Aldi, absolut empfehlenswert.

Sonntag, 24. März 2019

Duolingo: Portugiesisch

Wie Ihr wisst, mache ich seit geraumer Zeit den online Portugiesisch-Kurs von Duolingo. Ich frage mich ernstlich, wer das Zielpublikum dieses Kurses ist. Zum Thema "Berufe" lernte ich folgende Sätze: "Mein Gatte ist Fürst", "Mein Sohn ist Bischof", "Gute Nacht, Gräfin". Denken die, wir sind die Medicis? Alternativ gibt es auch: "Der Oberst isst eine Orange", "Ich kenne den Nachnamen des Kommandanten nicht", aber den Vornamen, ne? Wir sind nämlich per Du. Aber gut, ist egal. Gerne gelernt hätte ich: Bäcker, Elektriker, Putzfrau, Informatiker, Metzger, Installateur und so weiter. Das kommt vielleicht in einer späteren Lektion. Falls jemand Verwendung für den Satz hat: "Mein Sohn ist Bischof" heißt "Meu filho é bispo". Gern geschehen.

Freitag, 22. März 2019

Konmari und die Festwirtjacke

Ich habe heute ein Kissen weggeschmissen, weil es so verschlissen war. Da wir (Netflix!) in letzter Zeit ein bisschen nach Konmari leben, aufräumen und wegschmeißen, sagte mein Sohn: "Willst du dich nicht vom Kissen verabschieden und ihm danken?" Ja, gut, okay, das wollte ich, musste aber feststellen, dass ich einen derartigen Hass auf dieses Kissen hatte... es hat mich selbst total überrascht.
Ich hatte es in den tiefsten Tiefen der spanischen Krise gekauft, als hier am Ort ein Geschäft Pleite machte, das teuere Dekorationsstoffe verkaufte. 1 Kissen wurde für 10 Euro abgegeben, da kaufte ich gleich mal 4 Stück. Die Kissen waren schön, hatten aber einen riesigen Nachteil: Sie passten bei uns im Haus zu nichts. Zu keinem Sofa, zu keinem Sessel, zu keinem Bett, zu nichts. Sie wanderten also 10 Jahre lang ziellos hin und her, lagen mal da, mal dort und passten nie. Heute stellte ich erfreut fest, dass eines der Kissen zerschlissen ist, und wie gesagte, ich leerte meinen Hass über ihm aus: "Ich kann dir leider nicht danken. Du hast nie irgendwo dazu gepasst. Du hast mich immer nur geärgert. Du warst ein Fehlkauf! Ich bin froh, dass ich dich endlich wegschmeißen kann. Du tust mir leid, denn du hast deinen Seinszweck, nämlich ein geschätztes Kissen zu sein, nie erfüllt. Ab mit dir in den Müll!" Jetzt habe ich noch drei von diesen Kissen. Ich muss echt mal meinen ganzen Hausstand Konmari-mäßig durchgehen, vielleicht besitze ich, ohne es zu wissen, noch mehr solche Hassobjekte.
Während dieses Vorfalls trug mein Gatte, wie schon seit vielen Jahren fast immer im Winter, seine Festwirtjacke. "Meinst du, ich sollte sie auch mal wegschmeißen?" fragte er im erhabenen Konmari-Moment. "Warte noch ein Jahr," antwortete ich ihm tröstend.
Was hat es mit dieser Jacke auf sich? Er hat sie vor Jahren von meinem Bruder und meiner Schwägerin zu Weihnachten bekommen. Es handelt sich um eine graue Strickjacke mit Zopfmuster. Sie sieht bayrisch aus, ist aber von einem ausländischen Hersteller. "Du siehst aus wie ein Festwirt," sagte ich zu ihm, als er die Jacke zum ersten Mal trug. Er sah aus wie der Wirt, der stolz durch sein Oktoberfestzelt schreitet. Ich weiß echt nicht, wieso. Ich war auch noch nie auf dem Oktoberfest. Zuerst fremdelte mein Gatte ein bisschen: Die Jacke war für spanische Verhältnisse doch arg bayrisch. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase, in der er feststellte, wie kuschelig und weich dieses Kleidungsstück doch ist, wurde sie zu seiner allerliebsten Lieblingsjacke und er trägt sie im Winter zuhause fast immer. Sie heißt auch auf spanisch Festwirtjacke, zum Beispiel in dem Satz: "¿Dónde está mi Festwirtjacke?"
Sie besteht mittlerweile fast nur noch aus Riwwelchen, tausenden, winzigen. Ja, irgendwann wird es Zeit sein, ihr "Pfüati!" zu sagen. Nächstes Jahr vielleicht, oder übernächstes. Er kann ja schon mal anfangen, in seinen Mußestunden eine Konmari-Abschiedsrede zu komponieren.
Detail der Festwirtjacke:

Guckt mal, so schön blüht unsere Orchidee:

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Partir, c'est toujours mourir un peu - Abschiednehmen ist immer ein bisschen wie Sterben



Partir, c'est mourir un peu,
C'est mourir à ce qu'on aime :
On laisse un peu de soi-même
En toute heure et dans tout lieu.

(Edmond Haraucourt, 1856 - 1941, aus Wikpedia kopiert (also ich, ich habe diese Strophe eines Gedichts aus Wikipedia kopiert, Monsieur Haraucourt hat sie, glaube ich, selber verfasst))



 Ja, meine Lieben, Ihr ahnt es: Ich bin mal wieder am Aufräumen und Wegschmeißen. Im Hintergrund seht Ihr ein blaues Kissen, mit dem man es sich theoretisch in der Badewanne so richtig schön gemütlich machen kann; leider jedoch nur theoretisch, denn um es zu benutzen, muss man den Hals in einem Neunzig-Grad-Winkel abknicken und das ist alles andere als bequem. Farblich passt es gut zu unserem blau-beigen Bad, aber nachdem es nun zwanzig Jahre nutzlos auf dem Wannenrand gelegen hat, heißt es nun Au revoir.
Aus dem Bad stammt auch die Glasflasche links, die einst Badezusatz enthielt und ein Geschenk war, über das ich mich sehr gefreut hatte. Als sie leer war, dachte ich: Wie schön wäre es doch, meinen Billigbadezusatz in schöne Flaschen umzufüllen (zu dekantieren, ne?). Also durfte sie auch ein paar Jahre auf dem Wannenrand stehen, leer, zwischen diversen vollen Shampoo-, Spülungs-, Duschgel- und Badezusatzflaschen. Das mit dem Dekantieren wird eh nichts. Wenn ich in den vergangenen fünf, sechs Jahren nicht dekantiert habe, dekantiere ich jetzt auch nicht mehr, deshalb heißt es nun Adieu.
Ebenfalls getrennt habe ich mich von drei angebrochenen Flaschen Weichspüler, die aber nicht auf dem Bild sind. So vor zehn Jahren habe ich aufgehört, Weichspüler zu benutzen und das Zeug ist dickflüssig geworden. Da mein ältester Sohn gesagt hat, er würde sich freuen, wenn seine Bettwäsche mal wieder aprilfrisch duften und sich kuschelweich anfühlen würde, suchte ich im Internet, ob es eine Möglichkeit gibt, das Zeug wieder flüssig zu bekommen (gibt es nicht). Also ging der Weichspüler den Weg alles Irdischen, bzw. verseucht jetzt irgendwo irgendwas.
Harina de Garbanzo, zu deutsch Kichererbsenmehl, vorn im Bild. Meine vegane Nichte hat mal bei einem Besuch - nicht beim letzten und auch nicht beim vorletzten, sondern sagen wir mal so vor zwei Jahren - uns vorgeschwärmt, wie vielseitig verwendbar doch das Kichererbsenmehl sei und was es doch alles ersetzen würde, zum Beispiel Ei, wenn man eine spanische Tortilla backt. Als ich es dann in einem Laden sah, kaufte ich dieses wunderbare Produkt. Bei uns stellt sich aber dieser Fall gar nicht, dass wir Eier durch Kichererbsenmehl ersetzen wollen. Und so nahm das Kichererbsenmehl einfach nur Platz in Bestlage im Schrank weg. Da es mir leid tat, es wegzuschmeissen, schaute ich mal auf der Packung, was man so damit machen kann: zum Beispiel Hummus. Gelesen, getan: es schmeckte grauenvoll nach rohem Kichererbsenmehl. Da ich nun aber auch die übrigen Zutaten für das Hummus verdorben hatte, beschloss ich, aus der Pampe Falafel zuzubereiten. Auch die schmeckten grauenvoll nach rohem Kichererbsenmehl. So, nun war ich bereit, mich vom Hummus, den Falafeln und dem Kichererbsenmehl zu trennen. Wenigstens muss ich mir nicht vorwerfen, etwas unversucht gelassen zu haben. 
Der letzte Gegenstand oben auf dem Bild ist ein Sushirollenmacher von Leifheit. Ja, nicht wahr, warum sind die Japaner in tausenden von Jahren nicht darauf gekommen, wie man Sushi-Rollen einfacher machen kann? Wieso musste da erst Leifheit auf die Idee kommen? In den Müll damit. Das Gerät war vom Lidl, es war nicht besonders teuer. Es hat vielleicht drei oder vier Euro gekostet, ich weiss es nicht mehr. Allerdings: Wie wenig es auch gekostet haben mag, es war noch weniger wert.
So, jetzt seufze ich tief - das hört Ihr leider nicht -, denn ich habe nicht nur weggeschmissen, ich habe auch etwas Neues gekauft, Schande über mich, nämlich einen Slow Cooker bzw. Crockpot. Das sind in den Vereinigten Staaten sehr beliebte Geräte, die zuhause das Essen kochen, während man auf der Arbeit ist. Da sie so acht Stunden zum Kochen brauchen und bei uns die Hauptmahlzeit das Mittagessen um 14 Uhr bis 14.30 Uhr ist (entsprechend der spanischen Sitte), ist das mit den acht Stunden nicht gerade ideal. Bei seinem ersten und bisher einzigen Einsatz stand ich morgens um sechs auf, um den Slow Cooker anzuschalten. Ich bereitete Hähnchen auf Gemüse zu, es war okay... aber wirklich nur okay, die Kartoffeln waren al dente, die Paprika auch, freilaufende Hähnchen sind ja naturgemäss etwas fester als diese... diese anderen Hähnchen. Aber es sieht schön aus, das Gerät, oder? Langfristig erwarte ich Grosses von ihm, ich muss mir nur erstmal die richtigen Rezepte suchen.


Er hat auch nur 23 Euro gekostet, beim MediaMarkt, beim Black Friday. Ich richte eben am Vorabend das Essen komplett, hüpfe um sechs rasch aus dem Bett, schalte den Slow Cooker an... man wird sehen. Als nächstes steht BBQ Coca Cola Pulled Pork auf dem Programm.

Montag, 19. November 2018

Meine schöne Herbstdeko

Es stimmt. Wenn ich sie Euch nicht bald zeige, ist schon wieder Zeit für die Weihnachtsdeko. Das unten ist mein "Centerpiece" für den Tisch. Ihr wisst, dass es mir wichtig ist, für die Deko möglichst kein Geld auszugeben und Material zu verwenden, das ich schon besitze, und es mit Objekten aus der Natur zu ergänzen. Auf dem ersten Bild steht es auf der schwarzen Herdplatte, damit man es besser sieht. Die Schale sind zwei große Stücker Baumrinde von meiner Krippchendeko. Das eine war zu schmal, das andere zu kurz, deshalb habe ich sie ineinander gelegt. Das sieht ziemlich gut aus, finde ich. Der Teelichthalter ist aus meinem Fundus (Depot, 99 Cents).Das Moos musste ich leider, leider kaufen (Spanien) und habe dafür 3,50 Euro hingelegt. Billigeres Moos sah viel schlechter und künstlicher aus. Die Hortensien kommen aus unserem Garten, das kleine, braune Zeug kommt von irgendeinem Baum. Gesamtkosten: 3,50 Euro. Künftiger Müll: Null. 
Die Schale aus Rinden gefällt mir so gut, für den Advent tue ich vielleicht die getrockneten Hortensien weg und ersetze sie durch Kugeln oder so. Ich verspreche Euch ein Bild von der Weihnachtsvariante und zeige dann auch, wie ich das mit den Rinden genau gemacht habe.


So sieht mein stimmungsvolles, herbstliches Arrangement auf dem Tisch aus:


Unten meine Windlichtdeko: Traubenranken aus dem Garten (Trick: grüne Ranken verwenden, die sich leicht biegen lassen, die werden in wenigen Tagen braun), Hagebutten von einem Spaziergang. Kosten null. Es sieht in Wirklichkeit viel schöner aus als auf dem Foto, ich schwör. Es steht auch auf einem anderen Platz, nämlich auf dem Couchtisch, wo es besser wirkt. Und die Kerze steht auch gerade, ts.


Ja, es wird tatsächlich schon Zeit, mit den Weihnachtsvorbereitungen anzufangen. Ich habe heuer das große Glück, alle Kinder hier zu haben. 
Die erste Dezemberwoche bin ich in Deutschland. Das bedeutet: Gelegenheit zu einem Shopping-Feldzug, bei dem alle Geschenke auf einmal gekauft werden können (mein Wort in Gottes Ohr!). Mit dem Leeren des Tiefkühlschranks (ganz wichtig!) habe ich schon vor Wochen angefangen, das dauert nämlich. So hatte ich heute Platz für die Ente, die ich bei Lidl erstanden habe. Die kaufe ich jedes Jahr, die ist ziemlich gut. Am ersten Weihnachtsfeiertag gibt es bei uns Canard à l'orange. Ein paar Dominosteine (vier Packungen) habe ich auch gekauft. Der Plum Pudding muss gebacken werden! Der muss nämlich einen Monat lang ziehen. Hier habt Ihr das Rezept: Plum Pudding 
Anstelle von Rinderfett werde ich dieses Mal aber Margarine verwenden, damit er vegetarisch ist. Das mit dem Flambieren ist ein toller Effekt und funktioniert wunderbar.  
Wie jedes Jahr nehme ich mir vor, alles perfekt zu organisieren. Wenn man nach Perfektion strebt, läuft dann mit ziemlicher Sicherheit alles so einigermaßen - und das genügt ja.

Dienstag, 23. Oktober 2018

Ananas selbst ziehen


Ich hatte Euch doch von meinen Plänen erzählt, aus der Ananas, die ich aus Kolumbien mitgebracht hatte, eine Pflanze zu ziehen. Ich hatte keine großen Hoffnungen, dass das klappen würde, aber schaut mal:

Anleitungen findet man auf Youtube. Man dreht das Grünzeug raus, schneidet unten ein bisschen von dem weißen Zeug weg, reißt ein paar Blätter ab, stellt den Rest in Wasser... et voilà:


 Nach wenigen Tagen sprossen schon massiv Würzelchen...


...und ich pflanzte das Ding bzw. meine zukünftige Ananaspflanze in einen Topf. Seht Ihr, wie in der Mitte schon neue Blätter sprießen?


Gießen einmal pro Woche. Das ist bei mir sonntags, das ist mein Gießtag. Wie heißt doch der schöne Spruch? "Der Sonntag ist der Tag des Herrn, am Sonntag ruh'. bet' und gieße gern."
Meine Kaffeesamen habe ich übrigens immer noch nicht gesät. Ich will sie in Getränkedosen säen wie ich das mit den Orangensamen mit relativem Erfolg auch gemacht habe. Das ist bei uns aber nicht so einfach, weil wir keine Dosengetränke zu uns nehmen. In den vergangen zwei Monaten haben wir es unter Mühen auf fünf Dosen gebracht. Dabei bevorraten wir Dosen mit Cola, Tonic Water, Bier, Fanta und Aquarius, für den Fall, dass mal Besuch kommt, aber wenn dann Besuch da ist, vergessen wir, dass wir das Zeug haben und bieten es gar nicht an. Die Dose Aquarius ist im Juli 2017 abgelaufen, ich habe gerade geschaut. Mist. Ob das noch gut ist? Soll ich es einfach wegschütten? Dann hätte ich noch eine Dose.