Samstag, 8. November 2014

Spanien im November 2014

Wie ich Euch bereits in einem anderen Post angedeutet habe, gibt es in Spanien eine neue Partei, die Podemos heißt. Ihr Anführer ist Pablo Iglesias, der Dozent für Politikwissenschaften an der Complutense-Universität in Madrid war, bevor er zum Europa-Abgeordneten gewählt wurde. Laut jüngsten Umfragen liegt Podemos bereits mit den beiden alten Parteien, nämlich der sozialistischen Partei PSOE und der konservativen Partei Partido Popular, die sich normalerweise bei der Regierungsbildung abwechseln, gleichauf, wenn nicht sogar vor diesen. Podemos gibt es erst seit 8 Monaten. Pablo Iglesias ist viel bei Fernsehdiskussionen aufgetreten und hat dort sein Podium gefunden, mit gesundem Menschenverstand und dem dringenden Wunsch, die in Spanien herrschende Kaste auf demokratischem Wege zu beseitigen. In den letzten Tagen hat er wieder massiv Hilfe vom Königshaus und von der konservativen PP bekommen. Jedesmal, wenn die Fr das Antlitz der Königstochter, die gemeinsam mit ihrem Mann Millionen veruntreut und gewaschen und massiv Steuern hinterzogen hat, mit ihren Gerichtssachen in den Medien erscheint, gewinnt Podemos Stimmen. Da wird berichtet, was die Richter in dieser oder jener Teilangelegenheit entschieden haben, aber das nimmt niemand ernst; keiner glaubt, dass die Frau in irgendeiner Weise bestraft werden wird oder irgendwas zurückzahlen muss. 
Und auch die PP hat wieder ordentlich Wahlkampf für Podemos gemacht: Es ist ans Licht gekommen, dass Monago, der Präsident der autonomen Region Extremadura, also so etwas wie der Ministerpräsident eines Bundeslandes, in seiner Zeit als Senator auf Kosten der Steuerzahler in eineinhalb Jahren 32 Mal in der Business Class auf die kanarischen Inseln geflogen ist. Die Dame, die er dort besuchte, hat sich schon gemeldet (nee, es war nicht seine Gattin). Und das kam genau zu dem Zeitpunkt ans Licht, als er in seiner Region einen Kongress zum Thema "Verantwortungsbewusste Regierungsführung" für seine Parteispitze ausrichtete. Am Freitag behauptete er, all diese Reisen seien dienstlich gewesen, er hätte als Senator für Extremadura auch die Kanaren vertreten (Wen haben dann wohl die Senatoren der Kanaren vertreten, nicht wahr? Madrid, vielleicht.). Die zum Kongress "Verantwortungsbewusste Regierungsführung" versammelte Spitze seiner Partei stellte sich geschlossen hinter ihn, es gäbe eine Verschwörung gegen ihn. Ein Redner verkündete, Monago würde weiter gegen Korruption kämpfen, auch wenn das vielen nicht recht sei, und er würde sich zur Wiederwahl stellen... angesichts dieser massiven Unterstützung seiner Partei brach Monago in Tränen der Rührung aus. Das könnt Ihr hier sehen, wenn Ihr wollt. Das war also am Freitag. Am Samstag gab er - immer noch auf demselben Kongress und immer noch vor demselben Publikum - zu, dass diese Reisen vielleicht doch nicht alle dienstlich waren, denn er konnte keine Termine nennen, die er dort wahrgenommen hatte und es meldete sich auch niemand, der sich mit ihm getroffen hatte (außer der genannten Dame), und er wolle jetzt die Kosten für die Reisen erstatten. Donnernder Applaus seiner Parteikollegen angesichts dieses ehrenhaften Verhaltens. 
Meint Ihr, der tritt zurück? Es könnte eng für ihn werden, denn mittlerweile ist ein Parlamentsabgeordneter, der ebenfalls auf Kosten der Steuerzahler auf die Kanaren flog und dieselbe Dame besuchte, zurückgetreten. Ich muss Euch sagen, ich glaube nicht, dass Monago zurücktritt. Da wird morgen oder übermorgen schon der nächste Skandal kommen, der von seinem Fehler ablenkt.
Und Podemos wächst und wächst. Meine Freundin aus Venezuela sagt, genauso sei es dort gewesen, bevor Hugo Chavez an die Macht kam: die Leute hätten gesagt, die alte korrupte Kaste müsse um jeden Preis weg, egal, was danach kommt, und was dann kam, war ja nicht so toll. Deshalb mache ihr Podemos Angst. Aber es gibt eben sehr viele Leute in Spanien, die meinen, so, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen, und das sind nicht nur linke Spinner, sondern auch konservative Menschen. Die Schamlosigkeit und Unverschämtheit der Politiker dem Bürger gegenüber sind ja noch schlimmer als die Korruption selbst. Wenn die Kaste den Geist Podemos zurück in die Flasche bekommen möchte, wird sie sich ganz schön anstrengen müssen. Die Andeutungen, dass es nicht mehr ausreichend Toilettenpapier geben wird, wenn Podemos an der Macht ist, oder dass es J.P. Morgan nicht recht sein könnte, genügen da nicht.

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