Montag, 6. April 2020

Tag 23 der Quarantäne - Mutti geht einkaufen

Hier seht Ihr, was sie dazu braucht:
Auf dem Beifahrersitz, von links nach rechts: Passierschein, Desinfektionstüchlein für Autoschlüssel, Türgriff, etc., Desinfektionspray für die Schuhe, in dem kleinen Fläschchen daneben Desinfektionsgel für die Hände, Handschuhe, Schutzmasken.
So ausgerüstet machte ich mich auf den Weg zum Corte Inglés, um meine Bestellung abzuholen. Es war wenig Verkehr, aber doch mehr als ich erwartet hatte, viele Lieferwagen. Fußgänger waren fast keine unterwegs. Die meisten Autofahrer hatten Schutzmasken auf, das wunderte mich.
Ich sah keine Polizeikontrolle. Die drakonischen Strafen verfehlen ihre Wirkung anscheinend nicht. 600 Euro dafür, den Hund in der Nazareno-Kleidung auszuführen, also im Gewand der Osterprozessionen und mit dem berühmten spitzen Hut. Ts.
Nach einer ereignislosen Fahrt kam ich beim Corte Inglés an, der natürlich geschlossen hat. Der Supermarkt im Tiefgeschoss ist allerdings auf. Ich sollte meine Bestellung in der Tiefgarage abholen. Man konnte hineinfahren ohne einen Parkschein zu nehmen. Es standen wenige Autos in der Nähe der Ausgabestelle. Jeder zweite Parkplatz war gesperrt. Acht Autos standen da, mit meinem, um genau zu sein. Ein paar hatten den Kofferraum auf. Alle acht anwesenden Personen (nur 1 pro Auto!) hatten Handschuhe an und Schutzmasken auf, mindestens zwei sogar vom Typ FFP2. Ihr wundert Euch vielleicht, dass ich so viel über Schutzmasken weiß, aber heute haben sie es wieder in den Nachrichten erklärt - und gezeigt, wie man sich selbst welche basteln kann, denn viele Leute haben keine, weil von offizieller Seite so ausdauernd behauptet wurde, sie nützten nichts. Wie viele von den über 13.000 in Spanien am Virus gestorbenen Menschen würden wohl noch leben, wenn man ihnen das nicht eingeredet hätte?
Ich zog Handschuhe an und setzte meine ganz einfache Schutzmaske auf. Die Leute im Parkhaus hielten großen Abstand zu einander. Die Atmosphäre war sehr unangenehm. 
Man musste auf einen Knopf drücken, um mitzuteilen, dass man da war und seine Bestellung abholen wollte. Ich musste mehrfach auf diesen Knopf drücken, weil niemand reagierte. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, wirklich in Gegenwart des Biests zu sein. Auf diesen Knopf haben schon Leute gedrückt, die die Krankheit hatten. In Salamanca sind bei 300.000 Einwohnern schon 209 an Covid gestorben. Falls die Sterberate wirklich bei 0,2% läge, gäbe es hier 104.500 Infizierte. Bei einer Sterberate von 1% wären es immer noch 20.900. Irgendwo dazwischen wird die echte Zahl wohl liegen. Jedenfalls war es nicht sehr unwahrscheinlich, dass der Knopf verseucht war. Ja, das Biest war da, es existiert wirklich. 
Ich habe 23 Tage in meinem gemütlichen, gut ausgestatteten Nest gesessen. Trotz aller schlimmen Nachrichten war das Virus fern und unwirklich. Selbst an den Tagen, als wir dachten, wir hätten es vielleicht, hatte ich kein solches Gefühl der Bedrohung wie im Parkhaus, als ich auf meine Bestellung wartete. 
Ich versuchte, ein Gespräch mit der Frau (FFP2!) zu beginnen, die "in der Schlange" hinter mir stand, sie hatte aber kein Interesse. Ich sage es Euch ganz ehrlich: Von allen Anwesenden war ich die furchtloseste und die, die es am wenigsten ernst nahm. Das Benehmen der Leute verwirrte mich. Nein, es war nicht wie auf einer Beerdigung, aber doch so, als seien wir einer echten, wirklichen, unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt. Bei mir ist das irgendwie immer noch nicht angekommen. Sie hätten mich nicht so lange warten lassen sollen.
Einkaufswägelchen mit den Bestellungen der Leute, die vor mir waren, wurden herausgebracht. Sie luden die Waren in ihre Kofferräume oder ließen sie von den Angestellten des Corte Inglés einladen, dann desinfizierten sie ihre Hände etc. und fuhren weg.
Schließlich kamen meine Sachen. Ich packte sie selbst in den Kofferraum und auf den Rücksitz, desinfizierte, was ich für angemessen hielt und fuhr nach Hause. Ich war echt froh, als ich wieder draußen im Licht war.
Auf dem Rückweg sah ich auch keinen Polizeiposten.
Zuhause angekommen, wollte ich die Einkäufe wegräumen. "So geht das nicht," sagte mein Gatte und zog Handschuhe an. Er fürchtete, ich würde das Virus einschleppen. Und es stimmt ja auch: Obwohl wir seit 23 Tagen in Quarantäne sind, gibt es immer noch Neuerkrankungen. Irgendwie müssen es sich die Leute ja holen. Mein Sohn teilte seine Meinung, dass die Waren gewaschen werden mussten. In den Nachrichten haben sie auch schon mehrfach darauf hingewiesen. Ich richtete also etwas heißes Wasser mit Spüli und wusch die Verpackungen der Waren ab. Ich wusch die Tüte ab, in der sich die Orangen befanden, aber ich wusch nicht jede einzelne Orange, wie das meine Nachbarinnen machen. Ja, ich gehöre zu den Mittelleichtfertigen. Hoffentlich ist dieser Spuk bald vorbei! Die Zahlen der Neuerkrankten, der an einem Tag Gestorbenen usw., alle schlechten Zahlen gehen zurück und alle guten Zahlen steigen. 
Und übrigens: Die deutsche Börse ist heute um 5,77% gestiegen, die amerikanische um 7,73%. Wow. 
Und noch etwas: Von meiner Bestellung fehlte ein Drittel, obwohl ich angeklickt hatte, Produkte durch ähnliche zu ersetzen, falls die von mir ausgewählten nicht vorhanden waren.

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