Freitag, 23. November 2012

Äußerste Zufriedenheit

Ich habe gerade in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen eine Kolumne gelesen und zwar diese Zur äußersten Zufriedenheit hier und musste dabei daran denken, wie es war, als wir im Sommer unser Auto kauften und hinterher x Mal von Audi nach unserer Zufriedenheit gefragt wurden.
Herr V., der Verkäufer, hatte sich abschließend erkundigt, ob wir mit dem Kauf und seinen Umständen zufrieden gewesen wären. "Ja, sehr," hatte ich ihm geantwortet. Ob es uns in diesem Fall etwas ausmachen würde, wollte er weiter wissen, bei den Befragungen, die uns nun erwarteten, stets mit "äußerst zufrieden" zu antworten. Da wir rundum zufrieden gewesen waren, sagte ich ihm, das würde uns nichts ausmachen. Er erklärte weiterhin, dass ein rundum zufriedener Kunde vor uns auf viele Fragen mit "zufrieden" und "sehr zufrieden" geantwortet hätte und das wäre für ihn, den Herrn V., nicht gut gewesen. 
Ich versicherte ihm, dass wir zufrieden gewesen seien und daher kein Problem damit hätten, zu behaupten, wir seien "äußerst zufrieden" gewesen. Besonders gefallen hatte mir, dass er nach dem Autokauf eine gute halbe Stunde als Beifahrer mit uns herumgefahren war und uns die Automatikschaltung und vieles mehr erklärt hatte, dass er mit uns das Fahren des Wagens geübt hatte. Danach wurde aber, glaube ich, gar nicht gefragt.
Als dann schließlich der Fragebogen mit der Post eintraf, füllte ich ihn im Großen und Ganzen wie von Herrn V. gewünscht aus. Die Frage nach unserem Kontakt zur Werkstatt beantwortete ich nicht, da uns diese Werkstatt vor etlichen Jahren durch eine fehlerhafte Reparatur beinahe ums Leben gebracht hätte. Ich glaube, Audi möchte das gar nicht wissen. Wir wechselten danach zu einer freien Werkstatt, bei der wir nun schon seit vielen Jahren Kunden sind.
Eine weitere Frage, bei der ich stutzte, war (sinngemäß): "Wie waren Sie mit dem Empfang bei Ihrem ersten Besuch zufrieden?"
Unser erster Besuch hatte sich wie folgt gestaltet: Mein Sohn D. und ich trafen an einem heißen Nachmittag beim Autohändler ein. Vor der Tür war kein Parkplatz frei, wir parkten in etwa 30 Meter Entfernung. Wir begaben uns zur Tür, die sich automatisch öffnete. Drinnen war es angenehm kühl. Beide Verkäufer waren mit Kunden beschäftigt. Herr V. kam zu uns und bat uns, uns zu gedulden, während er fertig bediente. "Selbstverständlich", antworteten wir und fragten, ob wir derweil die ausgestellten Autos anschauen dürften. "Selbstverständlich", antwortete er. Wir schauten uns also den A3 an und den Q7 und was da sonst noch rumstand. Das war für meinen Sohn und für mich sehr interessant und machte uns überhaupt nichts aus, im Gegenteil. Dann kam Herr V. wieder auf uns zu, entschuldigte sich und begann, uns nett, freundlich und kompetent zu unserer Zufriedenheit zu bedienen. Was ist eigentlich so schlecht an der Zufriedenheit? Wie sagt schon Wilhelm Buschs Lehrer Lämpel? "Die größte Freud' ist doch die Zufriedenheit" und nicht "Die größte Freud' ist doch die äußerste Zufriedenheit".
Wie hätte der Empfang bei unserem ersten Besuch sein müssen, damit ich "äußerst zufrieden" gewesen wäre? Mein Sohn D. und ich treffen an einem heißen Nachmittag beim Autohändler ein. Wir parken direkt vor der Türe. Ein livrierter Doorman reißt selbige auf. Er streckt uns eine geöffnete Hand entgegen, in die wir die Autoschlüssel plumpsen lassen (valet parking). Wir treten ein. Ein gutaussehender junger Mann reicht uns leckere Cocktails. Junge Frauen in weich fließenden, weißen Gewändern streuen Blumen auf unseren Weg. In der Mitte des Verkaufsraums befindet sich ein Springbrunnen (siehe Alhambra in Granada). Es duftet nach Jasmin. Klassische Musik spielt (irgendwas von Händel), in der Ecke sitzt ein kleines Orchester. Herr V. kommt auf uns zu. Er bedient uns wie oben beschrieben und nennt sofort den niedrigsten Preis, zu dem er gewillt ist, den gewünschten Wagen an uns abzugeben. Auf diese Weise wäre der Empfang beim ersten Besuch zu meiner "äußersten Zufriedenheit" verlaufen, so konnte ich leider nur "sehr zufrieden" ankreuzen. 
Ich halte nicht viel von solchen Umfragen, da ich glaube, dass die Firmen nicht ernsthaft auf negative Antworten eingehen. Was mich jedoch nicht daran hinderte, Herrn V. in allen Kategorien - außer bei der Frage nach dem Empfang, bei der ich kurz mein Hirn einschaltete - meine "äußerste Zufriedenheit" zu bescheinigen. 

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