Dienstag, 13. November 2012

Generalstreik morgen in Spanien

Für den 14.11. ist in Spanien ein Generalstreik angekündigt. Ich habe gerade rasch mal bei spiegel.de und faz.net geschaut, da steht kein Wort davon. Das wundert mich. Ich hätte gedacht für Leute, die morgen aus geschäftlichen oder privaten Gründen nach Spanien reisen möchten, wäre das schon interessant.
Um was geht es? Um das ewig Gleiche. Den Leuten geht langsam ein Licht auf: Dies ist keine Krise, dies ist ein Umbau der Gesellschaft, dessen Ende nicht absehbar ist. Löhne und Gehälter werden massiv gekürzt, alles andere wird massiv teurer. Die Unterschicht verarmt, die Mittelschicht ist enormem Druck ausgesetzt. Was ich persönlich auch schlimm finde, ist, dass die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs durch Bildung verbaut wird. Dazu gäbe es viel zu sagen. 
Als Mariano Rajoy Ende letzten Jahres an die Macht kam, setzten die Menschen Hoffnungen auf ihn, auch Leute, die ihn nicht gewählt hatten und nie wählen würden. Man dachte einfach, die Rechte würde manche Dinge anders machen. Um mal einen Punkt herauszugreifen: man dachte z.B., die neue Regierung würde nur wenige Stellen mit inkompetenten Freunden, Verwandten und Bekannten besetzen. Was tatsächlich geschah, war doch ein bisschen schockierend. Es ging genauso weiter wie unter Zapatero. Ihr müsst Euch das so vorstellen: Für einen mittelhohen Posten im Verteidigungsministerium wird ein verdienter Angehöriger der Luftwaffe mit guten Englischkenntnissen benötigt. Eingestellt wird ein arbeitsloser Arzneimittelvertreter ohne Fremdsprachenkenntnisse, weil seine steinalte Oma ihren anderen, einflussreichen Enkel zurechtgewiesen hat und gesagt hat "da bist du nun ein hohes Tier im Verteidigungsministerium und kannst noch nicht mal deinen Cousin ordentlich unterbringen". Und dann wird der Cousin halt untergebracht und zwar so, dass die Oma auch stolz sein kann. (Ich habe versucht, den Fall so zu entstellen, dass man die Personen nicht erkennen kann, aber da es diese Fälle zu Tausenden (Zigtausenden?) gibt, ist er vielleicht anderen Fällen ähnlich.) Damit die anderen Mitarbeiter dies schlucken, müssen auch noch Marisa, eine Ballettlehrerin, Schwägerin von Alfredo, und Pedro, ein Schulabbrecher, Sohn von Ricardo, untergebracht werden und Esther, die Cousine von Marivi, muss befördert werden, dann stimmen alle zu und alles ist wieder in Ordnung. Die freie Stelle ist besetzt, zwei zusätzliche Stellen wurden geschaffen. Die regierende Kaste wächst und gedeiht, während das Volk darbt. Darf man so was im Internet schreiben? Ja, ne? Liest ja eh keiner. Aber für den Fall, dass es doch einer liest: ich habe mir den Fall nur ausgedacht, echt. In Wirklichkeit ist alles ganz anders. In Wirklichkeit werden nur kompetente Menschen eingestellt, egal, ob sie verwandt sind oder nicht. Spässle. Jetzt habe ich Schiss. Und das ist wahrscheinlich der Grund, warum man von solchen Fällen nur ganz selten hört.
Also, Gründe für den Streik: Spanien wird in den Abgrund geführt.
Warum viele Menschen nicht streiken, obwohl sie mit der derzeitigen Politik überhaupt nicht einverstanden sind (abgesehen von der Lohneinbuße, die gerade in diesesn Zeiten viele schmerzen würde): Der Streik wurde von den Gewerkschaften ausgerufen und viele Leute empfinden die Gewerkschaften als Teil des Problems. Eine weitverbreitete Meinung in unserem Bekanntenkreis ist, dass die Gewerkschaften nur an sich und ihre Klientel denken. Dass sie einfach unverschämt sind. Z.B. eine Krankenschwester hat sich darüber aufgeregt, dass ihre Betriebsrätin, die nur ein paar Bürostunden hat, genauso viel verdient wie sie, einschließlich der Zulagen für Nachtdienste. Sie meint, dass man Leuten, die keine Nachtdienste leisten, auch keine bezahlen sollte. Ein anderer Fall: eine Firma mit einer Abteilung, in der es nur in einem Monat im Jahr so richtig rundgeht. Die Mitarbeiter dieser Abteilung wünschen nun, in diesem Monat ihren Jahresurlaub zu nehmen. Als der Chef dies ablehnt, reichen sie mit Hilfe der Gewerkschaft Klage ein. Solche Sachen halt. Die nerven die Kollegen. Und dann empfinden viele die Streiks als politische Streiks gegen die Rajoy-Regierung und fragen: "Warum haben die Herrschaften nicht gestreikt als Zapatero dran war?" Sie betrachten die Gewerkschaften als Teil der regierenden Kaste, die das Volk ausplündert. 
Währenddessen werden den Banken Milliarden in den Allerwertesten geblasen ... ja, das sind alles so Sachen.  
In die Geschichte mit den Zwangsräumungen, die ich schon ein paar Mal erwähnt habe, kommt jetzt anscheinend Bewegung. Seit Beginn der Krise sind schon 400.000 Familien zwangsgeräumt worden, weil sie ihre Hypotheken nicht bezahlen konnten. Ja, da könnte es schon sein, dass vielleicht die Zeit gekommen ist, gegebenenfalls anzufangen, sich eventuell Gedanken zu machen, ob man da nicht möglicherweise doch beginnen sollte, sich zu überlegen, ob man nicht mal mit den Banken sprechen und sie fragen könnte, ob sie überhaupt noch Interesse daran haben, in den Besitz von noch mehr Wohnungen zu kommen, die nicht besonders viel wert sind. Ja, die Dinge überstürzen sich. Also, mal sehen, was morgen los ist. Ich werde Euch berichten. 

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