Donnerstag, 30. Oktober 2014

Krise in Griechenland

Also, um gleich zur Sache zu kommen: Als Touristen in Athen haben wir von der Krise nichts bemerkt. Ich hatte aber gehofft, dass bei Gesprächen mit den Kollegen meines Gatten die Rede auf das Thema kommen würde und dass wir ein bisschen darüber erfahren könnten, was in Griechenland los ist. Einmal steuerte unsere Konversation auch in diese Richtung und die Gastgeber fragten: "Stört es euch, über die Krise zu sprechen?", was ja an sich schon eine seltsame Frage ist. Mein Gatte antwortete mit nein. Leute, es war, als würde jemand fragen: "Wollt ihr eine kleine Erfrischung?" und man antwortet mit ja und bekommt prompt einen Kübel Wasser über den Kopf gegossen. Da brachen sofort alle Dämme. Bei unseren Gastgebern handelte es sich um ein Ehepaar in den besten Berufsjahren mit guten Stellen. Er ist eine "händeringend gesuchte Fachkraft", sie ist ebenfalls Akademikerin mit gutem Job. Ihre Gehälter sind um 40 bzw. 30 Prozent gekürzt worden. Zusätzlich wurden viele Steuern, Gebühren und Preise erhöht. Besonders regten sie sich über die Immobiliensteuer auf, die sie für ihre Wohnung bezahlen müssen und die zwei kompletten Monatslöhnen entspricht. Es ist ihnen nicht möglich, ihren relativ hohen Lebensstandard zu halten. Man spürte noch die Reste einer riesigen Wut, die da gewesen sein muss, aber jetzt sind diese Leute einfach ratlos. Besonders schlimm für sie ist, dass sie ihren Kindern nicht das bieten können, was sie ihnen bieten möchten und was sie selbst hatten, z.B. Sprachkurse im Ausland. Obwohl sie beide, wie gesagt, in guten Berufen tätig sind, bekommen sie Unterstützung von ihren Eltern, um den schon gesenkten Lebensstandard zu halten. Ich habe mal gegoogelt, was Leute in vergleichbaren Positionen in Deutschland verdienen und die Gehälter dieser beiden waren um etwa 30% niedriger. Ich wage es kaum zu schreiben, aber dann waren sie vor den Kürzungen wohl genauso hoch. Sie jammerten über die hohen und steigenden Preise für alles. An dem Tag, an dem ich alleine unterwegs war, kam ich an einem Carrefour-Supermarkt vorbei und dachte mir, da gehe ich mal rein und schaue mir selber an, was die Sachen kosten. Wenn mein Mann dabei gewesen wäre, wäre solch ein Blödsinn nicht möglich gewesen. Carrefour-Supermärkte gibt's auch in Spanien, also ist ein Vergleich einfach. Wäre in Deutschland Edeka die Entsprechung? Ich werde die Tabelle nach und nach ausfüllen. Also, hier kommen die griechischen Preise:


Produkt
Griechen-
land
Spanien
Deutsch-
land
Kanada
1 kg Äpfel
Golden Delicious
1,39
0,99
1,99
2,28
1 kg Tomaten
1,68
1,69
2,99
3,06
Stangenweißbrot
0,89
0,89
2,39
1,37
4 Activia Joghurt
2,39
1,99
1,99
1,84
250 g Proactiv
Margarine
2,89
3,39
2,99
3,24
1 l Milch
1,26
0,93
0,69
1,21
10 Eier (M)
2,29
1,59
0,99
1,82
Marmelade
Bonne   Maman
3,37
2,59
2,49
3,52
1 kg Mehl
0,89
0,89
0,89
1,06
1 kg Zucker
0,86
0,86
0,65
1,39
375 g Kellogs
Frosties
2,52
2,50
2,99
2,83
1 Stück Pizza im
Straßenverkauf
2,60
2,50
2,50
1,59
1 Big Mac Menü
4,95
5,90
6,69
6,50
1 l Benzin (95)
1,58
1,38
1,32
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So, und jetzt kommt mir nicht mit "die Griechen ernähren sich halt ganz anders, die leben von Feta und Fisch und so." Feta scheint mir so um 10 Euro das Kilo zu kosten und Fisch ist extrem teuer, also im Vergleich zu Spanien. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Fisch im Normalhaushalt ständig auf dem Speiseplan steht.
Weiter: Während ich im Supermarkt stand und mir überlegte, welcher der Milchpreise so ungefähr der Durchschnitt war, sprach mich eine Frau in griechischer Sprache an. Ich antwortete ihr auf englisch, ich verstünde sie leider nicht. Sie sprach gut englisch und wir kamen ins Gespräch. Ich erzählte ihr, ich wollte gar keine Milch kaufen, sondern nur schauen, was sie kostet. Ich sei aus Spanien zu Besuch und man hatte mir gesagt, Milch sei in Griechenland besonders teuer. Damit waren wieder die Schleusen geöffnet. Die Art und Weise, wie es aus den Leuten hervorbricht, ist beeindruckend. Sie erzählen es nicht einfach, sie überschütten einen damit: Gehaltskürzungen, bestialische Immobiliensteuer, gefallener Lebensstandard, keine Zukunftsaussichten, aufwärts geht es gar nicht. Ich bekam noch einmal das volle Programm. Anscheinend sind die Griechen froh, wenn ihnen Ausländer in die Hände fallen, die ihre Geschichte noch nicht kennen. Klar, denn sie würden sich ja untereinander immer dasselbe erzählen, weil sie alle dasselbe erleben. In Spanien ist es genauso. Vielleicht mache ich einen Blogeintrag "Spanische Unterhaltungen zum Selberbasteln". Leider, leider erfahren wir ja trotz Unmengen an Nachrichten kaum, was in anderen Ländern los ist. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass in Spanien gerade das gesamte Parteiensystem zusammenbricht? Vorgestern sind 51 hohe Politiker und Unternehmer verhaftet worden. Hier im Schweizer Tagesanzeiger könnt Ihr etwas darüber lesen. Es gibt eine neue Partei namens "Podemos", der die Menschen in Scharen zulaufen. Laut neuen Wahlumfragen ist sie bereits dabei, die sozialistische Partei zu überholen. Interessant, ne?  

2 Kommentare:

  1. Was ich hier besonders interessant finde ist wie sich die Leute über steigende Preise ärgern wo doch die EZB so angst auf Deflation hat. Hab gesucht wie die Inflation in Griechenland so ist und sie ist sehr unterschiedlich in verschiedenen Monaten, oft aber fallen die Preise. Andererseits, dürften Supermarkt Preise nicht allzu verschieden sein wegen der Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, aber wenn der Monats lohn gekürzt wird würde es mich nicht wundern dass alles auf einmal teurer scheint.
    Toller Post,
    Grüsse!

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  2. Ja, dass Supermarktpreise in der EU nicht allzu verschieden sein können, habe ich mir dann auch gedacht, denn warum soll Kellogs die Cornflakes in Griechenland billiger verkaufen als in Schweden??? Mit gekürztem Lohn scheint alles teurer, das kennen wir ja auch aus Spanien. Danke für Deinen Kommentar!

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