Sonntag, 19. August 2018

Der zweite Tag in Cali

Der Tag begann mit einer Kraftbrühe zum Frühstück. Mein Sohn sagte: "Die weckt Tote auf!" Ich freute mich, dass er sich daran erinnerte, dass ich ihnen das immer gesagt hatte, als sie klein waren. Ein Uber-Taxi wurde gerufen und wir fuhren zum Zoo. Uber ist für uns hier das Verkehrsmittel der Wahl, die Männer wissen, wie es funktioniert, ich habe keine Ahnung. Man kann auf einer App verfolgen, wie sich das Taxi nähert, man muss dem Fahrer auch kein Geld geben, das geschieht alles per App. Moderne Zeiten. U-Bahn oder Strassenbahn oder so gibt es hier nicht.
Der zoologische Garten von Cali gilt als einer der drei schönsten in Lateinamerika. Man denkt, hm, haben die Geld für sowas? Aber dadurch, dass sie diese tropisch-üppige Naturlandschaft haben, haben sie natürlich ganz andere Voraussetzungen als anderswo. Ich habe versucht, Fotos hochzuladen, es würde jedoch zu lange dauern. Die Gehege sind wunderschön, die Beschriftungen natürlich 1A. Alles äusserst gepflegt und sehr liebevoll gemacht. Die Häuser sind den Hütten der Ureinwohner nachempfunden. Und überall wird den Besuchern eingehämmert bzw. nähergebracht, wie wichtig es ist, die Natur und insbesondere diesen wunderbaren Wald, den sie hier haben, zu schützen. Kolumbien ist das Land mit der zweitgrössten Tier- und Pflanzenvielfalt der Erde. Soll ich schreiben, dass dieser Zoo der schönste ist, den ich je gesehen habe? Ja, ne? Für meinen Geschmack ist er es. Diese Pflanzen! Die müsste man bei uns im Winter alle reintragen. Und die Papageien, die hätten fortfliegen können! Bromelien wachsen hier einfach so. Bei uns denkt man, oh, nein, da ist mir oben ein bisschen Wasser reingekommen, hoffentlich geht die Pflanze nicht ein. Heute habe ich gelernt, dass in dem Wasser, das oben in den - Problemien wollte ich gerade schreiben, hahaha - in den Bromelien  steht, in ihren Herkunftsländern kleine bunte Frösche und sonstiges Getier siedelt. Interessant, ne?
Im Zoo waren etliche Schulklassen. Die Kinder trugen Schuluniformen, bestehend aus Jogginghosen und Polohemden, sowie einheitliche Turnschuhe. Mein Sohn erklärte, dass dies sei, um soziale Unterschiede nicht so deutlich hervortreten zu lassen. Das finde ich gut. Die älteren Mädchen hatten alle so wunderschönes, langes Haar, das sie offen trugen, das ist mir auch aufgefallen.
Nach dem Zoo gönnten wir uns draussen erst eine Portion Mango und gingen dann noch eine Kleinigkeit essen. Anschliessend machten wir im Hotel Siesta. Ich vertiefte mich in das Buch, das ich für morgen zu lesen habe. Es ist überraschenderweise richtig gut und ich kam bis auf Seite 100 (von 400, mehr werde ich vor dem Ausflug auch nicht schaffen).
Am Nachmittag besuchten wir das kleine, interessante Gold-Museum. Dort wagten die Weltmeister im Beschriften tatsächlich ein Schild anzubringen, auf dem stand, dass man nicht wüsste, wie man gewisse Tier-Darstellungen auf Schalen interpretieren sollte. Gut, dass niemand hierher kommt und dieses Schild sieht. In Deutschland wäre so etwas undenkbar. Man würde forschen bis die Schwarte kracht, um festzustellen, dass es sich um kultische Schalen handelt. (Letzteres ist ironisch gemeint.)
Anschliessend besuchten wir noch das Kirchlein La Merced mit seinem schönen Hof voller tropischer Pflanzen. 
Abends führte uns unser Sohn in das beste Restaurant von Cali, wo man natürlich auch entsprechend Geld hinlegen musste, nämlich sechzig Euro für drei Personen. Für hiesige Verhältnisse ist das viel. Vor dem Restaurant stand ein Wachmann. Einen weiteren Beruf, den wir an diesem Abend sahen: Den professionellen Parkplatz-Freihalter. Die Leute versuchen, mit allem möglichen Geld zu verdienen. Mein Sohn erzählte, an einer etwas komplizierten Kreuzung in der Nähe seiner Wohnung gäbe es einen freischaffenden Verkehrsregler, der sich mitten auf die Strasse stellt und Fahrzeugen hilft, aus einer Nebenstrasse auf die Hauptstrasse zu kommen. Dafür erhält er ein Trinkgeld. Gegen eine kleine Gebühr hilft er einem auch, auf die andere Strassenseite zu kommen. Zebrastreifen sind hier nur Deko. Es gibt auch Menschen, die an roten Ampeln mit einem Stock an Autoreifen klopfen, um zu prüfen, ob der Luftdruck stimmt. Dafür erhoffen sie sich auch ein Trinkgeld. Nach dem Essen ging es mit einem Uber zurück ins Hotel.
Weitere kolumbianische Seltsamkeiten: Es ist verboten, dass zwei Männer auf einem Motorrad oder Roller fahren. Diese Vorschrift stammt aus der Zeit, in der in Kolumbien - hauptsächlich im Zusammenhang mit den Drogenkartellen - viele Verbrechen begangen wurden. Zwei Frauen auf dem Motorrad ja, ein Mann und eine Frau ja, zwei Männer nein.
Eine Seltsamkeit der Sprache, die zu argen Missverständissen führen kann: Das spanische Wort "cancelar", das in Spanien dasselbe bedeutet wie im Englischen to cancel, also stornieren oder löschen. Im kolumbianischen Spanisch bedeutet es bezahlen. Der Kolumbianer fragt: "Möchten Sie die Reise bezahlen?" Der Spanier hört: "Möchten Sie die Reise stornieren?" Da muss man echt aufpassen. 
Die Antwort auf "gracias", die in Spanien "de nada" oder "no hay de que", also "für nichts" lautet, ist in Kolumbien meist "con gusto" oder "con mucho gusto", also "gerne" oder "sehr gerne". Interessant, ne?

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