Mittwoch, 18. März 2020

Coronavirus in Spanien - Tag 4 der Quarantäne

Ich habe gerade festgestellt: Ihr seid nur noch einen Tag hinter uns. Ich schreibe diese Zeilen beim Stand Spanien 13.910, Deutschland 11.302. Salamanca 125 Infizierte und 8 Tote. Hier gibt es aber wahrscheinlich viel mehr Infizierte, weil leichte Fälle nicht getestet werden. Wir haben heute den vierten Tag der Ausgangssperre. Man hört jedoch, dass manche versuchen, sie zu umgehen, zum Beispiel in dem sie mehrmals einkaufen gehen oder Müll wegbringen. Hunde werden den ganzen Tag von einem nach dem anderen Gassi geführt. Es gibt ein lustiges Video, wo sich das Herrchen dem Hund mit der Leine nähert und der Hund scheinbar entsetzt zurückweicht, weil er nicht schon wieder raus will. 
Da wir zuhause bleiben, weiß ich nicht so recht, was in der Stadt los ist. Soldaten sind gekommen, um beim Durchsetzen der Ausgangssperren und beim Desinfizieren zu helfen. In ganz Spanien sind Leute verhaftet worden, weil sie sich geweigert haben, sich an die neuen Regeln zu halten, 88 im Ganzen, steht in der Zeitung El País. Ich finde es witzig, ja witzig, ich habe echt lachen müssen, wenn man Deutschen erzählt, meinem Vater in diesem Fall, dass wir nicht raus dürfen, dass man keine Freunde besuchen darf und auch keinen Besuch empfangen darf, auch nicht von Verwandten, Kindern oder Enkeln, und er antwortete mir: "Ich werde das nicht so machen, mir sind meine sozialen Kontakte wichtig." Ich muss schmunzeln, während ich es schreibe. Wenn eine Ausgangssperre besteht, wird man nicht mehr nach seinen persönlichen Vorlieben gefragt. Hier bei uns könnte man sogar raus, denn 99,99 Prozent der Zeit ist keine Polizei in unserer Straße, aber der Druck der Nachbarn ist so hoch... Die Leute haben es mittlerweile kapiert und nehmen die Sache sehr, sehr ernst. In diesem Sinne ist uns Deutschland mindestens zehn Tage hinterher. Mein Sohn hat Bilder aus München geschickt, wie viele Leute da am Sonntag auf der Straße waren, bei dem schönen Wetter... Das war wie in Madrid am 8. März, als die Frauen demonstriert haben. Und einen Woche später sind sie wie die Fliegen gefallen bzw. krank geworden, einschließlich der Frauen des Präsidenten und des Vizepräsidenten. Es ist unglaublich, dass die Völker nicht von einander lernen können. Ich finde das wirklich faszinierend. Erst hat es geheißen: Naja, die Chinesen, die Kommunisten... Dann hat es geheißen: Naja, die Italiener, die sind so schlampert und faul... Jetzt sind die Spanier dran... auch unfähig, oder? Vielleicht geht der Kelch ja tatsächlich an den Deutschen vorüber.
Ja, die Zeiten, in denen wir leben, sind unglaublich, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn uns vor ein paar Wochen jemand erzählt hätte, was uns blüht... wir hätten es selbstverständlich nicht geglaubt. Wir sind ja keine chinesischen Kommunisten... und jetzt gelten hier fast dieselben Regeln wie bis gestern in Wuhan.
Davon abgesehen: Warum hat man denn die Leute in München letzten Sonntag auf die Straße gelassen, wenn man doch genau wusste, was passieren würde? Die Polizei hätte herumfahren und die Leute heimschicken können und wer nicht gleich spurt, bekommt eins mit dem Schlagstock übergezogen, wie man das in Madrid gemacht hat, also nicht an dem Tag, dem unsäglichen Sonntag, als die Regierung alle zum Demonstrieren auf die Straße geschickt hat, sondern ein paar Tage später, als es plötzlich ganz, ganz dringlich wurde, dass alle zuhause bleiben.  
Lustige WhatsApp: "Man meint, es wäre Weihnachten: Die ganze Familie ist zusammen im Haus, die Kinder haben keine Schule, der Kühlschrank ist zum Bersten gefüllt, kein Fußball und heute Abend die Ansprache des Königs. Ich hätte gute Lust, den Baum aufzustellen und am Balkon ein paar Lichter zu befestigen." 

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