Mittwoch, 20. Mai 2020

"Unter Klempnern" und "Wir sind die letzten Deppen"

Aber zuerst einmal ein schönes Foto: 


Das ist die Landschaft, in der wir unseren täglichen Spaziergang machen. Sie ist heuer so schön grün. Der Regen, der in Deutschland nicht gefallen ist, der fiel bei uns in Spanien. 
Ich bin zum ersten Mal zu einer Facebook-Challenge eingeladen worden. Ich sollte zehn Tage lang je ein Schwarzweißfoto hochladen. Ich hatte mich über die Einladung gefreut, aber als ich dieses Bild in den in Rede stehenden Tönen hochlud, sah die bunte, fröhliche Frühlingswiese aus wie ein Schlachtfeld aus dem Ersten Weltkrieg. Da habe ich das mit der Challenge wieder seingelassen. 
Der Himmel ist seit Wochen völlig streifenfrei. Kein einziges Flugzeug fliegt über uns hinweg. Letztens hat sogar jemand behauptet, dass es dieses Frühjahr so viel geregnet hat, läge daran, dass es keine Chemtrails gibt. Hahaha, oder?
Das Foto unten zeigt ein Eckchen in unserem Garten. Ihr wisst, dass unser Anwesen auch als "die spanische Mainau" bekannt ist. 25 Euro. Draußen nur Kännchen. 


Wir haben wirklich großes Glück, die Ausgangssperre in diesem irdischen Paradies verbringen zu können. Womit wir auch schon beim Thema wären: Als im Fernsehen verkündet wurde, dass wir immer noch nicht in die 1. Phase kommen, viele andere spanische Orte aber schon, sagte mein Sohn: "Wir sind die letzten Deppen". Es kam so von Herzen, dass wir lachen mussten. Uns wurde aber eine neue Phase zugestanden, nämlich die Phase 0,5, in der man in bestimmten kleinen Geschäften einkaufen darf, ohne sich vorher anzumelden, das musste man nämlich in der Phase 0. Das hat wohl gar nicht geklappt. Man hat völlig den Überblick verloren, was man darf und was man nicht darf. Es fahren aber reichlich Polizisten herum. Wo sind die eigentlich sonst? Zum Beispiel, wenn in Häuser eingebrochen wird? Wenn Taschendiebe unterwegs sind? Naja, is' egal. Man soll auch nicht Phase 0,5 sagen, weil das so klingt, als würde man sich über das Phasensystem lustig machen. Es gibt offiziell nur vier Phasen, nämlich 0 bis 3, und wir sind 0.
Und zum Thema "Unter Klempnern": Das Rohr unter dem Wasserhahn in unserem meistbenutzten Bad tropfte. Mein Gatte und mein Sohn versuchten, es zu reparieren, aber die Dichtung war hinüber. Der Baumarkt, wo wir solche Sachen normalerweise kaufen, ist geschlossen, ebenso wie die Eisenwarenhandlungen, wo es solche Sachen ja auch gibt. Mein Gatte sagte: "Dann stellen wir eben einen Eimer darunter und warten bis Montag, dann kommen wir ja in Phase 1." "Und dann machen diese Geschäfte auf? Kommen wir überhaupt in Phase 1?" fragte ich höhnisch zurück. (Das war letzten Samstag - und wir sind ja nicht in Phase 1 gekommen). 
Ich suchte im Internet und fand einen Laden für Klempnerbedarf, der offen hatte. Ich rief an, um meinen Besuch anzukündigen (wir befanden uns ja noch in Phase 0,0), und fuhr hin. Die Straßen waren leer, ich sah keine Polizei. Der Laden hatte etwas Beruhigendes (deshalb erzähle ich es). Wenn so das Neue Normal ist... damit kann man leben. Es war natürlich kein schönes Geschäft. Der Eingangsbereich war aber mit Ständern mit verziertem Band wie man es eigentlich eher in einem Theater oder Museum vermuten würde, in zwei Teile geteilt und hübsch beschriftet: Ein und Aus. Am Eingang stand Desinfektionsmittel für die Hände, das ich aber nicht benutzte, denn ich hatte ja gerade Handschuhe angezogen. Der Bereich des Geschäfts, wo sich die Waren befanden, war mit Plastikband abgesperrt. An der Theke standen zwei Typen mit Masken und stark benutzten Handschuhen und bedienten einen Herrn, der ebenfalls eine Maske trug. Sie standen im von alters her üblichen Abstand zu einander. Bis auf die Masken war alles wie früher. Es war so erleichternd. Die panische, hysterische Stimmung, die in letzter Zeit über vielem liegt, war gar nicht da. Ich weiß, ich weiß, super sicher war das natürlich nicht, denn die beiden Verkäufer leben ja sicher nicht zusammen und zum Kunden hätten sie auch mehr Abstand halten müssen, aber die Situation tat gut, echt. Die Dichtung kostete 1,20 Euro. Sie war unverpackt, keine Pappe, kein Plastik, nix. Und das Rohr ist repariert.
Für die Renovierung unserer alten Wohnung brauchen wir noch ein paar Sachen, die ich natürlich im Baumarkt kaufen wollte. Ich fragte die Verkäufer, ob sie diese Sachen auch hätten und ob ich überhaupt bei ihnen einkaufen dürfte, denn ich bin ja keine Klempnerin. Sie bejahten beides, das freute mich. Und umweltfreundlicher sind sie auch! Am Montag kommen wir mit ziemlicher Sicherheit in Phase 1, dann darf ich in die Wohnung fahren. Dann gibt es vorher-nachher Bilder von der Wohnung!
Seit drei Tagen hat es in Salamanca keinen Corona-Toten mehr gegeben und gestern gab es nur vier neue Ansteckungen. Bei dieser Untersuchung, mit der die Durchseuchung festgestellt werden sollte, kam heraus, dass in Salamanca 7,5 % der Menschen die Krankheit hatten oder gehabt hatten. Das war viel weniger als erwartet. 
Die Epidemie ebbt ab, Gott sei Dank. Jetzt ist der ideale Moment, das Tragen von Masken vorzuschreiben, nicht wahr? Ab morgen, überall dort, wo man nicht mehr als zwei Meter Abstand in alle Richtungen halten kann. Als jeden Tag Tausende erkrankten, hieß es, die Masken brächten nichts, ab morgen ist das Tragen vorgeschrieben. Wenn ich die spanischen Politiker und ihre Sprecher sehe oder höre, dann ekelt es mich richtig - und nicht im übertragenen Sinne, sondern wirklich. 
Ich bin aber völlig zuversichtlich, dass diese Geschichte bald vorbei sein wird. Ab Montag Phase 1 (da dürfen wir in die Stadt fahren) und Ende Juni dürfen wir dann auch wieder in andere Provinzen, hoffen wir. Wie gesagt, ich bin zuversichtlich.

Sonntag, 10. Mai 2020

Neues vom Coronavirus und den Phasen in Spanien

Okay, ich fange einfach irgendwo zu schreiben an, ganz ungeordnet. Wir hätten am Montag in Phase 1 kommen sollen, das findet aber nicht statt, wir müssen noch ein oder zwei Wochen in Phase 0 bleiben. Meine Nachbarin, die in geringer Entfernung von hier noch einen Garten hat, war voller Vorfreude, als sie noch die Hoffnung hatte, sich bald um ihre mittlerweile sicher völlig verwilderten Beete kümmern zu können, und ich brachte ihr den schönen deutschen Ausdruck "sie scharrt mit den Hufen" bei. Ich freute mich natürlich auch auf Phase 1, denn dann hätten ich in unsere alte Wohnung in der Stadt fahren und das seit zwei Monaten halb gestrichene Balkongitter fertig streichen können. Außerdem hätte am Dienstag die neue Küche dorthin geliefert werden sollen. Das hat sich jetzt auch erledigt. Ich rief bei der Guardia Civil an, die für unsere ländliche Gegend zuständig ist, um zu fragen, ob ich in meine Wohnung fahren und die Lieferung in Empfang nehmen darf. "Ist die Lieferung lebensnotwendig?" fragte mich der Polizist. "Nein," antwortete ich. "Dann dürfen Sie auch nicht in die Stadt fahren," antwortete er. (Es handelt sich um eine etwa 20-minütige Fahrstrecke.) Ich rief noch die Polizei an, die für die Stadt zuständig ist, die erlaubte mir, hinzufahren, wies aber darauf hin, dass es sicher Ermessenssache war. Da seit Beginn der Ausgangssperre in Spanien bereits über 900.000 Strafzettel, beginnend bei 600 Euro, 300, wenn man gleich zahlt, verteilt worden sind, meinte mein Gatte, ich solle lieber nichts riskieren. Ich glaube, die Staatsfinanzierung ist mittlerweile auf Strafzettel umgestellt worden, Umsatzsteuer und so geht ja sicher kaum noch ein.
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, wir dürfen uns weiterhin nicht aus unserem Wohnort entfernen. 
Auf dem Heimweg vom Spazierengehen -wir müssen um zehn Uhr morgens zuhause sein, dann beginnt die Ausgangszeit der Kinder - sind uns letztens zwei Polizeiautos begegnet. Als ich vorgestern einkaufen fuhr, stand am Kreisel auch eine Streife der Guardia Civil. Ich war beim Mercadona. Es war traurig und machte mich nervös, das mit dem Abstand halten, der Laden war nämlich ziemlich voll und die Maske rutschte mir hoch über die Augen und die Brille herunter... Ich war die letzten Tage ein bisschen deprimiert. Wann dürfen wir endlich wieder so leben wie vorher?!? Und dabei zählen wir, also meine Familie, zu den Privilegierten. Wir sind nicht krank geworden, Gott sei Dank, haben ein regelmäßiges und unregelmäßiges Einkommen, wohnen in einem großen Haus mit Garten, dürfen im freien Feld spazieren gehen... also, im Gegensatz zu anderen Leuten geht es uns gold...
Heute habe ich etwas Spannendes im Fernsehen gesehen, das hat mir aus der Niedergeschlagenheit geholfen. 
Gestern hat eine Freundin erzählt, in unserer Gegend wäre wieder jemand gestorben, ich weiß aber nicht, wer das sein soll. Sie vermutete, es sei unser direkter Nachbar. So ein Blödsinn, der ist echt super vorsichtig und mein Gatte hat ihn gestern Vormittag lebend gesehen. 
Wie viele Leute am Virus gestorben sind, weiß man ja mittlerweile überhaupt nicht mehr. Es werden ja nur getestete, im Krankenhaus gestorbene Opfer gezählt. In der Provinz Salamanca sind in der ersten Aprilhälfte 365 Menschen gestorben, haben die Bestattungsunternehmen gemeldet. Im vergangenen Jahr waren es im selben Zeitraum 88. Vielleicht dürfen wir auch deshalb nicht in Phase 1. In ganz Spanien, steht in der Zeitung El País, sind zwischen dem 1. März und dem 25. April 30.364 Menschen mehr gestorben als im langjährigen Durchschnitt, von denen 23.515 als Covid-19 Opfer gezählt wurden. Naja, die Zahlen fallen ja schon stark, bald wird dieser Irrsinn vorbei sein. 
Madrid kommt auch noch nicht in Phase 1. Aber Mallorca schon, das ist ja für die Deutschen wichtig, obwohl man in Phase 1 nicht sonderlich viel darf. Im Baskenland, wo mein mittlerer Sohn wohnt, sind sie auch in Phase 1. 
Am Anfang der Epidemie hat mein ältester Sohn doch bei der Herstellung von Gesichtsvisieren geholfen, ich habe Euch davon erzählt. Ich fragte ihn einmal: "Wie können denn solche Masken verwendet werden? Die sind doch gar nicht homologiert?" (Oder zertifiziert oder wie man das nennt). "Es sind die oder keine," antwortete er mir. Pflegepersonal arbeitete in aus Mülltüten geschneiderten Schutzanzügen. Eine Freundin hat im WhatsApp ein Bild von sich gezeigt - sie ist Krankenschwester - wo sie eine von den Masken trägt, die der spanische Staat sich wieder hat andrehen lassen, die den Vorschriften nicht entsprechen und nicht schützen. Sie hat die Maske vier Tage getragen (dieselbe), dann wurden die Masken zurückgerufen. Sie arbeitet im Universitätsklinikum. Sie hat das Virus schon gehabt, von daher ist es vielleicht auch egal.
Ich weiß, ich weiß, das ist alles gar nicht so schlimm. Unsere einzige Aufgabe ist es ja, brav zuhause zu bleiben. Um 20 Uhr applaudieren tun wir nicht mehr, seit wir das Haus zum Spazieren gehen verlassen dürfen. Als mein Gatte und mein Sohn heute spazieren gingen (immer nur zwei Personen, die in einem Haushalt leben), fuhr ein Auto herum und jemand wies per Lautsprecher auf die Regeln des Spazierengehens hin: Nur einmal am Tag, nur einen Kilometer vom Haus weg, nur eine Stunde.
Ich bin mir sicher, dass man die Krankheit am Anfang absichtlich sich hat ausbreiten lassen. Am 06.02.2020 habe ich in unserer Lokalzeitung den Artikel von den Chinesen gelesen, die Zamora besucht haben. Da war mir klar, dass unsere Regierung uns nicht beschützen wird. Ich habe das in meinem Blogeintrag vom 27.02. festgehalten. Am 17.02. flogen wir von Frankfurt nach Madrid. Als ich die Ankunftstafel am Frankfurter Flughafen betrachtete, sank mein Herz. Warum, könnt Ihr Euch denken: Flugzeuge aus China und Mailand landeten, als ob nichts wäre. Ich schaute mir dann die Ankunftstafeln von Madrid und Frankfurt in den folgenden Tagen noch ein paar Mal im Internet an, dann dachte ich: Ja, gut, ist okay, alles klar. 
Am 05. März, als mein Sohn und meine Schwiegertochter in Kolumbien waren und ich die Lage dort beobachtete, schrieb ich hier im Blog, halb im Scherz: Bestimmt wird eine Kaffeedelegation aus Mailand das Virus dort einschleppen. Am nächsten Tag las ich in einer kolumbianischen Zeitung, dass eine junge Frau aus Mailand das Virus dort eingeschleppt hatte. Das steht in meinem Blogeintrag vom 06. März. Das tat mir so leid. Die Leute dort sind nicht reich.
Warum hätte das absichtlich erfolgen sollen? Ich sag Euch gleich, was ich denke. Als die Abschottung Madrids in der Luft lag, haben Dorfbürgermeister gefleht, die Madrilenen sollen bitte, bitte nicht kommen. Sie kamen trotzdem und haben das Virus schön verteilt. 
Warum hätte man das tun sollen, also, zuschauen, während das Virus sich ausbreitete? Zuerst dachte man in Spanien noch, man könnte das Virus bremsen. Angela Merkel sagte damals, 60 bis 70% der Menschen würden erkranken. Das wurde in Spanien durchaus registriert. Vielleicht wusste man von Anfang an, dass man das Virus nicht würde aufhalten können und man brauchte eine gewisse Anzahl von Kranken, um Maßnahmen durchsetzen zu können. 
Stellt Euch vor, Ihr habt einen Rosenstock. Darauf seht Ihr eine Laus (das Virus). Die zerquetscht Ihr. Nach ein paar Tagen seht Ihr mehrere Läuse. Die werden auch abgestreift, aber wegen der paar Läuse lohnt es sich ja nicht, den ganzen Stock mit Gift einzuspritzen, vielleicht gehen die Läuse ja von alleine wieder weg. Denkt man. Dann endlich ist der ganze Stock befallen und man spritzt ihn ein. So stelle ich mir das vor, so ist das wenigstens bei mir. Deshalb verstehe ich, dass man die Krankheit am Anfang nicht an der Ausbreitung gehindert hat. Wenigstens hätten die Politiker aber ehrlich sein sollen. Hier macht ein Video die Runde mit Zitaten des Virologen, der täglich im Fernsehen spricht, Fernando Simón. Er hat sich wieder von seiner Covid-19-Erkrankung erholt. Und mit Zitaten des Gesundheitsministers. Ihr könnt Euch den Inhalt vorstellen: "In Spanien wird es keine Fälle geben." "Und wenn - es ist nur wie eine leichte Grippe", "Schutzmasken nützen nichts", usw., usw. Normalerweise sind unter dem Video reichlich Kotz-Emojis zu finden. Meiner Meinung haben diese Menschen, die Politiker, große Schuld auf sich geladen. Die Entschuldigung, dass sie einfach nur dumm und unfähig sind, lasse ich bei Ministern und Regierungssprechern nicht gelten. 
Und jetzt sind wir alle eingesperrt. Am Tag vor der Ausgangssperre gab es im Supermarkt noch Desinfektionsmittel im Angebot, 2 zum Preis von einem. Ich kaufte nur 2 Flaschen. Wer hätte denn gedacht, dass es so weit kommt? Es gab hier auch sehr lange Zeit Schutzmasken zu kaufen. Wir kauften reichlich. Ich konnte meinem jüngsten Sohn welche nach München tragen und dem mittleren ins Baskenland schicken. Von offizieller Seite wurde uns ja eingehämmert, sie nützten nichts. Und wer unseren Herrschern nicht glaubt, ist ein Verschwörungstheoretiker und ein Depp. Ich glaubte ihnen nicht. Ich setzte meinen Aluhut auf und verließ mich auf die Weisheit der Chinesen (was man ja gar nicht darf, weil das ja totalitäre Kommunisten ohne Freiheit sind), die auf Schutzmasken schwören. 
Ich will nicht behaupten, dass wir die Lage stets richtig eingeschätzt haben: Als in China die ersten Fälle auftraten, bot mein Sohn seinem Freund in Hongkong, der gerade Vater geworden war, an, mit seiner Familie zu uns zu kommen, um sicher zu sein. Hongkong heute: 1048 Fälle, 4 Tote. Da haben wir in unserer Siedlung mehr! (Nee, ich hoffe, das stimmt nicht.) Zu glauben, wir wären hier, im spanischen Landesinneren, in der tiefen Provinz, sicher, war eine völlige Fehleinschätzung. Zu glauben, ich könnte mein Balkongitter in der Wohnung in der Stadt bald fertigstreichen, war eine Fehleinschätzung. 
So, genug für heute.
P.S.; Was im Supermarkt gefehlt hat, waren Einweghandschuhe, Hefe und ein bestimmter Brotaufstrich, den ich mag. Hefe habe ich eingelagert, insofern war mir das egal. Einweghandschuhe haben wir vorläufig auch genug. Für das Prepping der Zukunft haben wir aus dieser Zeit viel gelernt.  Wann dürfen wir endlich wieder machen, was wir wollen?!?

Samstag, 2. Mai 2020

Nach 48 Tagen Ausgangssperre: Tag 1 der Phase 0 der Deeskalation in Spanien

Also, ich bin der Meinung, dass diese Verwirrung, die mit den Phasen der Deeskalation geschaffen wurde, beabsichtigt ist. Es beginnt schon damit, dass die vier Phasen die Nummern 0 bis 3 tragen Warum? Das fragt man sich. Präsident Sánchez hat die Deeskalation eineinhalb Stunden lang im Fernsehen erklärt. Ich habe seine Rede nicht gehört. Er ist aber wohl selber durcheinander gekommen bzw. hat zum Durcheinander beigetragen und verkündet, dass jede der drei der vier Phasen zwei Wochen lang sei. Die erste Phase sei die Phase 0, die Vorbereitungsphase. Die Phase 1 sei die Anfangsphase. Die Phase 2 sei die mittlere der 4 Phasen, die Phase 3 die vierte und letzte Phase. Dann folge die Rückkehr zur Neuen Normalität. 
Die Phasen gelten für die Provinzen, benachbarte Provinzen können sich also in verschiedenen Phasen befinden. Spanien hat 50 Provinzen. Was sind die Kriterien für den Übergang von einer Phase in die nächste? Das weiß man nicht und wenn die Zahl der Ansteckungen zunimmt, kann es auch wieder rückwärts gehen. In Spanien haben sich 41.000 Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger mit dem Virus infiziert. Es ist also schon ernst, sehr ernst, auch wenn mit den Phasen Späße nach Art der Marx Brothers gemacht werden. Der Bekannte meines Gatten, der zuletzt erkrankt ist, hatte als Symptome Durchfall, Übelkeit und Herzbeschwerden. Er ist immer noch im Krankenhaus.
Die Lockerung der Ausgangssperre hatte schon letztes Wochenende begonnen. Seitdem dürfen Kinder, die 42 Tage eingesperrt waren, wieder hinaus, und zwar gemäß dem Schema 4x1: Nicht länger als eine Stunde, nicht öfter als einmal am Tag, nicht mehr als einen Kilometer von der Wohnung entfernen, nicht mehr als ein Erwachsener pro höchstens drei Kinder. Zwei Erwachsene, ein Kind, zum Beispiel, ist nicht erlaubt, Spielplätze bleiben geschlossen. 
Seit heute dürfen wir spazieren gehen und zwar innerhalb unseres vorgesehenen Zeitfensters: Personen zwischen 14 und 70 Jahren dürfen von 6.00 - 10.00 morgens und von 20.00 bis 23.00 abends spazieren gehen. Wir sind von 9.00 bis 10.00 spazieren gegangen. Menschen über 70 spazieren von 10.00 bis 12.00 und von 19.00 bis 20.00 Uhr, Kinder unter 14 gehört die Straße zwischen 12.00 und 19.00 Uhr. Dabei darf man sich nicht weiter als einen Kilometer von zuhause entfernen. Unsere Lokalzeitung bietet dafür im Internet eine App. Man darf höchstens zu zweit sein und muss mit der zweiten Person zusammenleben. Sportler müssen allein sein. Mindestens zwei Meter Abstand zu anderen Menschen.
Sich aus seiner Provinz entfernen darf man erst wieder in der Neuen Normalität, die, wenn wir alle brav sind, Ende Juni beginnt. Wir müssten ziemlich dringend in eine andere Provinz und auf dem Weg mehrere Provinzen durchqueren, unter anderem Madrid, das können wir vorläufig vergessen. Mist. Ich habe gerade auf Google Maps geschaut. Man kann Madrid auch weiträumig umfahren. Scherzbolde behaupten nämlich, Madrid würde Phase 3 nie erreichen. 
In den letzten 24 Stunden sind 276 Menschen am Virus gestorben, Tendenz stark fallend. Im Ganzen waren es in Spanien bisher 25.100.  
Ich glaube, diese Verwirrung wurde geschaffen, damit die Leute nicht zu viel fragen. Fahrten innerhalb der Provinz sind ab 11. Mai erlaubt. Geschäfte dürfen bereits in der Phase 0 wieder öffnen, Kunden dürfen sie aber nur einzeln und nach vorheriger Vereinbarung betreten. In Wirtshäusern darf gekocht werden, die Kunden müssen das Essen abholen und zuhause essen. In Phase 1 dürfen Gäste in großem Abstand draußen sitzen, in Phase 2, der dritten Phase, auch drinnen. Die Gastwirte in Salamanca haben schon verkündet, dass sie unter diesen Umständen in Phase 1 und 2 nicht öffnen werden, weil es sich nicht lohnt. Für viele Geschäftsinhaber wird es sich auch nicht lohnen.
Die Strände sind auch ein Problem. Dort dürfen sich ja nur Leute aufhalten, die weniger als einen Kilometer entfernt leben und sie müssen zwei Meter Abstand halten. Im Fernsehen haben sie schon gezeigt, wie man Strände einteilen könnte, so mit Markierungen im Sand. Sieht ein bisschen aus wie ein Friedhof, ist aber vielleicht passend zum Harakiri, das Spanien gerade begeht.

Sonntag, 26. April 2020

Wir nutzen die Quarantänezeit sinnvoll: Lustiger spanischer Witz

Eine alte Dame sitzt beim Tee als das Telefon klingelt.
"Ja?"
"Mmmh, mein süßer Engel, gleich bin ich bei dir. Zieh dich schon mal aus, ich bin so heiß auf deinen nackten Körper."
"Mit wem möchten Sie denn sprechen, junger Mann?"
"Oh, mein Gott, ich habe die falsche Nummer gewählt. Es tut mir so leid. Ich bitte tausendmal um Entschuldigung!"
"Dann kommen Sie also nicht?"

Samstag, 18. April 2020

Tag 35 der Quarantäne

Und tatsächlich: Die Quarantäne ist bis auf den 9. Mai verlängert worden. Die Ausgangssperre für Kinder unter zwölf Jahren wird ab dem 27. April gelockert. 
Obwohl wir jetzt schon 35 Tage eingesperrt sind, stecken sich immer noch jeden Tag Leute an. Von gestern auf heute sind in Spanien 565 Menschen gestorben, die haben sich ja auch alle während der Quarantäne angesteckt. 
Ein Bekannter meines Gatten hat sich infiziert. Das ist aber total geheim. Die Familie möchte nicht, dass die Leute davon erfahren. Da aber alle ihre Nachbarn ans Haus gefesselt sind, war es unvermeidlich, dass jemand sah, wie ein Krankenauto vor dem Haus hielt und die Männer in Weiß den Bekannten abholten. Unter dem Siegel der Verschwiegenheit verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Bei uns stand das Telefon den ganzen Nachmittag nicht still.
Man fragt sich aber doch: Wenn man immer zuhause ist und nur zum Einkaufen mit Handschuhen und Maske geschützt das Haus verlässt, wie kann man sich denn da anstecken? In Salamanca sind 13 Briefträger infiziert, das stand heute in der Zeitung. Man muss vorsichtiger sein, wenn man die Post aus dem Briefkasten holt. 
Ich verstehe nicht, warum dieser Bekannte seine Ansteckung geheimhalten will. Der Typ wohnt in unserer Siedlung! Er gefährdet die anderen. Es ist doch total wichtig zu wissen, ob er zum Beispiel die Gemeinschaftsmülltonne benutzt und berührt hat. Auf kaltem Metall lebt das Biest tagelang! Ist er Bus gefahren? War er in der Apotheke? Es sind mittlerweile wohl so viele infiziert, dass es wurscht ist. In Salamanca sind 276 Menschen gestorben. Das sind mehr als in Korea oder in Japan. 

Tag 34 der Quarantäne

Ana, die Nachbarin unserer Nachbarin, hatte schon angefangen, die Tage rückwärts zu zählen. Am 26. sollte die Quarantäne enden. Jetzt verdichten sich die Gerüchte, dass sie bis zum 11. Mai verlängert wird. Morgen soll es offiziell verkündet werden. Und was kommt danach? Weiß man nicht. In Deutschland darf man wenigstens zum Sport und zum Spazierengehen raus, hier nicht.
Jemand hat mir erzählt, dass er erwägt, in den Zweitwohnsitz in unserer Siedlung zu kommen, wo er einen Garten hat und auch einen Heimtrainer. Gerade gestern ist aber verkündet worden, dass die Strafe für den Versuch, einen Zweitwohnsitz zu erreichen, 1500 Euro beträgt, falls man erwischt wird. Ich hatte der in Rede stehenden Person versichert, die Leute in unserer Siedlung würden garantiert nichts verraten, aber nachdem, was mir heute erzählt wurde, bin ich mir nicht mehr sicher: Eine Freundin in unserer Straße hatte ihren hochbetagten Vater, der allein in der Stadt lebte, für die Zeit der Quarantäne zu sich geholt. Einmal am Tag ging er mit seinem Rollator knapp 100 Meter weit spazieren, 100 Meter hin, 100 Meter zurück. Ein Anwohner beobachtete dies und beschimpfte ihn wüst: Verantwortungslose Menschen wie er seien daran schuld, dass wir alle eingesperrt seien. Danach traute er sich nicht mehr hinaus.
Die Karwoche ohne Prozessionen war unspanisch. Im Fernsehen wurden Prozessionen aus vergangenen Jahren übertragen. In der Nacht vom Gründonnerstag auf Karfreitag wurde die berühmteste aller Prozessionen, die Madrugada in Sevilla, von 2018 gezeigt. 
Die Sorge, ob es wohl regnet oder nicht, die die Teilnehmer in Salamanca fast jedes Jahr quält, hatten sie dieses Jahr nicht. 
Der Papst bei seinen Gottesdiensten fast allein im Petersdom. Diese Bilder werden sich einem auch ins Gedächtnis einprägen. 
Naja, wir versuchen, es uns zuhause so gemütlich wie möglich zu machen.
Am Karfreitag kochte ich die typische spanische Karfreitagssuppe: Stockfisch, Kichererbsen, frischer Spinat, Kartoffel und Rosinen. Da ich keinen Stockfisch hatte, verwendete ich Thunfisch aus der Dose, frischen Spinat hatte ich auch nicht, den ersetzte ich durch Tomaten, die Rosinen passten nun aber gar nicht mehr dazu und obwohl ich welche hatte, ersetzte ich sie durch eine rote Paprikaschote. Kichererbsen und Kartoffeln waren aber drin in meiner Potaje de vigilia. Das gekochte Ei obendrauf zur Deko hatte ich bloß vergessen.


Am Ostersonntag gab es einen Salat in Frühlingsfarben als Vorspeise: 


Mein Gatte sagte, ich solle nicht unsere Gesundheit in Gefahr bringen, um Lamm zu kaufen. Also taute ich eine Hirschkeule auf. Sie war wunderbar zart. Ich hatte sie im Le Creuset-Topf im Ofen zubereitet. 


Da wir auch keine Gelegenheit hatten, Ostereier zu kaufen, backte ich nach dem Rezept für fränkische Hausfreunde ein paar Plätzchen: Es ist Buttergebäck mit Marmelade und Marzipan gefüllt und mit Schokoguss verziert.


Ja, das hausgemachte Ostergebäck erklärt so manches: Als ich unser Bankkonto am Computer prüfte, stand da so ziemlich in der Mitte ein Posten 0,00 Euro, der mir noch nie aufgefallen war. Ich schaute genauer hin: Es waren die mit dem Kärtchen getätigten Ausgaben. Da steht nie 0,00. Es ist der 17. des Monats und wir haben noch nichts ausgegeben. Und wir sind sicher nicht die einzigen. Gut für die Wirtschaft ist das nicht.  

Samstag, 11. April 2020

Wir nutzen die Quarantänezeit sinnvoll: Ochsenschwanzsuppe im Test



Auf der ewigen Suche nach der Suppe aus dem Päckchen, die uns als Kindern so gut geschmeckt hat, haben wir die Ochsenschwanzsuppe "Für Genießer" von Maggi verkostet. Ich will gar nicht lange um das heiße Gericht herumreden: Sie schmeckt schlecht. Sie schmeckt nach Pappdeckel, ich glaube, das liegt am Potpourri der Zutaten, mit denen man versucht, den Geschmack von Ochsenschwanzsuppe zu imitieren. 
Sie sieht aus wie jede andere Ochsenschwanzsuppe aus dem Päckchen, also lecker, aber wie bereits bei anderen Ochsenschwanzsuppenverkostungen gesagt: Das Auge isst nicht allein. 
"Mit würzigem Rindfleisch" steht auf der Verpackung. Das Trockenprodukt (42 Gramm) enthält 0,9% Fleisch. 0,9% von 42 Gramm, wie viel ist denn das? Knapp unter 0,4 Gramm. Sind 0,4 Gramm Fleisch überhaupt mit bloßem Auge sichtbar? Ich glaube, da hole ich mir manchmal mehr zwischen den Zähnen hervor. Ziemlich sicher sogar. Machen die 0,4 Gramm geschmacklich einen Unterschied? Die hätten man doch auch noch weglassen können und die Suppe als "vegetarisch" oder "vegan" auf den Markt bringen können, aber da wurde bestimmt eine Studie gemacht und festgestellt, dass das Produkt Ochsenschwanzsuppe sich besser verkauft, wenn es eine gewisse -wenngleich symbolische- Menge Fleisch enthält als wenn es als "vegan" vermarktet wird. 
Die Suppe hat laut Packungsaufschrift eine Rotweinnote. Auf der Zutatenliste sind auch tatsächlich 0,1 % Rotweinpulver vermerkt. Das sind 0,04 Gramm. Okay, ne. 
Zusammenfassend: Auf der Plusseite: Die Suppe lässt sich sehr leicht zubereiten, einfach mit kaltem Wasser verrühren, aufkochen, 3 Minuten köcheln lassen. Sie hatte eine sämige, gute Konsistenz, sie sieht ordentlich aus. Sie hat keine Zutatenliste, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, und pro Teller nur 71 Kalorien. Auf der Minusseite: Sie schmeckt nicht gut. Ich möchte sie nicht noch einmal essen.